Weasleys zauberhafte Zauberscherze

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„Hat er angebissen?", fragte Fred gespannt, kaum, dass wir aus dem Kamin traten.
„Du wusstest, dass er anbeißen würde!", antwortete ich anklagend. „Ihr könnt ihm sowas doch nicht geben!"
„Was war das überhaupt?", fragte Harry verwirrt.
„Würgzungen-Toffee", antwortete ich und verdrehte genervt die Augen.
„Haben George und ich selber erfunden", sagte Fred stolz. „Den ganzen Sommer schon suchen wir jemanden, an dem wir es ausprobieren können!"
In der kleinen Küche des Fuchsbaus brach schallendes Gelächter aus. Bill und Charlie betraten den Raum und sahen sich neugierig nach der Quelle des Lärmes um. Ich nahm Harry an der Hand und zog ihn mit zu den Ältesten der Weasley Kinder.
„Hey Bill, Charlie. Darf ich euch meinen Bruder vorstellen?", grinste ich.
„Hey", sagte Harry leise und sah zu den beiden.
„Wie geht's, Harry?", begrüßte Charlie ihn als erster.
„Ganz gut", antwortete er. „Du bist Charlie, oder?"
„Ja. Und das ist Bill."
Bill trat vor und reichte Harry die Hand zur Begrüßung doch bevor jemand ein weiteres Wort sagen konnte, ertönte ein Plopp und Arthur erschien wie aus dem Nichts an Georges Seite. Ich wusste nicht ob ich ihn jemals so zornig gesehen hatte. Eigentlich war es Molly die mit den Kindern schimpfte während Arthur sich eher im Hintergrund hielt.
„Das war überhaupt nicht komisch, Fred!", brüllte er. „Was zum Teufel hast du dem Muggeljungen gegeben?"
„Ich hab ihm gar nichts gegeben", sagte Fred mit gemeinem Grinsen. „Ich hab nur was fallen lassen... ist doch sein Problem, wenn er es aufhebt und isst, ich hab ihm jedenfalls nichts angeboten."
„Du hast es absichtlich fallen lassen!", polterte Arthur. „Du wusstest, dass er es aufessen würde, du wusstest, dass er auf Diät war!"
„Und? Wie lang ist seine Zunge denn geworden?", fragte George begierig.
„Sie war über einen Meter lang, als die Eltern mir endlich erlaubt haben, sie schrumpfen zu lassen!"
Harry, Ron und die Zwillinge brachen erneut in Gelächter aus.
„Das ist echt nicht lustig", murrte ich und setzte mich seufzend an den Tisch.
„Lucy hat recht!", rief Arthur. „Solches Verhalten beschädigt die Zauberer-Muggel-Beziehungen aufs Schwerste! Mein halbes Leben hab ich gegen die Misshandlung von Muggeln gekämpft und da kommen meine eigenen Söhne..."
„Wir haben es ihm nicht deshalb gegeben, weil er ein Muggel ist!", sagte Fred entrüstet.
„Nein, wir haben es ihm verpasst, weil er ein tyrannisches Riesenschwein ist", sagte George. „Stimmt doch, Harry?"
„Ja, das stimmt, Mr Weasley", sagte Harry ernst.
„Darum geht es hier nicht!", tobte Arthur weiter. „Wartet nur, bis ich es eurer Mutter erzähle!"
„Bis du mir was erzählst?", fragte eine Stimme hinter den Zwillingen.
Molly stand in der Küche, ihre Stirn durchzog misstrauische Falten.
„Ach, hallo, Harry, mein Lieber", sagte sie lächelnd, als sie ihn entdeckt hatte, dann wandte sie sich sofort mit blitzenden Augen ihrem Mann zu. „Arthur, erklär mir, was hier los ist."
Arthur zögerte. Ich spürte, dass er zwar ziemlich wütend auf Fred und George war, doch Molly hatte er eigentlich nichts von der ganzen Geschichte erzählen wollen. In der eintretenden Stille musterte Arthur nervös seine Frau.
Dann erschienen hinter Molly zwei Mädchen in der Küchentür. Die eine, mit sehr buschigem braunem Haar und recht großen Vorderzähnen, war Harrys, Rons und meine beste Freundin, Hermine Granger. Sie musste angekommen sein während wir bei Harry waren. Die andere, klein und rothaarig, war Rons jüngere Schwester Ginny. Beide lächelten Harry zu, Harry grinste zurück und Ginny lief scharlachrot an. Mir war schon aufgefallen, dass sie einen Narren an Harry gefressen hatte, seit er zum ersten Mal den Fuchsbau besucht hatte.
„Sag mir, was los ist, Arthur", wiederholte Molly mit bedrohlichem Unterton in der Stimme.
„Ach nichts, Molly", murmelte Arthur. „Fred und George haben nur – aber ich hab schon mit ihnen geschimpft..."
„Was haben sie diesmal wieder ausgefressen?", fragte Molly. „Wenn es irgendwas mit Weasleys Zauberhaften Zauberscherzen zu tun hat..."
Ich zuckte zusammen. Mein Blick glitt zu George. Entschuldigend sah er zu mir. Molly hatte also nicht nur eine Ahnung, sie wusste tatsächlich über alles Bescheid. Soviel hatte George mir nicht erzählt.
„Warum zeigst du Harry nicht, wo er schlafen kann, Ron?", sagte Hermine von der Tür her.
„Gute Idee", sagte Ron schnell.
„Ich komm mit euch", murmelte ich und folgte den dreien.
„Ja, wir kommen auch mit", sagte George.
„Ihr bleibt, wo ihr seid!", fauchte Molly.
Wir verdrückten uns aus der Küche und machten uns gemeinsam mit Hermine und Ginny auf den Weg durch den engen Flur und die klapprige Treppe empor, die im Zickzack durch das ganze Haus bis hoch zu den Dachkammern führte.
„Was bedeutet Weasleys Zauberhafte Zauberscherze?", fragte Harry, während wir die Stufen hinauf gingen.
Ron und Ginny lachten, Hermine und ich jedoch blieben stumm.
„Mum hat beim Putzen in Freds und Georges Zimmer einen Stapel Bestellformulare gefunden", erklärte Ron gedämpft. „Ellenlange Preislisten für das Zeug, das sie erfunden haben. Scherzartikel, du kennst das ja. Falsche Zauberstäbe und Süßigkeiten mit eingebauter Überraschung, 'ne ganze Menge davon. Einfach genial, ich hätte nie gedacht, dass sie so erfinderisch sind..."
„Schon seit langem hören wir es aus ihrem Zimmer ständig knallen", sagte Ginny, „aber wir wären nie darauf gekommen, dass sie dieses Zeug wie am Fließband herstellen. Wir dachten, sie stehen einfach auf Krach."
„Nur, das meiste davon – na ja, eigentlich alles – war ein wenig gefährlich", sagte Ron, „und dann, musst du wissen, wollten sie es auch noch in Hogwarts verkaufen. Da ist Mum an die Decke gegangen. Sie hat ihnen verboten, an den Sachen weiterzubasteln, und hat alle Bestellformulare verbrannt ... Sie ist ohnehin sauer auf die beiden. Sie haben nicht so viele ZAGs gekriegt, wie sie erwartet hat."
„Kurz um, es hat es diesen Riesenkrach gegeben", fügte ich hinzu. „Molly will, dass die beiden sich im Zaubereiministerium bewerben, wo Arthur arbeitet, aber sie meinten, sie wollten nur einen Scherzartikelladen aufmachen. Allerdings wusste ich auch nicht, dass Molly bereits so viel von dem, was vor sich geht, weiß."
Das es bereits eine neue Einkaufsliste gab, und die neuen Bestellformulare nur noch eine Frage der Zeit waren, behielt ich vorerst lieber für mich.

Das Zimmer, unter dem Dach des Hauses, wo Ron schlief, sah immer noch gleich aus. Dieselben Spieler auf den Postern von Rons Lieblingsteam, den Chudley Cannons, wirbelten und winkten von den Wänden und von der schrägen Decke, und das Aquarium auf der Fensterbank, in dem damals noch Froschlaich gewesen war, beherbergte nun einen riesigen Frosch. Rons alte Ratte, Krätze, war nicht mehr da, stattdessen die winzige graue Eule, die Ron geschenkt bekommen hatte. Sie hüpfte in einem kleinen Käfig auf und ab und zwitscherte wie verrückt. Ich war nicht oft bei Ron im Zimmer. Wir hatten uns eher im Wohnzimmer unten aufgehalten oder im Zimmer der Zwillinge.
„Aber nun mal ein anderes Thema", fing ich an und ließ mich auf die kleine rote Couch unter dem einzigen Fenster im Raum fallen. „Schönen Sommer verbracht, Harry? Hat unsere Drohung geklappt?"
„Jaaa", antwortete er grinsend.
„Und die Fresspakete?", fragte Hermine. „Alle angekommen?"
„Ja. Ihr habt mich wirklich gerettet, danke."
Pigwidgeon flatterte aufgeregt in seinem Käfig und schrie schrill.
„Schnauze, Pig", grummelte Ron genervt zur der Eule.
„Ähm – warum nennst du diese Eule Pig?", fragte Harry.
„Weil Ron doof ist", warf Ginny ein. „Sein richtiger Name ist nämlich Pigwidgeon."
„Ja, und das ist überhaupt kein doofer Name", sagte Ron trocken. „Ginny hat ihm den Namen gegeben", erklärte er Harry. „Sie findet ihn süß. Und ich wollte ihn noch ändern, aber es war zu spät, er hörte auf überhaupt nichts anderes mehr. Also heißt er jetzt eben Pig. Ich muss ihn hier oben behalten, weil er Errol und Hermes ständig ärgert. Mich übrigens auch, kann ich dir sagen."
„Ich find den Namen auch süß", grinste ich. „Auf jeden Fall besser als jeder einzelne deiner Vorschläge!"
„Wo ist Krummbein?", fragte Harry Hermine als er sich im Raum umsah.
„Draußen im Garten, glaub ich", sagte sie. „Er hat noch nie einen Gnomen gesehen und jagt sie wie die Mäuse."
„Ich hab ihn eben zusammen mit Flöckchen draußen gesehen", antwortete ich.
„Und hast du was von –?", setzte Ron an, doch Hermines Blick ließ ihn verstummen. Ich wusste, dass er nach Sirius fragen wollte. Ron und Hermine hatten bei Sirius' Flucht tatkräftig mitgeholfen und waren jetzt beinahe ebenso um unseren Paten besorgt wie wir. Allerdings war es nicht gut, wenn Ginny alles hörte. Ich für meinen Teil war auch neugierig ob Sirius und Harry Kontakt gehalten hatten. Tatsächlich war ich noch gar nicht so weit gekommen Sirius zu schreiben.
„Sie haben aufgehört zu streiten", sagte Hermine, um den peinlichen Moment zu überbrücken, denn Ginnys Blick wanderte neugierig von Ron zu Harry. „Sollen wir runtergehen und deiner Mum mit dem Abendessen helfen?"
„Sollten wir wohl", seufzte ich. „Es war gestern schon ein wildes Durcheinander als Charlie und Bill ankamen. Jetzt sind wir noch mal zwei Leute mehr."
Dadurch war es beschlossene Sache und so gingen wir hinunter um Molly beim Essen zu helfen.

Licht oder Dunkelheit - Die Geschichte der Potter Zwillinge #4 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt