Der nächste Trainingstag war kürzer und angespannter. Es war der letzte Trainingstag und an diesem Nachmittag würden alle Tribute nacheinander die Möglichkeit haben, in der Zeit von zehn Minuten den Spielmachern zu zeigen, was sie konnten. Sollten sie etwas bestimmtes können, was ihnen eine Chance in der Arena liefern könnte.
Taeyong vermutete, dass die Tribute, die zumindest ein bisschen konnten und trotz dessen nicht ausgebildet worden waren ihre Fähigkeit versteckt gehalten hatten. Was die Ungewissheit, welche stärker als sonst zu sein schien, unter ihnen in der großen Turnhalle nur vergrößerte.
Am kommenden Abend würde live ausgestrahlt werden, welche Leistung sie erreicht hatten. Die Spielmacher und Trainer, die zugesehen hatten, vergaben die Nummern 1 bis 12. Umso höher die Zahl, umso wahrscheinlicher war es, dass mehr Menschen im Kapitol an einen glaubten und Sponsoren sein würden, wenn die Tribute in der Arena dringend etwas benötigten. Geschenke waren sehr teuer, für verschiedenste Heilsalben zum Beispiel, würden Sponsoren aber dazu beisteuern und mit Hilfe der Fallschirme würden die Tribute es bekommen.
Thymian redete laut in der ganzen Halle und wiederholte sich, sobald sie das, was sie sagen wollte, fertig gesprochen hatte, nur mit anderen Worten. »Ich werde den Spielmachern zeigen, dass ich gut im Nahkampf bin! Und ich werde die Bewertung 12 bekommen!« Das sagte sie so oft, bis sie nach einigen Minuten sicher war, dass jeder sie gehört hatte, obwohl sowieso schon die anderen gesehen hatten, wie sie mit einem der Trainer gekämpft hatte und wenn sie danach lachte, klang sie wie ein gackerndes Huhn.
»Und ich werde meinen Umgang mit den Messern zeigen!«, rief Glimmer immer dazwischen, damit sie auch Aufmerksamkeit bekam.
Eine Stunde hatten sie das fast herumgeschrien, bis Marvel sie angefahren hatte, er könnte sich auf nichts konzentrieren, wenn sie die ganze Zeit lauter redeten, als sonst schon.
»Was wirst du vorzeigen?«, fragte Lavender, während sie alle Knoten wiederholten, die sie in den letzten zwei Tagen gelernt hatten.
»Ich weiß es nicht.« Taeyong zuckte mit den Schultern. »Was wirst du zeigen?«
»Ich bin eine gute Schwimmerin und Taucherin, aber... ich glaube nicht, dass das eine Möglichkeit ist, die man vorzeigen könnte. Wahrscheinlich werde ich einfach die Knoten und Fallen vorzeigen, auch wie man Feuer macht.«
Taeyong nickte. Selbst wenn es absurd war, so fühlte er schon jetzt eine kleine Aufregung in ihm aufkeimen. Die Aufregung war unnötig, da Taeyong nicht dachte, dass die Trainer und Spielmacher ihm zusehen würden, außer vielleicht die Trainer von der Station mit den Knoten und den giftigen Pflanzen. Die anderen hatten nur den Karrieros Beachtung geschenkt und alle, die mit ihren Fähigkeiten ein wenig fehl am Platz schienen, waren immer nur kurzer Blicke besucht.
»Du kennst dich doch aus mit giftigen Pflanzen, oder? Warum kannst du nicht fragen, ob du jemanden vergiften kannst? Ich bin sicher, das Kapitol kann einige Leute entbehren«, sprach Lavender ihre Idee aus.
Bei dem Satz, dass das Kapitol sicher nichts dagegen haben würde, wenn er jemanden vergiftete, gab Taeyong Lavender recht. Allein dass Avoxe als Diener existierten, zeigte, wie viele »unnötige« Menschen neben der restlichen Stadtbevölkerung im Kapitol waren.
»Das stimmt. Aber ich bin nicht in Stimmung, Leute zu vergiften.«
Lavender lachte. »Wie kannst du in Stimmung sein, oder nicht, ob du Menschen vergiftest, oder nicht? Hast du schon einmal jemanden vergiftet?«
Taeyong zögerte. Dann nickte er.
Plötzlich schien sie aufgeweckt zu sein, ließ von ihrer Arbeit ab und sah ihn neugierig an. »Wer war es?«
Mit den Achseln zuckend wank Taeyong ab. »Es ist nicht so wichtig und ist schon lange her.«
»Wie alt warst du?«
»Vierzehn.«
»Weiß man im Distrikt, dass du es warst?«
»Nein.«
»Bereust du es?«
Lavender konnte ihre Antwort nicht mehr bekommen, als Lucas' Stimme durch die Halle klang. »Das Training ist vorbei.« Die Tribute ließen von ihrer Arbeit ab und versammelten sich um Lucas. »Ihr werdet Mittagessen gehen und am Nachmittag wird jeder einzelne von euch zehn Minuten Zeit haben, den Spielmachern zu zeigen, was ihr könnt. Viel Glück.«
Mit einem kleinen Winken und Lächeln verabschiedete sich Taeyong von Lavender. Mit den Lippen formte er ein stummes »Viel Glück«.
–––––
Nach dem Mittagessen, welches Taeyong mit Ten, Irene und Glimmer in Schweigen verbracht hatte, war er gemeinsam mit Glimmer mit dem Aufzug wieder hinunter zur Trainingshalle gefahren und hatte sich in den kleinen Raum gesetzt, der zwischen dem Aufzug und der Türe zur Halle war.
Sie setzten sich auf die kurze Bank, wo ein Zettel lag, auf dem »Distrikt 12« stand und warteten auf die anderen Tribute. Etwa die Hälfte der anderen saß schon auf den anderen Bänken und hatten ihnen nur einen kurzen Blick geschenkt, sich dann aber wieder weggedreht und führten ein Gespräch weiter, was sie gerade mit dem anderen Tribut aus ihrem Distrikt hatten. Andere sahen sie nur einen Moment an, drehten sich wieder weg und lehnten sich an die Wand oder starrten auf den Hinterkopf des Tributs, welcher vor ihnen saß.
Jaehyun war als erstes an der Reihe, da er aus Distrikt 1 war, danach folgten Thymian, Marvel und Clove. Es vergingen allein bei den viern schon ungefähr 40 Minuten. Taeyong legte seinen Kopf an die Wand neben sich ab und schloss die Augen.
Am liebsten würde er jetzt in dem weichen Bett im zwölften Stock liegen, unter der leichten und warmen Decke und den Kopf auf dem wolligen Kissen abgelegt. Währenddessen an nichts denken und sich sorgen müssen.
Diese anstrengenden Gedanken würde er am liebsten in Luft auflösen und nur schöne Bilder im Kopf haben. Denn im Moment hatte er nur Bilder der vergangenen Spiele im Kopf, der letzte Kampf und wie einer der zwei brutal umgebracht wurde. Leider konnte man Gedanken nicht einfach ausschalten und sie wiederholten sich, sobald das Bild zu Ende war.
Es dauerte eine Ewigkeit, bis Distrikt 6 an der Reihe war und Taeyong sich freute, dass er schon die halbe Zeit überstanden hatte.
Jedes Mal, wenn er kurz davor war, einzuschlafen, ging die Türe auf und zu, da jemand hinauskam und jemand anderes hineinging.
Das Mädchen aus Distrikt 11 war gerade hineingegangen und Taeyong war wieder aufgeweckt und er spürte frische Aufregung in sich, stärker als vor einigen Stunden. Als das Mädchen aus 11 hinauskam, streckte Taeyong sich vom langen Sitzen und atmete einige Male tief ein und aus, bevor er aufstand und in die Trainingshalle ging. Die Tür fiel hinter ihm zu.
– – – – –
Jetzt erfährt man ein bisschen von Taeyongs Vergangenheit uiuiui 🌚🌚🌚
Und ich habe schon wieder vergessen zu updaten xD
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ᴛʜᴇ ʜᴜɴɢᴇʀ ɢᴀᴍᴇs | jaeyong
FanficEine ungewöhnliche Allianz, eine verlorene Welt, tödliche Spiele. Taeyong ist ein Waise in Distrikt 12 - und bei der jährlichen Ernte wird sein Name gezogen. Es sind die einhundertsten Hungerspiele. Taeyong kann sich nur auf sich selbst verlassen, u...