Teil 10

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*Liljas Sicht*

Es fühlte sich an, als ob ich meinen Körper verlassen hätte. Als ob ich keine Gewalt mehr über diesen hätte. Er machte, was er wollte. Und im moment wollte er mir weh tun. Meinen Arm aufkratzen. Kratzen. Immer weiter kratzen. Bis Blut floß. Doch irgendwas hielt meinen Körper langsam davon ab. Was war das? Er war sich doch eben noch so sicher, das er genau das wollte. Kratzen, bis es blutete. Doch warum hörte er auf? Ich lauschte. Ich lenkte alles auf meine Ohren. Da war sie. Die Stimme. Die Stimme, die so ruhig war. So sanft. So liebevoll. Meinte er mich? Redete er mit mir? Oder war da noch jemand? Warum war es hier so dunkel? Ich konzentrierte mich.

"Kleine Lilja...Aufschreiben....keine Angst machen..." hörte ich immer wieder.

Ich lenkte meine volle Aufmerksamkeit auf diese Worte und langsam kam das Licht zurück. Das kribbeln hatte aufgehört und die Stimme wurde immer deutlicher. Ich sah ihn wieder. Ihn. Dessen Stimme zu mir sprach. Dessen Blick warm, sanft und auch ein wenig ängstlich auf mich ruhte. Seine Hand nährte sich meinem Gesicht und er wischte er mir zärtlich eine einzelne Träne weg. War das meine Träne? Wo kam sie her? Hatte ich geweint? Er reichte mir den Block und den Stift. Ich nahm beides und überlegte, ob ich es wirklich aufschreiben sollte. Dann war es da. Schriftlich. Und konnte nicht mehr zurück genommen werden. Schwarz auf weiß. Anderseits, was hatte ich zu verlieren? Es könnte ihn nicht interessieren. Er könnte trotzdem gehen. Aber vielleicht blieb er? Hier bei mir? Ich nahm den Stift und schrieb zitternd ein paar Worte nieder, überlegte nochmal kurz und reichte ihm dann sehr zögerlich den Block. Diesen nahm er an sich und lächelte mich warm an.

*Jukkas Sicht*

Sie zögerte lange und man konnte sehen, wie es in ihrem Kopf arbeitete. Würde sie mir genug vertrauen? Würde sie sich mir anvertrauen? Ich hoffte es sehr. Ich wollte ihr doch so gerne helfen. Nun schrieb sie zitternd etwas nieder und reichte mir zögerlich den Block. Ich lächelte sie an und nahm ihn. Nun schaute ich drauf um zu lesen, was sie geschrieben hatte. 5 Wörter. 5 Wörter standen nur auf dem Block und doch veränderten sie vieles. Gab mir ein tiefen Einblick in ihre Seele und einen tiefen Stich in mein Herz.

"Nicht fahren. Hier bleiben. Angst" war alles, was drauf stand und doch sagte es sehr viel mehr aus. Ich schluckte heftig. Ich sah sie an und versuchte zu lächeln.

"Danke, das du dich mir anvertraut hast. Dann bleibe ich hier und frage einen Freund, ob er für mich einkaufen fahren kann, ok? Hab keine Angst, kleine Lilja. Du bist hier in Sicherheit. Niemand wird dir hier etwas tun. Das verspreche ich dir!" flüsterte ich leise.

Sie nickte nur schwach und sah mit einmal sehr müde aus.

"Ich lass dir das Schreibzeug hier. Wenn du irgend etwas brauchst, erzählen möchtest oder ähnliches, dann schreib es mir auf. Und nun ruh dich etwas aus" sprach ich weiter, deckte sie richtig zu und schon war sie eingeschlafen. Ich blieb noch etwas sitzen und schrieb Riku eine Sms mit meiner Einkaufsliste, das ich es ihm morgen erzähle und er mit niemanden drüber reden soll. Anschließend ging auch ich ins Bett.


Lost Memories (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt