Teil 25

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*Rafaels Sicht*

Ihr Blick ruhte einfach nur auf mir und irgendetwas schien sie zu bedrücken. Sollte ich sie Fragen? Oder lieber erstmal abwarten. Ihr Duft umnebelte langsam meine Sinne und dieses eine Verlangen in mir wuchs langsam ins unermessliche. Dieses Verlangen, ihre Lippen auf den meinen zu spüren, sie fest an mich zu drücken. Doch ich hatte das Gefühl, dass das nie passieren wird. Das ich sie nie schmecken kann. Nie ihre schmalen Lippen fühlen werde. Das ich nie herausfinden werde, wie sich ihre zarten Finger auf meiner Haut anfühlen würden.

Langsam veränderten sich ihre Augen und kurzzeitig vernahm ich ein kleines funkeln in ihnen. Auch eine Spur Wärme und Neugier lag in ihnen. Fühlte Sie das selbe? Fühlte sie diese Vertrautheit zwischen uns? Die Wärme, die sich in mir ausbreitete? Mit einmal stand sie auf und setzte sich wieder zu Jukka ans Bett.

Hab ich etwas falsch gemacht? Ich stand ebenfalls auf, murmelte was von einer Zigarette und verschwand nach draussen, wo ich mir gierig eine ansteckte. Meine Hoffnung schwand, obwohl sie noch nicht mal richtig aufgekeimt war. Sie schien eng mit Jukka verbunden zu sein. Vielleicht war ja da mehr, als nur Freundschaft bei ihr. Und dann würde ich mich da nicht mit einmischen. So schwer mir das auch fallen möge. Meine Gedanken kreisten nur noch um Lilja, seit ich sie vor ein paar Tagen kennen gelernt habe. Sie hatte etwas an sich, das mich total faszinierte. Mich in ihren Bann zog und nicht mehr los lässt. Alleine beim Gedanken an Lilja schlug mein Herz schneller. In meinem Bauch kribbelte es und jeder Teil meines Körpers wollte sie einfach nur spüren und berühren.

Ich war so in Gedanken versunken, das ich erst realisierte, das der Arzt da war, als er mich ansprach. Ich hatte kurz mühe, mich zu sammeln und erzählte dann, was ich weiß. Ich führte ihn in Jukkas Zimmer und er bat uns, ihn kurz alleine zu untersuchen. Lilja und ich warteten in der Zeit im Flur. Ich beobachtete sie verstohlen. Sie schaute die ganze Zeit auf den Boden und man sah, das sie Angst hatte und sich schreckliche Sorgen machte.

*Liljas Sicht*

Unermüdlich streichelte ich Jukkas Hand. Zumindest schlief er mittlerweile etwas ruhiger. Ich hatte das Gefühl, alleine zu sein. Ich weiß nicht, wie lange Rafa schon unten war. Doch ich befürchtete, er wäre wieder nach Hause gefahren. Das er mich alleine gelassen hat und ich kämpfte mit den Tränen, die ich noch tapfer unterdrücken konnte. Würde er das wirklich tun? Würde er mich alleine hier lassen? Ohne ein Wort einfach losfahren? Ich wusste es nicht. Doch ich hoffte, er wäre noch da. Ich spürte, das ich langsam wieder unruhiger wurde.

Doch ich wollte dies nicht zulassen. Jukka braucht mich doch. Und ich wollte für ihn genau so da sein, wie er für mich. Das war das mindeste, was ich für ihn tun konnte. Ich hörte, wie jemand die Treppe hoch kam und wie sich jemand unterhält. Kurz darauf standen Rafa und der Arzt im Zimmer. Ich schaute Rafa kurz in die Augen und freute mich innerlich so sehr, das er noch da war. Er hat mich nicht allein gelassen und wieder machte mein Herz ein kleinen Sprung. Der Arzt bat uns, draussen zu warten, so ging ich in den Flur und hing meinen Gedanken nach.

Ich hoffte, das Jukka nichts schlimmes hatte. Das er schnell wieder gesund werden würde. Ich brauchte ihn doch. Und fühlte mich ohne ihn allein und hilflos. Es dauerte nicht sehr lange, da ging die Schlafzimmertür wieder auf. Sofort nahm ich meinen Platz auf dem Bett wieder ein, griff nach Jukkas Hand und streichelte sie wieder.

"Fieber an sich ist ein gutes Zeichen. Auch wenn es so hoch ist. Es ist ein Zeichen dafür, das der Körper, meist mit einer Infektion, kämpft. Ich konnte jetzt nichts anderes auffälliges erkennen. Hab aber vorsorglich Blut abgenommen und werde es gleich ins Labor bringen. Ich hab ihm jetzt auch kein Fiebersenkendes Mittel gegeben. Allerdings lasse ich ihnen eins hier. Ich bitte sie, regelmäßig die Temperatur zu messen. Sollte er die 41 grad erreichen, rufen sie bitte ein Notarztwagen, ansonsten haben sie bis jetzt alles richtig gemacht. Er muss sehr viel trinken und sich die nächsten Tage schonen. Keine Sorge, Lilja. Er ist bald wieder auf den Beinen" nickte mir der Arzt aufmunternd zu, danach verschwand er mit Rafa nach unten. Mir fiel ein großer Stein vom Herzen, doch die Unruhe kam schon wieder.

Ich ging wieder ins Zimmer und krabbelte auf die freie Seite im Bett. Dort legte ich mich direkt neben Jukka, hielt und streichelte einfach weiter seine Hand. Er sah so friedlich aus. Als wenn er einfach nur schlafen würde. Schlaf dich gesund Jukka, ich bin hier und pass auf dich auf. Versprochen.

Ich zitterte leicht, doch kalt war mir nicht. Wo kam diese Unruhe nur her. Es war doch alles ok? Jukka würde bald wieder gesund sein und Rafa war für den Notfall auch hier. Oder würde er jetzt wieder nach Hause fahren? Jetzt, wo er wusste, das es nichts schlimmes bei Jukka war? Doch wie sollte ich, wenn sich sein Zustand doch verschlechterte, den Notruf machen? Ich wusste ja noch immer nicht die Nummer. Nein, das würde Rafa bestimmt nicht tun. Das wollte ich mir gar nicht vorstellen und doch war er nicht hier. Nicht in diesem Raum. Ich spürte seine Anwesenheit einfach nicht. Bei diesem Gedanken bekam ich Gänsehaut. Warum war mir das so wichtig? Warum wollte ich unbedingt, das er bleibt? Das er hier bei mir ist. Ich kannte ihn doch kaum. Doch sobald er in meiner Nähe war, wurde ich gleichzeitig nervös und innerlich doch so ruhig.

Anders, als bei Jukka. Bei ihm wurde ich ebenfalls ruhig. Doch nicht nervös. Was tat sich hier nur in meinem Körper und in meinem Herzen. Ich verstand es einfach nicht. Oder wollte ich es nicht verstehen? Was sollte ich nur tun? Ich wusste es nicht. Es fühlte sich auf der einen Seite so gut an und auf der anderen Seite so ungewohnt. So neu. So aufregend. Und genau das machte mir ein wenig Angst.

So langsam wurden meine Augen immer schwerer, doch ich wollte nicht schlafen. Wollte wach bleiben, falls etwas mit Jukka ist. Wer weiß, ob ich das mitbekomme, wenn ich schlafe. Das wollte ich nicht riskieren. So kämpfte ich gegen die Müdigkeit an und schaffte es auch, eine ganze Weile noch wach zu bleiben. Ich hoffte, das die Tür sich gleich öffnet. Das Rafa reinkommt und mich anlächelt. Mir in die Augen sieht und sich wieder dieses kribbeln in meinem Bauch ausbreitet. Doch die Tür blieb geschlossen. Und mein letzter Gedanke, bevor ich doch einschlief, war, er ist gegangen...

*Rafaels Sicht*

Ich atmete erleichtert aus, als der Arzt zuende erzählt hatte. Jukka hatte anscheinend nichts schlimmes und wäre bald wieder auf den Beinen. Ich ging mit ihm runter vor die Tür, was Tapsi so gleich ausnutzte, zum raus rennen und steckte mir eine Kippe an, während ich noch eine Weile mit dem Arzt sprach. Ließ mir erklären, was wir wann machen konnten, um Jukka etwas zu helfen. Es gab nicht viel, was wir machen konnten. Trotzdem war es hilfreich zu wissen. "Lilja sieht schon viel besser aus und scheint sich in den paar Tagen gut erholt zu haben. Kaum vorstellbar, so unterkühlt und schwer verletzt, wie sie war" meinte er mit einmal und ich schaute ihn nur fragend an. "Sie wissen gar nichts davon?" fragte er mich und ich schüttelte den Kopf. "Dann tut es mir leid, das ich damit angefangen habe. Ich muss dann auch los zum Labor. Wenn etwas ist, rufen sie mich jederzeit an" und mit diesen Worten stieg er in sein Auto und fuhr los, während ich verwirrt zurück blieb. Unterkühlt? Schwer verletzt? Was war passiert? Was war ihr zugestoßen? War sie deswegen so ängstlich und zog sich immer wieder zurück? Hatte Jukka damit was zu tun? Das konnte ich mir nicht vorstellen. Nun wollte ich es erst recht wissen. Konnte ich es wagen und Lilja fragen? Oder sollte ich Jukka fragen, wenn es ihm besser geht? Würde er es mir erzählen? Irgendwie bezweifelte ich es. Doch würde Lilja es mir erzählen? Es muss doch irgendwas geben, womit ich ihr helfen konnte. Ihr etwas die Angst nehmen. Ihr ein Freund sein und für sie da sein, wann immer sie mich brauchte. Ich rief nach Tapsi, rubbelte sie drin etwas trocken und setzte in der Küche Wasser auf. Nachdem die zwei Tassen Tee fertig waren, ging ich damit hoch in Jukkas Zimmer. Der Anblick, der sich mir da bot, war schon irgendwie süss und doch fühlte es sich an, als ob mein Herz bricht. In winzig tausend kleine Stücke...


Lost Memories (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt