Teil 48

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*Jukkas Sicht*

Schon seit Stunden waren Rafa, Riku und ich im Wald unterwegs. Die anderen waren ebenfalls in Gruppen aufgeteilt. Selbst Raul und Osmo beteiligten sich heute an der Suche. Systematisch durchkämmten wir diesen, in der Hoffnung, nur ein winziges Zeichen von ihr zu finden.

"Was ist, wenn sie gar nicht in diesem Wald ist? Seit 5 Wochen durchsuchen wir ihn immer und immer wieder" fragte Riku.

"Ich weiß, das sie hier ist. Wir haben irgendetwas übersehen. Ein wichtigen Teil in diesem bekloppten Puzzle und das müssen wir finden" erwiderte ich. Ich konnte Rafa neben mir atmen hören und an der Kurzatmigkeit konnte ich merken, das er wieder Schmerzen hatte. Er brauchte dringend Ruhe, er muss sich schonen, doch er wollte unbedingt mitsuchen. Ich kann ihn verstehen, würde es mir doch genau so gehen. Ich wusste, das er einer Pause nicht zustimmen würde, daher tat ich so, als ob ich eine brauchen würde.

"Kurze Pause bitte" meinte ich, und lehnte mich an einen Baum. Riku holte die Thermoskannen aus dem Rucksack und verteilte heißen Tee. Ich konnte Rafas Blick auf mir spüren und hob den Blick. Er nickte mir kaum merklich zu und lehnte sich an den Baum mir gegenüber. Ganz langsam normalisierte sich seine Atmung wieder und der Schmerz in seinen Augen verblasste etwas. Plötzlich erstarrte er und blickte an mir vorbei. Ich folgte seinem Blick, erschrack bei dem, was ich zu sehen bekam und zog Rafa und Riku hinter meinem Baum, damit wir unentdeckt blieben.

"Hey me..." wollte Riku protestieren, doch ich hielt ihm den Mund zu.

"Da sind die Kerle" flüsterte ich und zeigte in die Richtung. Sie waren gerade dabei eine Tür unter der Schneeschicht zu öffnen und verschwanden darunter.

"Bist du dir sicher, das sie das sind" flüsterte Riku und Rafa nickt heftig.

"Vielleicht ist Lilja da unten..." flüsterte er leise, nahm meine Hand und drückte diese fest.

"Ich geh die Polizei und die anderen anrufen. Und ihr beide macht, verdammt nochmal, nicht's dummes. Sie braucht euch gesund. Verstanden?" kam von Riku und wir nickten nur. Damit verschwand er zwischen den Bäumen, um etwas Abstand zu haben. Rafa fing an, am ganzen Körper zu zittern, so nahm ich ihn in den Arm und drückte ihn fest an mich.

"Es wird alles gut" flüsterte ich ihm zu und streichelte ihm beruhigend über den Rücken. Seine Atmung ging schnell und die Panik stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben, während er die Stelle, wo die Tür war, fest mit seinen Augen fixierte.

"Hey, schau mich an" flüsterte ich weiter, doch keine Reaktion von ihm. So umfasste ich sein Gesicht mit meinen Händen und zwang ihn somit, mich anzuschauen.

"Es ist alles gut, Rafa. Ich bin hier. Und wenn Lilja da unten ist, werden wir sie befreien. Doch das ist ein Job für die Polizei. Sie werden die Arschlöcher festnehmen und für sehr lange Zeit in den Knast stecken, während Lilja bei uns in Sicherheit ist, ok? Es wird alles gut. Vertrau mir. Und nun schön langsam ein und ausatmen" flüsterte ich ihm eindringlich zu und machte mit ihm zusammen die Atemübungen, bis er sich langsam wieder beruhigt hat.

"Und wenn sie nicht da unten ist?" fragte er leise.

"Dann suchen wir sie weiter. Bis wir sie gefunden haben. Wir werden nicht aufgeben" antwortete ich ihm und sein zittern kehrte langsam wieder. Ich rutschte an dem Baum runter und zog Rafa dabei mit auf meinem Schoß. Er lehnte sich erschöpft gegen mich, während ich ihn fest im Arm hielt.

"Ich muss zur Strasse zurück und zeige der Polizei den Weg" meinte da Riku, der eben wieder kam. Er holte eine Decke aus dem Rucksack und wickelte diese um Rafa und mich.

"Die anderen sind auf dem Weg hier her. Mikko ist eben nach Hause, um neuen Tee und was zu Essen zu holen, dann kommt er auch. Bis gleich" mit diesen Worten verschwand er wieder zwischen den Bäumen.

*Liljas Sicht*

Ich protestierte nicht mehr, als sie mich aus dem Bunker trugen. Auch nicht, als sie gefühlte Ewigkeiten mit mir durch den Wald gingen. Bekam nur am Rande mit, das sie sich unterhalten. Als wenn sie weit weg wären. Meine Lunge und mein Hals taten so schrecklich weh vom Husten. Immer und immer wieder musste ich Husten. Mir war so schrecklich kalt und trotzdem fühlte es sich an, als ob meine Sachen durchgeschwitzt wären. Würden sie mich wirklich einfach so zurück lassen? Ablegen, wie ein Sack Müll, den man nicht mehr braucht? Oder würden sie mich wieder holen. Zurück bringen in diesen schrecklichen Bunker? Lieber erfriere ich hier draussen im Wald, als dahin wieder zurück zu wollen. Diesmal würde ich nicht weit kommen, wenn ich fliehen wollte. Konnte kaum alleine aufstehen. Immer wieder fielen meine Augen zu. Als ich mich das nächste mal umschaute, waren sie weg. Weit und breit nichts mehr von ihnen zu sehen. Nicht's mehr zu hören. Hatte ich es geschafft? War ich sie wirklich los? Oder beobachten sie mich, um zu schauen, was ich nun machen würde? Ich traute ihnen alles zu. War es wahr? Waren Jukka und Rafa wirklich tot? Wegen mir qualvoll gestorben? Verbrannt bei lebendigen Leibe? Das wollte ich doch nicht. Sie hatten das nicht verdient. Sie wollten mir doch nur helfen. Und nun sind sie tot. Wegen mir. Weil ich sie da mit reingezogen habe. Ich wollte nicht mehr leben. Hier kam ich so oder so nicht mehr weg. Wozu auch? Hatte ich doch nicht's mehr. Ich legte mich vor dem Baum in den Schnee und schaute in den Himmel. Wartete auf den tot, der mich zu Jukka und Rafa bringen würde. Ich war so müde. Somit schloß ich die Augen und schlief ein...

*Jukkas Sicht*

Von weitem sah ich schon die restlichen Jungs kommen. Sie schlichen von Baum zu Baum, gefolgt von jeder Menge Polizisten und Sanitätern.

"Wo ist die Tür, die sie gesehen haben?" fragte mich ein Polizist, als sie bei uns angekommen sind. Ich zeigte ihm die Stelle.

"Wie viele haben sie gesehen? Waren sie bewaffnet? Und es waren die selben Täter, die in ihrem Haus waren?" fragte er weiter.

"Es waren 2, Waffen haben wir keine gesehen und ja, es waren die selben. Definitiv. Worauf warten sie noch? Gehen sie darunter und holen sie sie da raus" rief ich ihm ungehalten entgegen.

"So einfach geht das leider nicht. Es ist zu unsicher. Wir müssen auf jemanden warten, der Ahnung von solchen Bunkern hat. Ob es ein Hinterausgang gibt. Wie groß er ist und noch andere wichtige Faktoren" meinte er seelenruhig.

"Das ist doch wohl ein Scherz? Da unten ist eine junge Frau, die dringend unsere Hilfe brauch und sie tun gar nicht's?" wurde ich langsam wütend.

"Jukka bleib ruhig. Er hat schon irgendwie recht. Niemand weiß, wie es da unten aussieht" versuchte Samu mich zu beruhigen, doch klappte dies nur bedingt. Der Polizist ging telefonierend weg. Ich hoffe, sie finden schnell jemand, der sich mit solchen Bunkern auskennt. Wer weiß, was sie da unten jetzt gerade durch machen muss und wir sitzen hier oben und können nichts machen? Das ist nicht fair. Halte durch, kleine Lilja. Wir sind ganz in deiner Nähe. Mit einmal kam Leben in die Polizisten. Einer kam zu uns gerannt.

"Egal was jetzt passiert. Sein sie leise und bewegen sie sich nicht, solange es ihnen keiner sagt. Haben sie mich verstanden?" flüsterte er uns eindringlich zu. Wir nickten nur. Samu ging neben mir in die Hocke und nahm Rafa und mich in den Arm. Als ob er uns beschützen wollte. Beschützen vor was? Gehen sie jetzt doch runter? Sie hielten alle ihre Waffe schussbereit und versteckten sich hinter den Bäumen.

Lost Memories (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt