Teil 40

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*Samus Sicht*

Im Morgengrauen wurde ich von einer Nachricht auf meinem Handy wach. Verschlafen griff ich danach und hoffte, es würde wichtig sein. Sie war von Jukka.

"Irgendwas stimmt hier nicht. Jemand schleicht auf meinem Grundstück rum und ich hab ein verdammt mieses Gefühl. Kannst du mit den Jungs vorbei kommen? Lilja und Rafa sind auch hier und ich glaub, sie sind hinter Lilja her. Beeilt euch!". Warum sollte jemand hinter Lilja her sein? Und wer sollte auf Jukkas Grundstück rum schleichen? Es war doch gut gesichert? Ich probierte mehrmals bei ihm anzurufen, doch nur die Mailbox ging ran und irgendwie beschlich mich ein komisches Gefühl. Noch während ich mich anzog, ruf ich die Jungs nacheinander an und wir wollten uns auf halber Strecke treffen. Ich sagte Vivi bescheid, stieg ins Auto und holte Riku ab, der gleich um die Ecke wohnte. Während wir hin und her überlegten, was sein konnte, sah ich irgendwann hinter uns die Autos von Sami und Raul. Sami hatte bestimmt Osmo abgeholt, wohnte er doch ebenfalls in der Nähe von ihm. Kurz darauf fuhr ich schon in die Waldstrasse von Jukka ein.

"Samu? Es schaut aus, als ob es da vorne brennt" meinte Riku mit einmal panisch und deutete zwischen den Bäumen nach vorne. Tatsache und es schien, als wenn Jukkas Haus brennen würde. Ich drückte aufs Gas und hoffte, sie wären nicht mehr drin. Riku rief die Feuerwehr und ich legte vor dem Tor eine Vollbremsung hin, sprang aus dem Auto und rannte zum Haus, während ich laut ihre Namen rief. Die Haustür stand weit offen und Tapsi lag, mit einer blutenden Bauchwunde im Eingangsbereich und sie atmete schwach. Raul holte eine Decke, wickelte sie ein und brachte sie zum Auto. Gott, was war hier passiert?

"JUKKA? BIST DU HIER NOCH DRIN?" schrie ich so laut ich konnte, doch ich konnte keine Antwort hören.

"Sie müssen hier irgendwo sein. Wir teilen uns auf und suchen sie. Aber geht kein Risiko ein" rief Osmo und schon liefen wir in verschiedenen Richtungen durch's Haus. Immer wieder riefen wir laut ihre Namen, doch es kam keine Antwort. Die Sicht wurde immer schlechter durch den Qualm und das atmen immer schwerer.

"Schnell, im Wohnzimmer" rief Sami, begleitet von einem Hustenanfall. Sofort rannten wir hin und sahen, wie Rafa und Jukka gefesselt auf dem Boden lagen. Sie rührten sich nicht mehr. Sami fühlte bei beiden nach dem Puls.

"Sie leben. Schnell raus mit ihnen" rief Osmo und trug mit Riku, Sami und Raul die beiden sofort so wie sie waren, raus. Ich suchte weiter nach Lilja. Ich drückte mir mein Shirt vor Nase und Mund und rannte runter ins Studio. Von dort zurück nach oben, suchte jedes einzelne Zimmer ab. Auch die anderen suchten mit. Mittlerweile brannte es in meiner Lunge und meinen Augen, musste immer wieder heftig husten.

"Samu komm, wir müssen hier raus. Ich höre schon die Sirenen und so wie es aussieht, ist Lilja nicht da" rief mir Riku zu und zog mich am Handgelenk mit nach draussen. Dort angekommen stützte ich mich mit den Händen auf meiner Motorhaube ab und zog gierig die frische Luft ein. Nachdem ich wieder halbwegs normal atmen konnte, ging ich zu Riku.

"Was ist mit Rafa und Jukka?" fragte ich ihn.

"Sie waren beide gefesselt. Beide bluten am Kopf. Jukka hat sogar zwei Kopfwunden. Rafa Brandwunden am Arm und bekommt kaum Luft. Sie sind beide Bewusstlos. Die Krankenwagen müssten gleich da sein. Verdammt Samu, was ist hier nur passiert? Und wo ist diese Lilja?" erwiderte Riku.

"Ich weiß es nicht. Raubüberfall? Ich hab keine Ahnung" antwortete ich. Die Feuerwehr war schon dabei, das Feuer zu löschen und endlich kamen auch die Krankenwagen. Sofort führten wir die Sanitäter zu den beiden und erzählten das wenige, was wir wussten. In der Zwischenzeit sprach Riku mit der Polizei, die darauf hin zu mir kam. Ich machte meine Angaben und gleich im Anschluss meine Aussage. Auch eine Vermisstenanzeige wegen Lilja gab ich auf. Obwohl meine Angaben zu ihr Recht dürftig waren. Hatte ich sie doch nur kurz an der Tür gesehen, bevor sie mir diese vor der Nase zugeknallt hatte. Nachdem alles soweit mit der Polizei geklärt war, fuhren wir in unseren Autos zum Krankenhaus, wo in der Zwischenzeit die beiden behandelt wurden.

"Ich hoffe echt, es ist nicht's schlimmes. Die beiden sahen nicht gut aus" murmelte Riku neben mir.

"Wer tut sowas nur? Was ist eigentlich mit Tapsi? Sie war doch auch verletzt oder war das nicht ihr Blut?" fragte ich ihn.

"Doch, leider war es ihr Blut. Raul bringt sie in die Tierklinik. Sobald er etwas weiß, meldet er sich" erwiderte er. Ich nickte nur noch und parkte ein. Sami stellte sein Auto neben meins und zusammen begaben wir uns auf die Suche der beiden. Still betete jeder für sich, das es ihnen gut geht. Die kahlen, sterilen, weißen Krankenhausflure zogen sich ewig in die Länge. Nach etwa 30 Minuten hatten wir endlich Jukkas Zimmer gefunden, doch von Rafa fehlte jede Spur. Riku und Osmo suchten weiter, während Sami und ich uns zu Jukka ans Bett setzten. Blass schaut er aus. Er hatte einen kleinen Verband um den Kopf. Auch seine Handgelenke waren dick in Verbände eingewickelt. Ich zog mir ein Stuhl herran und setzte mich neben das Bett, während Sami am Fenster stehen blieb. Die Zeit schien still zu stehen. Keiner konnte etwas sagen. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach, während Jukka regungslos in.seinem Bett lag.

"Ich geh schauen, ob ich einen Doktor finde" sprach Sami, als auch schon die Tür aufging und ein Mann Mitte 50 in einem weißen Kittel den Raum betrat.

"Guten Tag. Ich bin Dr. Perhonen, der behandelne Arzt von Herrn Backlund. Sind sie mit ihm verwandt?" fragte er uns.

"Samu Haber mein Name. Das ist Sami Osala. Wir arbeiten schon seit Jahrzehnten mit Jukka zusammen und sind eng befreundet. Was hat er? Wird er wieder gesund?" fragte ich ihn und hoffte, er würde uns Auskunft geben. Er betrachtete uns kurz, als schien er zu überlegen.

"Nun gut. Herr Backlund hat Glück gehabt. Ein paar Minuten länger in dem Haus und er wäre an einer Rauchvergiftung gestorben. Zusätzlich hat er eine Gehirnerschütterung, durch mindestens zwei harte Schläge auf den Hinterkopf. Seine Handgelenke schienen lange einer Durchblutungsstörung ausgesetzt zu sein. Das bedeutet, es könnte durchaus möglich sein, das er sämtliche Gefühle in seinen Fingern und Händen verloren haben könnte" erklärte er uns, woraufhin wir blass wurden.

"Kann er mit seinen Händen dann noch etwas machen? Er ist Musiker, er ist auf sie angewiesen" fragte Sami leise und so wirklich wollte ich die Antwort gar nicht hören.

"Es könnte möglich sein, das er sie nie wieder richtig benutzen kann. Es kann aber auch sein, das sie irgendwann wieder komplett einsatzfähig sind. Die Heilung und Regeneration der Nerven kann sich aber Monate hin ziehen" war seine ernüchternde Antwort darauf.

Lost Memories (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt