Der darauffolgende Morgen war genauso ätzend wie der letzte. Glimmer erzählte, dass die Karrieros begeistert von ihr seien. (Taeyong konnte nicht einmal zuordnen, ob sie es ernst meinte und es selbst glaubte, oder sie gerade nur vor Ten und Irene angeben wollte.) Sie nervte ihn wieder mit dummen Kommentaren und dass er den ganzen Tag nur gelernt hatte, Knoten zu binden.
Bei diesem Mal, als alle Tribute eingetroffen waren, eröffnete Lucas das Training nur, da er es nicht für notwendig hielt, die Anordnungen zu wiederholen. am heutigen Tag nahm sich Taeyong vor, zu den Pflanzen zu gehen und zu unterscheiden, welche giftig und welche ungiftig waren und nachzusehen, ob einige Pflanzen und Beeren unter ihnen waren, die er vielleicht noch nicht kannte.
Er ging zu der Station und wie bei der Station mit Fallen und Knoten, schien dieser Trainer begeistert von seiner Interesse und seinem Wissen zu sein.
Zum Mittagessen gab es einen Kartoffelauflauf, den Taeyong gar nicht so furchtbar fand, wie andere Tributen fluchend an ihrem Essensplatz beschrieben.
Plötzlich ertönte ein schmerzvoller Schrei. Ruckartig drehte sich Taeyong um und beobachtete, wie sich einer der Assistenten auf dem Boden fiel, über ihm stand Marvel aus Distrikt 2. Er hatte seine Hände zu Fäusten geballt und seine Halsschlagader war vor Anspannung zu sehen. Der Trainer lag am Boden und hatte eine blutende Wunde an der Schläfe.
Marvel hob den weißen Porzellanteller in seiner rechten Faust und schmiss ihn mit Wucht auf den Kopf des Trainers, der ein wenig im Sitzen schaukelte und sich darum bemühte, nicht ohnmächtig zu werden.
»Hör auf, Marvel.« Marvel drehte sich um und sah Jaehyun, wie er mit saurer Miene auf die Szene zuging und sich zu dem Trainer kniete, um ihn zu stützen. Dankend lehnte sich dieser an Jaehyun und ließ sich aufhelfen.
Es war alles so schnell gegangen, dass die anderen Trainer zu langsam waren, um einzugreifen, davor war Jaehyun dem verletzten Assistenten zur Hilfe gekommen.
Jaehyun half dem Mann beim Aufstehen, der sich bei ihm bedankte und sich von den anderen Trainern, die gekommen waren um zu helfen, stützen ließ und sie durch eine andere Türe verschwanden.
Die Stille, die schwer im Raum hing, wurde erst dann bemerkt, als die Türen sich hinter dem Verletzten schlossen. Die meisten Tribute drehten sich wieder weg und aßen weiter, Taeyong beobachtete die Karrierotruppe aber noch ein wenig, während er weiter aß.
Jaehyun packte Marvel am Kragen und zog ihn etwas näher zu sich und funkelte ihn an. »Du kannst froh sein, dass er nicht in Ohnmacht gefallen ist, oder sogar tödlich verletzt wurde. Wenn das, was gerade passiert ist, öffentlich kommt und du deine Aggressionsprobleme nicht in den Griff bekommst, kannst du dir Sponsoren abschminken.« Die Worte spuckte er Marvel praktisch ins Gesicht. Sie waren leise und doch bedrohlich und Taeyong war gerade noch nah genug dran, um sie verstehen zu können.
Einige Sekunden passierte nichts, dann schubste Marvel Jaehyun von sich und setzte sich zurück zum Esstisch.
Taeyong lachte leise und schadenfroh, als er Marvels Zittern in den Beinen sah und das Beben seines Brustkorbes, bei dem Versuch, den Atem ruhig zu halten, um nicht zu laut und zu schnell zu atmen und somit Jaehyun zu verraten, wie viel Schiss er eigentlich vor ihm hatte.
Nach einigen Sekunden setzten sich Jaehyun, Clove und Thymian zu Marvel.
Nach 30 Minuten begann das Training erneut und Taeyong ging wie am vorigen Tag zu der Station mit den Knoten, da er bei den Pflanzen viel gewusst hatte und das, was er noch nicht kannte sich schon am Vormittag eingeprägt hatte.
Lavender saß am Boden und lernte einen Knoten für eine Falle. Taeyong setzte sich gegenüber von ihr auf den Boden und deutete auf eine der Öffnungen des Knotens, wodurch das eine Ende des Seils durchmusste, um den Knoten zu vervollständigen.
»Danke«, sagte sie und lächelte ihn an. »Du bist Taeyong aus Distrikt 12, nicht wahr?«
»Ja. Und du bist Lavender aus Distrikt 4?« Taeyong fragte nicht, weil er es nicht wusste – sondern aus reiner Höflichkeit, die sie bestimmt auch bei ihm verwendet hatte, um nett zu sein.
Lavender nickte. »War Glimmer immer schon so peinlich?«
Taeyong folgte ihrem Blick, der auf Glimmer gerichtet war, die wieder einmal versuchte, die Karrieros zu beeindrucken.
»Leider.«
»Sie sieht ein wenig affig aus, wenn sie versucht, mit dem Messer umzugehen.«
»Das tut sie. Sie nimmt sich selbst immer ein bisschen zu wichtig und hält sich für unbeschreiblich gut, in allem, was sie tut. In allem überschätzt sie sich ein wenig.«
»Ist das denn nicht furchtbar anstrengend für dich?«
»So sehr, das kannst du dir gar nicht vorstellen«, murmelte Taeyong und strich sich die Haare aus den Augen. Danach schwiegen sie wieder und begannen mit dem Trainer dieser Station weitere Knoten zu lernen.
»Hat sich Stevia freiwillig gemeldet?«, fragte Taeyong, da er ehrlich interessiert war.
Stevia war der männliche Tribut aus Distrikt 4 und warf mit harpunenartigen Waffen auf verschiedene Ziele. Da Distrikt 4 auf Fischfang spezialisiert war, wussten die Jugendlichen von klein auf, wie man schwamm, Fische mit und ohne Waffen fing. Deshalb war es natürlich, dass Stevia offensichtlich trainiert war und ohne Probleme Ziele traf, wenn er schon mit diesen Waffen in Kontakt getreten war. Es sagte aber nicht aus, ob er nun ein Karriero war, oder nicht.
Lavender schien zu zögern, Taeyong diese Information preiszugeben. »Ja«, sagte sie schließlich. »Wie du bestimmt weißt, gibt es viele, die sich aus Distrikt 4 freiwillig melden. Aber niemand von denen hat sich freiwillig gemeldet, als ich gezogen wurde. Wahrscheinlich haben die das absichtlich gemacht, um mich loszuwerden.«
»Die Leute in deinem Distrikt mögen dich nicht?«
»Die älteren schon, nur die, die im Alter sind, am Tag der Ernte gezogen werden zu können, haben aus irgendeinem Grund etwas gegen mich. Wahrscheinlich, weil ich gut mit den Erwachsenen auskomme und nicht die ganze Zeit Unruhe stifte und unserem Distrikt so Probleme bereite.«
Taeyong nickte darauf nur. Er wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte. Und er wollte nicht fragen, was denn passierte, auch wenn der Drang groß war. Ein Verdacht war natürlich, dass man umgebracht wurde, oder ausgepeitscht wurde, er wollte aber nicht, dass es so rüberkam, als ob es den Menschen in Distrikt 12 gut ging und keine Bestrafung bekamen, die sie tatsächlich nicht bekamen, da die Friedenswächter faul waren und nichts taten.
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Ich mag Lavender lolol <3
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ᴛʜᴇ ʜᴜɴɢᴇʀ ɢᴀᴍᴇs | jaeyong
FanficEine ungewöhnliche Allianz, eine verlorene Welt, tödliche Spiele. Taeyong ist ein Waise in Distrikt 12 - und bei der jährlichen Ernte wird sein Name gezogen. Es sind die einhundertsten Hungerspiele. Taeyong kann sich nur auf sich selbst verlassen, u...