Teil 36

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*Rafaels Sicht*

Es gefiel mir überhaupt nicht, was Jukka sagte. Doch leider hatte er recht. Wir konnten Lilja nicht alleine lassen. Wenn sie dann abdriftet... Mit mehr als einem unguten Gefühl ging ich leise mit Lilja und Tapsi runter ins Studio. Dort versteckten wir uns hinter der Couch, von wo man äusserlich dachte, sie steht direkt an der Wand. Doch dahinter war ein alter Kaminschacht. Dort quetschten wir uns alle 3 hinein. Nach oben hin war er offen, so das wir genug frische Luft bekamen, auch wenn sie kalt war. Ich nahm Lilja auf meinen Schoß und schloss die Arme um sie. Sie zitterte heftig und ich spürte ihre Angst. Tapsi legte sich unruhig zu ihre Füsse und ich bedeutete beiden, leise zu sein. Ich hoffte und betete, das Jukka nichts passieren würde. Das sie Lilja nicht finden würden. Ich schaute nach oben. Sah, das eine paar Stufen nach oben führten. Doch sahen sie alt und morsch aus. Und bis ganz nach oben gingen sie auch nicht. Also keine Fluchtmöglichkeit.

"Lilja, du musst mir jetzt genau zu hören" flüsterte ich leise und drehte, mit dem Finger unter ihrem Kinn, ihr Gesicht so, das sie mich anschauen musste. "Siehst du die Stufen über dir? Sollte jemand in den Keller kommen oder ich geb dir ein Zeichen, musst du da hoch klettern, das man dich hier unten nicht mehr sieht. Hast du das verstanden?" fragte ich sie leise und zeigte ihr die Stufen. Sie schaute ängstlich hoch, sah mich dann wieder an und nickte tapfer.

"Ich weiß, das du das schaffst. Du bist stark, mutig und tapfer!" flüsterte ich liebevoll, gab ihr einen kleinen Kuss auf die Stirn und drückte sie fest an mich. Wie gern hätte ich jetzt leise das Lied für sie gesungen, doch meine Konzentration galt der Treppe und der Kellertür. Doch es war nicht's zu hören. Kein Jukka und niemand anderes. War das jetzt gut oder schlecht?

*Liljas Sicht*

Ich spürte, das mir Rafa und auch Jukka irgendetwas verschwiegen. Vermutlich, um mir keine Angst zu machen. Doch das klappte nicht. Ich hatte solche Angst. So unbeschreiblich große Angst. Sie hatten mich gefunden. Die Typen, die mir das angetan hatten, waren hier. Ich konnte es förmlich spüren. Sie waren hier. Hier auf diesem Grundstück. Vielleicht auch schon in diesem Haus. Jukka. Oh bitte lieber Gott, lass es Jukka gut gehen. Ihm darf nichts passieren. Er hat doch gar nicht's gemacht. Er hat mir doch nur geholfen. Dafür darf er doch nicht bestraft werden. Nicht er. Ich spürte wieder, wie das kribbeln kam. Doch ich kämpfte dagegen an. Ich nahm Rafas Hand und hielt diese fest gedrückt. So fest, wie ich konnte. Versuchte, mit seiner Hilfe dagegen anzukämpfen. Ihm etwas davon abzugeben.

"Lilja, schau mich an. Bleib hier. Bei mir. Lass uns zusammen dagegen ankämpfen. Lass uns zusammen halten und uns zusammen siegen. Bleib hier bei mir. Ich brauch dich doch auch" flüsterte Rafa mir leise ins Ohr. Er braucht mich? Ausgerechnet mich? Ich drehte meinen Kopf, um ihn anzuschauen. Und er erwiderte den Blick. Schaute keine Sekunde weg. Er nahm meine zweite Hand auch noch und hielt sie fest.

"Zerquetsch meine Hände, wenn es hilft, aber lass mich nicht alleine hier..." flüsterte er leise und ich konnte Traurigkeit und Verzweiflung heraus hören. Ihn alleine lassen? Wie könnte ich. Hat er mich doch auch nie alleine gelassen.

"Nicht alleine...!" stotterte ich leise und versuchte ein kleines lächeln. Es muss mir geglückt sein, lächelte er doch sanft zurück. Ich lehnte mich an ihn, war mir doch so kalt. Er drückte mich sanft an sich, versuchte mir so etwas Wärme abzugeben. Ich konnte sein Herz spüren. Fühlen, wie es in seiner Brust schnell schlug. Ich ließ eine Hand los und legte meine auf sein Herz. Mit seiner freien Hand strich er mir über den Rücken. Moment mal, wo war das kribbeln hin? Wann war das verschwunden? Ich konnte mich beim besten Willen nicht daran erinnern...

*Jukkas Sicht*

Mir brummte so wahnsinnig der Schädel, das ich das Gefühl hatte, er würde gleich platzen. Was war passiert? Ich erinnere mich noch an den Stein aufm dem Küchenboden, dann ist alles schwarz. Lilja und Rafa, schoss es mir da durch den Kopf. Ging es ihnen gut? Hatten sie sie gefunden? Ich hoffte, nicht. Ich wollte mich bewegen, wollte langsam aufstehen. Doch es ging nicht. Ich konnte weder meine Arme, noch meine Beine bewegen. Leise stöhnte ich vor Schmerzen auf und öffnete langsam die Augen. Als erstes sah ich die Couch. Couch? Ich war doch in der Küche gewesen...

"Er kommt zu sich" hörte ich eine fremde, tiefe Männerstimme und versuchte den Kopf zu drehen. Doch dies bereute ich sofort. Wieder durchfuhr mich dieser stechende Schmerz, welches mir ein stöhnen entlockte. Ich lag eindeutig auf dem Wohnzimmerboden und so langsam registrierte ich, das ich gefesselt war. Ich hörte, wie sich Schritte nährten und versuchte zu erkennen, wer da kam. Doch dies gelang mir nicht.

"Wo ist das Mädchen und der andere Sack" fragte er bedrohlich tief. Das er fragte, hieß, das sie sie noch nicht gefunden haben. Das war gut. Sehr gut. Ich zuckte nur mit den Schultern.

"Mach deine Schnauze auf. Wo sind sie? fragte er weiter, mit einem extrem gefährlichen Unterton, der mir eine Gänsehaut bescherte. Doch niemals würde ich sie verraten. Nicht, so lange ich lebte.

"Keine Ahnung, wovon du redest" knurrte ich zurück und kassierte prompt einen heftigen Tritt in den Bauch, der mir kurzzeitig die Luft zum atmen nahm. Mir stieg die Übelkeit hoch. Oh wie gerne würde ich diesem Wixxer vor die Füsse kotzen. Doch leider kam nicht's.

"Durchsucht das Haus von oben bis unten. Bringt mir den kleinen Bastard und diese miese Schlampe. Lebend. Ich brauch sie noch. Durchsucht jeden verdammten Winkel" fluchte der Mann und ich hörte, wie sich viele Schritte entfernten. Bitte Gott, steh den beiden bei. Sie dürfen sie nicht finden. Niemals. Dann wurde um mich herum wieder alles schwarz...

Als ich das nächste mal zu mir kam, verteilte sich der Schmerz gleichmäßig in meinem Kopf und im Magen. Auch an meinen Handgelenken spürte ich ein brennen. Vermutlich von den Fesseln. Ich ließ meine Augen zu und lauschte angestrengt. Doch von Lilja und Rafa war nichts zu hören und so betete und hoffte ich weiter, das sie sie nicht finden würden. Das sie in Sicherheit waren. Das war wichtiger, als alles andere.

"Pennt der Sack immer noch?"

"Ja, kein piep kam von ihm"

"Habt ihr die beiden gefunden?"

"Nein, es scheint, als wären sie wie vom Erdboden verschluckt"

"Sie sind aber in diesem Haus. Also sucht sie verdammt noch mal weiter. Einer geht draussen suchen, die anderen nehmen hier drin alles auseinander" hörte ich, wie sich mehrere Männer unterhielten. 4 verschiedene Stimmen konnte ich erkennen. Und war mir gleichzeitig sicher, das es noch mehr waren. Und somit waren es viel zu viele, um das wir uns hätten wehren können. Vielleicht hatte es Rafa ja irgendwie geschafft, Lilja hier raus zu bekommen? Doch glauben konnte ich das nicht so ganz. Und so blieb nur, weiter zu beten. Ich war so in Gedanken versunken, das ich die Schritte, die sich mir nährten, nicht wahr nahm.

"Ey, hier wird nicht gepennt. Sag uns, wo sie sind und keinem geschieht was böses" meinte einer von ihnen, doch konnte ich deutlich sein fieses grinsen dabei wahr nehmen.

"Ich wohne alleine hier" knurrte ich ihn an. Ich spürte, wie er um mich herum ging und augenblicklich durchfuhr mich ein höllisch stechender Schmerz, der mich laut aufschrien ließ.

"Kabelbinder um Handgelenke sind schon praktisch, oder?" lachte er kurz auf und stellte sich zusätzlich mit seinem vollem Gewicht auf meine Hand. Ich biss die Zähne zusammen und gab keinen laut von mir. Egal, was sie mir antun würden. Nicht's würden sie aus mir heraus bekommen, absolut gar nichts.

Lost Memories (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt