Es war laut.
Gefüllt. Von Menschen, von Essen und Trinken zu interessanten Gesprächen, die sich an vielen Tischen aneinander reihten.
Blaue Lichter aus Scheinwerfern warfen große Schatten auf das riesige weiße Gebäude – ein weiterer, etwas kleinerer Sitz des Präsidenten, mit welchem Taeyong noch immer kein Wort gesprochen hatte. Es war auch nicht so, als würde er dies wollen. Wenn sein Sohn schon so verrückt wirkte, wollte er nicht unbedingt wissen, wie sein Vater drauf war.
Sie gingen zu sechst durch die Menge, die ihnen Lächeln schenkten und ihnen zuwinkten, einige überreichten Taeyong und Jaehyun Blumensträuße, die so groß waren, dass sie sich bemühen mussten, nicht in Menschen hineinzurennen, da sie nichts mehr sahen, als hätten sie gerade eine wahnsinns Theateraufführung hinter sich, oder als hätten sie einen Wettkampf gewonnen. Leider war letzteres im Grund genommen gar nicht einmal so falsch.
Sie stellten sich an ein Buffet und skeptisch beäugte Taeyong das Essen.
»Hallo!« Taeyongs Aufmerksamkeit für das interessant aussehende Essen riss und leicht erschrocken fuhr er herum. Vor ihnen stand eine Frau, die mit Jaehyuns und seinen Trainern und Stylisten vertraut schien. Sie begrüßten sich freundlich und fragten wie es ihr ging. Weder siezten sie sie, noch hatten sie einen business-bedingten Abstand zu ihr. »Nennt mich Joy. Ich bin Stylistin von allen möglichen Leuten hier im Kapitol.«
Warum fällt mir erst jetzt auf, wie viele Menschen im Kapitol sich mit Spitznamen vorstellen?
»Sehr erfreut«, sagte Jaehyun höflich und war somit wieder um einiges schneller gefasst als Taeyong, der in seinen Gedanken versunken war und diese erst zu Ende denken musste, bevor er tatsächlich etwas sagte.
»Du bist Jaehyun, habe ich Recht?«, fragte diese Joy lächelnd und bekam von Jaehyun ein Nicken. »Und du musst dann wohl Taeyong sein«, setzte sie fort und schenkte Taeyong ebenfalls ein Lächeln.
Taeyong nickte und gab ihr ein etwas gequältes Lächeln zurück.
»Wow. Jedes Mal, wenn es eine Situation gab, in der ihr euch als Gegner gegenüber standet, hat mein Herz so laut geschlagen, dass ich Angst hatte, meine Nachbarn würden es hören. Diese Spiele waren die unglaublichsten, die ich je miterleben durfte. Ich habe so oft geweint, ihr glaubt es nicht.« Joy wirkte mitgenommen und als würde sie gerade in ihrem inneren Auge nachspielen, was in den letzten Wochen passiert war. Trotzdem dachte Taeyong grimmig: Sie klingt so, als hätte sie einen Film angesehen. Was, wieder einmal, leider gar nicht so falsch war.
»Nun ja, ich werde mich dann wieder verabschieden. Es war mir eine Ehre, euch zwei kennenlernen zu dürfen.«
Ist ja auch nicht so, als hätten wir eine Wahl gehabt, oder es dir verbieten können.
Joy lächelte und ihr Lächeln erwärmte Taeyong beinahe das Herz. Aber nur beinahe. Trotzdem weiß ich, warum sie den Spitznamen »Joy« trägt. So blind war er nun auch nicht.
Mit einem Winken verschwand sie wieder in der Menschenmenge.
»Woher kennt ihr euch so gut?«, fragte Jaehyun, der die Beziehung zwischen Joy und den anderen ebenfalls nicht unbemerkt geblieben war.
»Wir sind Kindheitsfreunde«, sagte Irene und sah noch einmal einen Augenblick in die Richtung, in die Joy verschwunden war. »Ihr seid bestimmt hungrig, esst doch etwas.«
Misstrauisch begutachtete Taeyong das Buffet erneut. Alles sah fremd aus und nicht gerade ungiftig. Verschiedene Brote mit buntem Belag aus Käse und verschiedenem Gemüse, waren auf Silbertabletts serviert und Kuchen mit den kreativsten Glasuren waren auf großen Tellern, mit gold beschmückten Rändern, die mit den seltsamsten Formen bemalt waren. Schokobrunnen mit kleinen Gabeln und aufgeschnittenem Obst lagen auf Tabletten neben diesen, dreistufige Tabletts standen regelmäßig verteilt auf dem langen Tisch, deren Flächen gefüllt waren mit weiterem Kuchen und Muffins. Etwas stach Taeyong dabei ins Auge.
»Was ist das?« Er deutete auf runde, bunte Kugeln, auf einem der dreistufigen Tabletts, die mit einer weißen dünnen Schicht überzogen waren, bei welcher er sich nicht sicher war, ob es Zucker war, selbst wenn es so aussah.
»Das sind Eismochis. Die sind besser, als ich erwartet habe, als ich sie das erste Mal bei Doyoung probiert habe«, erklärte Ten ihm mit vollem Mund, da er sich in diesem Moment ein großes Stück Kuchen ohne abzubeißen in den Mund schob.
Taeyong griff ohne zu Zögern zu einem dieser sogenannten Eismochis und spürte die angenehme Kühle unter seinen Fingerspitzen, als er das Mochi zu seinem Mund führte.
»Warte!«, hörte er Jaehyun noch rufen, doch da hatte er schon die Hälfte des Mochis abgebissen.
Mit aufgerissenen Augen spuckte er die Hälfte des Mochis zurück in seine linke Hand. »Verfickte –! Kalt!« Mehr brachte Taeyong nicht heraus, während er sich mit der Hand, in der er das nicht ausgespuckte Mochi hielt Luft zufächelte, als hätte er zu heißen Tee getrunken und sich die Zunge verbrannt.
Jaehyun überreichte ihm schnell eine Serviette und nahm ihm das noch nicht halb gegessene Mochi zur Hilfe aus der Hand, während er das Lachen nicht unterdrücken konnte, selbst wenn er dies versuchte.
»Du Schwein. Du hättest mir früher sagen sollen, dass dieses beschissene Mochi kalt ist«, fluchte Taeyong, der bis jetzt Jaehyuns Lachen nicht bemerkt hatte, da er mit schmerzenden Zähnen und einem halb erfrorenen Zahnfleisch klarkommen musste.
»Es ist deine Schuld, Eismochis heißen nicht umsonst Eismochis. Woher hätte ich wissen sollen, dass du es einfach essen würdest? Und das Mochi in deiner Hand schmilzt.« Jaehyun lächelte ihm aufmunternd zu.
»Aber–« Taeyong verbiss sich seine Antwort, da Jaehyun nicht im Unrecht war und aß das nicht mehr so kalte Mochi, die Kälte ignorierend, dann wischte er sich die Hand an der Serviette ab.
»Schmoll nicht«, sagte Jaehyun und legte das halbe Mochi auf dem Buffettisch ab, um Taeyongs schmollendes Gesicht in seine Handflächen einzuschließen und ihm einen kurzen Kuss auf den Mund zu geben.
Der Blitz einer Kamera leuchtete auf und erschrocken löste Taeyong sich von Jaehyun, nur um dem Mann, der mit einer Kamera nur wenige Meter entfernt von ihnen stand, einen eisigen Blick zuzuwerfen.
»Diese Kacke wird wohl nie wieder enden...«
»Wahrscheinlich nicht. Zumindest nicht die nächsten Monate.«
Taeyong rümpfte die Nase, doch sagte nichts weiter.
Der restliche Abend an dieser »Party« (wie einer dieser reichen Männer, mit denen sie ein kurzes Gespräch geführt hatten, diesen Abend bezeichnet hatte) verlief ruhig und Taeyong und Jaehyun wurden nur hin und wieder von einigen Menschen angesprochen, die mit ihnen ein paar Worte wechseln wollten. Irene, Seulgi, Ten und Johnny redeten einige Male mit ihnen und fragten, ob alles in Ordnung sei, ansonsten konnten Taeyong und Jaehyun sie mit anderen Menschen sehen, die ihnen zum Teil komplett unbekannt waren.
Sie konnten ungestört miteinander reden und Kuchen essen, und die restlichen Stunden achtete Taeyong jedoch darauf, dass nicht noch einmal so etwas passierte, wie bei dem Eismochi.
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ᴛʜᴇ ʜᴜɴɢᴇʀ ɢᴀᴍᴇs | jaeyong
FanfictionEine ungewöhnliche Allianz, eine verlorene Welt, tödliche Spiele. Taeyong ist ein Waise in Distrikt 12 - und bei der jährlichen Ernte wird sein Name gezogen. Es sind die einhundertsten Hungerspiele. Taeyong kann sich nur auf sich selbst verlassen, u...