Teil 33

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*Jukkas Sicht*

Da lag ich ja doch nicht so falsch. Doch es beruhigte mich sehr, das er erstmal die Füsse still halten wollte. Ich stellte die Tassen aufs Tablett und ging ins Wohnzimmer.

"Die Getränke sind serviert" grinste ich Lilja an und stellte das Tablett auf den Tisch. Ich setzte mich neben sie, zog die Decke über unsere Beine und vorsichtig ließen wir uns das heiße Getränk schmecken.

"Rafa...?" flüsterte sie leise und fast ängstlich.

"Er ist nur fix nach Hause ein paar Klamotten holen, dann kommt er wieder her" erwiderte ich. Ich hätte fast schwören können, das ein leichtes Lächeln ihre Lippen sanft umspielte. Doch vielleicht war das auch nur eine Täuschung. Sie nahm den Block, der neben ihr lag und reichte ihn mir aufgeschlagen. Sie hatte schon die Situation im Garten aufgeschrieben, während ich mit Rafa in der Küche war. Aufmerksam las ich es mir mehrmals los.

"Dann werde ich in Zukunft Blickkontakt halten und dich mit irgendwelchem sinnlosen Gequatsche volltexten" grinste ich sie schief an.

"Von mir aus auch das Gesetzbuch, solange ich deine Stimme höre" schrieb sie auf und lächelte nun ebenfalls.

"Das ist nicht nur sinnlos, sondern total langweilig und somit nicht meine Abteilung" erwiderte ich lachend. Lächelnd schrieb sie noch was auf und reichte mir wieder den Block. Sie möchte täglich raus? Trotz allem? Was für eine starke, bewundernswerte Frau.

"Natürlich stehen wir dir zur Seite. Mach dir kein Kopf darüber. Wir tun das sehr gerne, ok? Ab morgen gehen wir jeden Tag raus und seifen Rafa so richtig von Kopf bis Fuss ein" zwinkerte ich ihr zu und konnte förmlich sehen, wie sie erleichtert ausatmete. Plötzlich fing Tapsi leise an zu knurren. Was war los? Das tat sie doch sonst nicht. Sie stand in der Wohnzimmertür und sah Richtung Haustür, während sie immer weiter knurrte. War da draussen jemand? Lilja spannte sofort sämtliche Muskeln in ihrem Körper an und schaute mich panisch an. Ich würde am liebsten schauen gehen, doch konnte ich sie so lange alleine lassen?

"Tapsi, du bleibst bei Lilja. Lilja? Schau mich an. Ich geh nur kurz nach schauen und bin gleich zurück, ok? Hab keine Angst. Es ist bestimmt nur ein Hase oder sowas, was Tapsi wahr genommen hat. Ich bin sofort wieder bei dir!" sprach ich eindringlich auf beide ein, wartete bis Tapsi bei Lilja saß und ging zur Haustür. Ich zögerte kurz, dann öffnete ich diese und trat, während ich mich umschaute, auf die Terrasse raus. Es war mittlerweile dunkel draussen und der Himmel zu bewölkt, um etwas Mondlicht durch zu lassen. So konnte ich nur schwache Umrisse erkennen. Das Tor war geschlossen, doch was war das? Es sah aus, wie ein Schatten, der sich davon schlich. Durch den Vorgarten in den hinteren Bereich. Für einen Hasen viel zu groß. Auch kein Fuchs oder Wolf. Es hatte eher die Größe eines Menschen. Oder hatte ich mir das nur eingebildet? So langsam wurde auch mir etwas unwohl. Ich schaute weiter angestrengt in die Richtung, doch konnte ich nicht's mehr erkennen. Ich schob es darauf, das mir meine Augen einen Streich gespielt hatten und ging wieder rein. Sorgfältig schloss ich die Tür hinter mir und begab mich unverzüglich zu Lilja. Sie saß immer noch genau so da. Die pure Panik und Angst in ihrem Blick. Ich setzte mich neben sie und nahm ihre Hand.

"Es ist alles ok, Lilja. Ich bin wieder hier und es war nicht's zu sehen. Mach dir keine Sorgen. Es ist alles bestens, hörst du?" versuchte ich ihr zu erklären und es gleichzeitig mir selber einzureden. Denn das ungute Gefühl in mir blieb. Sie nickte schwach und ich nahm sie in den Arm. Ich lehnte mich, mit ihr im Arm an die Couch an und streichelte sanft über ihren Rücken.

"Hab keine Angst. Ich bin hier und pass auf dich auf" flüsterte ich und vernahm kurz danach ihre gleichmäßige Atmung. War es richtig, das ich nicht die Polizei eingeschaltet hatte? Vielleicht hätten sie ja was herausgefunden. Was ihr passiert ist. Wo sie herkam. Wer sie wirklich ist. Und vielleicht wäre das Arschloch oder die Arschlöcher längst hinter Gittern. Verdammt, Backlund. Was, wenn diese Kerle nun wirklich hinter sie her waren? Und du sitzt hier mit ihr allein mitten im nirgendwo vom irgendwo. Scheisse. Als es ein paar Minuten später klingelte, bekam ich fast ein Herzkasper. Ich war heilfroh, das Lilja davon nicht aufwachte. Vorsichtig legte ich Lilja richtig hin, ging zur Haustür und öffnete draussen das Tor, nachdem ich mich vergewisstert hab, das es Rafa war. Verdammt, warum verschwand das ungute Gefühl nicht? Was sollte ich nur tun? Ich schloss das Tor sofort wieder, während Rafa einparkte und samt Tasche Ausstieg.

"Hast du ein Geist gesehen?" fragte er mich grinsend. Doch mir war nicht nach rumalbern zumute. Irgendwas stimmt nicht, teilte mir mein Unterbewusstsein mit und so schüttelte ich nur den Kopf.

"Was ist los? Ist was passiert?" fragte er mich. Ich zog ihn praktisch mit ihn die Küche und erzählte es ihm. Auch er wurde etwas blass um die Nase.

"Und du glaubst, das könnten die Kerle sein?" fragte er leise.

"Ich bin mir ziemlich sicher, das dort jemand war und noch sicherer, dass das kein Tier war. Aber ich kann doch die Polizei nicht anrufen und sagen, ich hab im dunkeln ein Schatten in meinem Garten gesehen. Die erklären mich doch für bekloppt. Ich hatte so gehofft, das ich ihr die Polizei mit ihren Fragen vom Leib halten konnte. Doch nun bin ich mir nicht sicher, ob das die richtige Entscheidung war" erwiderte ich verzweifelt.

"Und wenn wir uns vorsichtshalber von Samu und den Jungs Unterstützung holen?" schlug er vor.

"Und noch mehr unschuldige mit rein ziehen? Ich bereue es schon, das du hier bist. Das wir dich da mit reingezogen haben" erwiderte ich nur müde.

"Jetzt halt aber mal deinen sabbel, Backlund. Ihr habt mich nirgendwo mit reingezogen. Ich bin freiwillig hier, ganz einfach, weil ich es möchte. Und ich werde auch nicht gehen. Egal, was passiert" flüsterte er sehr bestimmend. Doch dann fiel mir was ein.

"Die Kameras. Vielleicht haben die was aufgezeichnet" und noch während ich sprach, rannte ich ins Büro, wohin Rafa mir folgte. Ich fuhr den Laptop hoch und fluchte leise, weil es mir viel zu lange dauerte.

"Hey. Der kann nicht's dafür" versuchte Rafa mich zu beruhigen, doch klappte dies nur bedingt. Ich versuchte mich in mein Überwachungssystem einzuloggen und gab prompt 2 mal das falsche Passwort ein, bis ich endlich drin war. Rafa hatte sich in der Zwischenzeit einen Stuhl geholt und sich neben mich gesetzt. Langsam gingen wir jede einzelne.Kamera draussen durch.

"Da" meinte Rafa aufgeregt und deutete auf die untere Ecke. Tatsächlich. Da war der Schatten. Und ich hatte leider recht. Es war wirklich eine Person. Doch mehr als die schwarzen Umrisse war leider nicht zu erkennen. Wir schauten uns alles an. Doch es war nichts weiter zu erkennen. Diese Person schien einfach nur ums Haus zu schleichen.

"Wie kommt sie auf mein Grundstück? Der Zaun sollte sowas verhindern" meinte ich schockiert.

"Vielleicht ist es einfach nur ein verrückter Fan. Wir schauen uns morgen in Ruhe den Zaun draussen an und schauen, ob wir irgendwas auffälliges entdecken. Du rufst jetzt Samu an, ob sie vorsichtshalber herkommen. Halte ich jetzt gerade für schlauer, als die Polizei zu rufen und ich mach sämtliche Rollos zu, schau ob die Fenster zu sind und so weiter" sprach Rafa mit einer solchen Sicherheit, das es keiner Widerworte bedarf und schon war er verschwunden. Ich schnappte mir mein Handy, doch das Netz war tot. Das gleiche mit Festnetz und Internet. Verdammt, das durfte doch jetzt nicht war sein. Ich schrieb trotzdem eine Sms, in der Hoffnung, das sie gesendet wird, sobald das Netz wieder da war.

Lost Memories (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt