Unverzeihliche Flüche 1

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Auch nach dem Wahrsagen Unterricht herrschte betretenes Schweigen zwischen uns welches auch beim Abendessen nicht gebrochen werden konnte.
„Moody!"
Ich zuckte zusammen. Fred und George kamen zusammen mit Lee auf uns zu. „Wie cool ist er?"
Fred, der übers ganze Gesicht strahlte, setzte sich mir gegenüber.
„Ultracool", sagte George und setzte sich wie immer an meine Seite.
„Supercool!", rief Lee und rutschte auf den Stuhl neben Fred. „Wir hatten ihn heute Nachmittag", erklärte er Harry und Ron.
„Und wie war's?" fragte Harry neugierig. Fred, George und Lee tauschten bedeutungsschwere Blicke.
„So 'ne Stunde hab ich noch nie erlebt", antwortete Fred.
„Er weiß es, Mann", sagte Lee.
„Weiß was?", fragte Ron und beugte sich vor.
„Weiß, wie es ist, dort draußen zu sein und es zu tun", antwortete George eindringlich.
„Was zu tun?", fragte Harry.
„Gegen die schwarzen Magier zu kämpfen", sagte Fred.
„Er hat alles erlebt" , sagte George.
„Irre", bestätigte Lee.
Ich hörte dem Gespräch nur mit halben Ohr zu. Ich wusste, dass es nichts gutes zu bedeuten hatte, wusste, dass ich die Mauer nicht hätte fallen lassen dürfen. Ich war froh, dass die Jungs Harry und Ron scheinbar hatten davon ablenken können doch ich konnte Sirius Gesicht nicht vergessen. Seine kalten leblosen Augen vor Schock geweitet, der Mund weit geöffnet wie zu einem stummen Schrei.. wenn man davon absah hatte er gut ausgesehen. Fast wie früher auf den Bildern von Mum und Dad. Älter, aber gut, gesund.
Als ich Sirius das letzte Mal gesehen hatte war er aus Askaban geflüchtet. Er war abgemagert, bestand fast nur noch aus Haut und Knochen und die wochenlange Flucht hatte ihre Spuren auf dem einst hübschen Gesicht hinterlassen. Davon war auf den Bilder, die ich gesehen hatte, nichts mehr zu sehen.
Hieß das es ging ihm gut, da wo er grade war? Ich hoffte es. Zumindest für den Moment.
Es war unmöglich für mich herauszufiltern wann es gesehen würde da die zwei Personen so unterschiedlich aussahen, dass ich fast gedacht hätte es würden noch Jahre zwischen heute und dem Ereignis der Vision vergehen. Doch ich wusste es besser. Diese Bilder wollten gesehen werden. Ich hatte es nicht verhindern können. Das hieß es würde in naher Zukunft geschehen. Vielleicht dieses Jahr, vielleicht nächstes oder übernächstes, aber auf keinen Fall länger...

Doch spätestens am nächsten Tag wurden auch meine Gedanken auf etwas anderes gelegt.
Wir hatten uns grade auf unsere Plätze im Klassenraum für Verteidigung gegen die dunklen Künste gesetzt und unsere Bücher herausgeholt als wir dumpfe, pochende Schritte den Gang entlanghallen hörten. Schon kam Moody, unheimlich und furchterregend, wie er war, zur Tür herein. Den hölzernen Klauenfuß konnte ich eben noch unter seinem Umhang hervorlugen sehen.
„Die könnt ihr wieder wegstecken", knurrte er, humpelte zu seinem Tisch und setzte sich, „diese Bücher. Die braucht ihr nicht."
Harry, Ron, Hermine und ich tauschten einen neugierigen Blick aus und räumten unsere Bücher wieder in die Taschen. Moody zog eine Liste hervor, schüttelte seine lange grauweiße Haarmähne aus dem zerfurchten und vernarbten Gesicht und begann unsere Namen aufzurufen, wobei sein normales Auge langsam die Liste entlangwanderte, während das magische Auge umherhuschte und jeden Schüler, der sich meldete, scharf ansah.
„Gut denn", sagte er, nachdem er den Letzten aufgerufen hatte. „Ich habe hier einen Bericht von Professor Lupin über den Wissensstand der Klasse. Sieht aus, als hättet ihr eine recht gründliche Ausbildung im Umgang mit schwarzen Kreaturen – ihr habt Irrwichte, Rotkappen, Hinkepanks, Grindelohs, Kappas und Werwölfe durchgenommen, stimmt das?"
Allseits zustimmendes Murmeln.
„Aber ihr liegt zurück – weit zurück – im Umgang mit Flüchen", sagte Moody. „Daher will ich euch mal ausführlich beibringen, was Zauberer sich gegenseitig antun können. Ich habe ein Jahr, um euch zu lehren, wie man mit den dunklen..."
„Was, Sie bleiben nicht länger?", platzte Ron heraus. Moodys magisches Auge flutschte herum und starrte Ron an. Ron schien aufs Äußerste gespannt, doch einen Moment später breitete sich ein Lächeln auf Moodys Gesicht aus. Irgendwie wirkte es ein wenig grotesk. Sein vernarbtes Gesicht erschien dadurch nur noch zerfurchter und verzerrter, und dennoch war es eine Erleichterung zu sehen, dass er auch zu so etwas Freundlichem wie einem Lächeln fähig war. Ron wirkte, als wäre ihm ein Stein vom Herzen gefallen.
„Du bist doch Arthur Weasleys Sohn, he?", fragte Moody. „Dein Vater hat mich vor ein paar Tagen aus einer ganz üblen Klemme rausgeholt... ja, ich bleibe nur dieses eine Jahr hier. Und das auch nur, um Dumbledore einen Gefallen zu tun... ein Jahr, und dann kehre ich wieder in den Frieden meines Ruhestands zurück."
Er lachte rau und schlug die knochigen Hände zusammen.
„Also, legen wir gleich los. Flüche. Es gibt sie in vielen Stärken und Gestalten. Dem Zaubereiministerium zufolge soll ich euch Gegenflüche lehren und es dabei belassen. Eigentlich darf ich euch die verbotenen schwarzen Flüche erst zeigen, wenn ihr in der sechsten Klasse seid. Vorher seid ihr angeblich noch zu jung, um damit fertig zu werden. Aber Professor Dumbledore hält mehr von eurem Nervenkostüm, er denkt, ihr schafft es, und ich sage, je früher ihr wisst, wogegen ihr antretet, desto besser. Wie sollt ihr euch denn gegen etwas verteidigen, was ihr nie gesehen habt? Ein Zauberer, der euch mit einem verbotenen Fluch verhext, wird euch nicht sagen, was er vorhat. Er wird euch dabei ins Gesicht lächeln. Ihr müsst darauf vorbereitet sein. Ihr müsst wachsam sein und ständig auf der Hut. Also ... weiß jemand von euch, welche Flüche vom Zaubereigesetz mit den schwersten Strafen belegt werden?"
Ein paar hoben vorsichtig die Hände, darunter auch Ron, Hermine und auch ich. Snape hatte mir schon früh von den drei verbotenen Flüchen erzählt, von denen die man die unverzeihlichen Flüchen nannte. Moody deutete auf Ron.
„Ähm", sagte Ron zögernd, „mein Dad hat mir von einem erzählt ... heißt er Imperius-Fluch oder so?"
„Ah ja", sagte Moody anerkennend. „Den kennt dein Vater natürlich. Hat dem Ministerium schon mal heftiges Kopfzerbrechen bereitet, dieser Imperius-Fluch."
Moody stellte sich schwer atmend auf seine ungleichen Füße, öffnete die Schublade seines Tisches und nahm ein Einmachglas heraus. Drei große schwarze Spinnen krabbelten darin herum. Ich sah Ron aus dem Augenwinkel ein Stück zurück weichen. Er hasste Spinnen, was nach unserem Abenteuer im zweiten Schuljahr und der Begegnung mit Aragog bestimmt nicht besser geworden war. Moody langte in das Glas, fing eine Spinne ein und legte sie auf seinen Handballen, so dass alle sie sehen konnten. Dann richtete er seinen Zauberstab auf sie und murmelte: „Imperio!"
Die Spinne schwang sich an einem dünnen Faden von Moodys Hand und begann hin und herzuschwingen wie an einem Trapez. Sie streckte die Beine aus, legte einen Salto rückwärts ein, riss den Faden durch, landete auf dem Tisch und begann im Kreis Rad zu schlagen. Moody schwang seinen Zauberstab, und die Spinne stellte sich auf zwei Hinterbeine und legte, wie es aussah, einen Stepptanz hin. Alle lachten – alle außer Moody, Hermine und ich. Spinnen waren nun auch wirklich nicht meine größten Freunde aber es war unnötig grausam ihnen ihre Freiheit zu nehmen, ihren freien Willen. Sie würde ihre Freunde angreifen, ihre Kameraden... und sie würde es nicht einmal merken.
„Lustig, nicht wahr?", knurrte Moody. „Würdet ihr es auch lustig finden, wenn ich das mit euch machen würde?"
Das Lachen erstarb mit einem Schlag. „Vollkommene Unterwerfung", sagte Moody leise, während die Spinne sich zusammenrollte und über den Tisch kugelte. „Ich könnte sie dazu bringen, aus dem Fenster zu hüpfen, sich zu ersäufen, sich in einen von euren offenen Mündern zu stürzen..."
Ron erschauderte unwillkürlich.
„Vor einigen Jahren gab es eine Menge Hexen und Zauberer, die vom Imperius-Fluch beherrscht waren", erklärte Moody, und ich wusste, dass er über die Tage sprach, in denen Voldemort auf dem Höhepunkt seiner Macht war. „War keine leichte Aufgabe fürs Ministerium herauszufinden, wer unterworfen war und wer aus seinem freien Willen heraus handelte."
Ich sah zu Boden. Wenn ich ehrlich war war dies meine größte Angst. Es benötigte keine Folterung um den Geist zu brechen. Würde Voldemort mich in seine Finger bekommen könnte er mich einfach verzaubern... Moody schien dies zu bemerken.
„Der Imperius-Fluch kann bekämpft werden, und ich werde euch beibringen, wie. Doch das verlangt wirkliche Charakterstärke und nicht alle besitzen die. Passt lieber auf, dass ihr nicht zum Opfer dieses Fluchs werdet", sagte er und brachte mich dazu wieder aufzusehen. Sein blaues Auge schien mich zu fixieren. Meine Hand glitt nach oben und Moody nickte mir zu.
„Was genau meinen Sie wenn Sie sagen er kann bekämpft werden? Könnte sich jemand der unter dem Imperius Fluch steht befreien?"
„Durchaus", antwortete er. „Aber es ist nicht einfach und wie ich schon sagte, man braucht Charakterstärke dafür."
Ich nickte zum Zeichen, dass ich verstanden hatte. Das hieß es war noch nicht alles vergebens. Es gab Hoffnung, selbst wenn Voldemort mich gefangen nehmen sollte. Ich konnte kämpfen.

Licht oder Dunkelheit - Die Geschichte der Potter Zwillinge #4 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt