Eine Warnung

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Wir hatten grade die Loge erreicht als Cornelius Fudge, der Zaubereiminister persönlich, hereintrat. Sein Blick fiel auf Harry und mich und sofort eilte er zu uns, begrüßte uns und stellte uns die Zauberer in seiner Begleitung vor.
„Lucy und Harry, wissen Sie", verkündete er lauthals dem bulgarischen Minister, der kein Wort Englisch zu verstehen schien. „Oh, nun aber, Sie wissen schon... die beiden die Du-weißt-schon-wen überlebten... gewiss kennen Sie sie..."
Plötzlich bemerkte der bulgarische Zauberer Harrys Narbe und deutete unter lautem Geschnatter mit dem Finger auf uns beide.
„Wusste doch, wir schaffen es", sagte Fudge entnervt zu uns gewandt. „Ich bin kein großes Sprachgenie, für so et- was brauch ich Barty Crouch. Aah, seine Hauselfe besetzt ihm einen Platz... war auch nötig, diese bulgarischen Mistkerle haben versucht, sich die besten Plätze allesamt unter den Nagel zu reißen... ah, und hier kommt Lucius!"
Ich wirbelten herum. Zu den drei noch freien Plätzen in der zweiten Reihe direkt hinter Arthur drängten sich Lucius Malfoy, sein Sohn Draco und eine Frau, die, wie ich vermutete, Dracos Mutter sein musste.
Dracos Mutter war blond; groß und schlank wie sie war, wäre sie hübsch gewesen, wenn sie nicht ein Gesicht gemacht hätte, als hätte sie einen üblen Geruch in der Nase.
„Ah, Fudge", sagte Lucius und streckte dem Zaubereiminister die Hand entgegen. „Wie geht's? Ich glaube, meine Frau Narzissa kennen Sie noch nicht? Und unseren Sohn, Draco?"
Ernst sah Draco zu mir, sag fast schuldbewusst aus. Verwirrt erwiderte ich seinen Blick doch ich wusste, dass ich in einer Situation wie dieser nicht offen mit dem jungen Malfoy reden konnte.
„Angenehm, angenehm", sagte Fudge lächelnd und verbeugte sich vor Lucius. „Darf ich Ihnen Mr Oblansk vorstellen. Obalonsk, nun ja, er ist der bulgarische Zaubereiminister, und er versteht ohnehin kein Wort von dem, was ich sage, also egal. Und mal sehen, wer noch? Sie kennen Arthur Weasley, nehme ich an?"
Einen Moment lang herrschte äußerste Spannung. Arthur und Lucius musterten sich gegenseitig. Lucius kalte graue Augen schweiften über Arthur und dann die Sitzreihe entlang.
„Meine Güte, Arthur", sagte er leise. „Was mussten Sie denn verkaufen, um Plätze in der Ehrenloge zu bekommen? Ihr Haus hätte sicher nicht genug gebracht?"
Er nickte Arthur herablassend zu und ging weiter die Reihe entlang zu seinem Platz. Draco und seine Mutter folgten ihm. Besorgt sah ich ihnen nach. Draco saß unruhig zwischen seinen Eltern und warf mir immer wieder Blicke zu.
„Schleimiges Pack", murmelte Ron, und wandte sich dem Spielfeld zu. In diesem Augenblick platzte Ludo Bagman in die Loge.
„Alle bereit?", rief er, und sein rundes Gesicht strahlte wie ein großer, erhitzter Edamer.
„Minister, sind Sie bereit?"
„Von mir aus können Sie loslegen", sagte Fudge gut gelaunt. Ludo zückte seinen Zauberstab, richtete ihn gegen die eigene Kehle und sagte: „Sonorus!"
Dann erhob er die Stimme über die Wolke aus Lärm, die das ausverkaufte Stadion erfüllte. Seine Stimme hallte über dem Publikum wider und dröhnte in jede Ritze der Tribünen.
„Meine Damen und Herren... willkommen! Willkommen zum Endspiel der vierhundertundzweiundzwanzigsten Quidditch-Weltmeisterschaft!"
Die Zuschauer kreischten und klatschten. Tausende von Flaggen wehten, und die vielstimmig und falsch gesungenen Nationalhymnen steigerten den Trubel noch. Auf der riesigen Tafel gegenüber wurde der letzte Werbespruch gelöscht und es erschien in flammender Schrift: BULGARIEN: NULL, IRLAND: NULL.
„Und jetzt möchte ich Ihnen ohne weiteres Brimborium unsere Gäste vorstellen... die bulgarischen Mannschaftsmaskottchen!"
Die rechte Kurve des Stadions, ein einziger scharlachroter Block, gab dröhnend und juchzend seine Freude kund.
„Was die wohl mitgebracht haben?", fragte Arthur aufgeregt und beugte sich über die Brüstung. „Aaah!"
Auf einmal riss er sich die Brille von der Nase und putzte sie eilends an sei- nem Pullunder.
„Veela!"
„Was sind Veel–?"
Hundert Veela glitten nun hinaus über das Spielfeld und beantworteten Harrys Frage. Veela waren Frauen... die schönsten Frauen, die ich je gesehen hatte... nur das sie unmöglich... wirkliche Menschen sein konnten. Ich versuchte einen Moment lang mit wirrem Kopf zu enträtseln, was sie denn sonst sein konnten; was konnte ihre Haut so mondhell schimmern lassen, was konnte ihr weißgoldenes Haar so wehen lassen, wo es doch windstill war... doch dann setzte die Musik ein und mir war es gleich, ob sie menschlich waren oder nicht – in Wahrheit war mir alles egal. Die Veela hatten zu tanzen begonnen und ich hatte das Gefühl nie etwas schöneres gesehen zu haben.
„Und nun", dröhnte Ludo Bagmans Stimme erneut, „heben Sie bitte alle Ihre Zauberstäbe in die Luft für die Maskottchen der irischen Nationalmannschaft!"
In diesem Augenblick schien ein großer grüngoldener Komet ins Stadion zu rauschen. Er drehte eine Runde und teilte sich dann in zwei kleinere Kometen, die jeweils auf eine Torseite des Spielfelds zusausten. Ein Regenbogen spannte sich plötzlich über das Spielfeld und verband die beiden Lichtkugeln. Die Menge rief Oooh und Aaah, wie bei einem Feuerwerk. Nun verblasste der Regenbogen, die Lichtkugeln flogen aufeinander zu, verschmolzen und bildeten ein großes schimmerndes Kleeblatt, das in den Himmel stieg und über die Tribünen hinwegschwirrte. Eine Art goldener Regen schien sich daraus zu ergießen.
„Klasse!", rief Ron, als das Kleeblatt über ihre Köpfe rauschte und schwere Goldmünzen auf uns herunterregnen ließ, die über Köpfe und Sitze kullerten. Ich spähte in die Höhe und erkannte, dass das Kleeblatt in Wahrheit aus Tausenden kleiner Männchen mit roten Schürzen bestand, von denen jedes eine winzige grün und rot leuchtende Laterne hielt.
Als jemand von hinten auf meine Schulter tippte zuckte ich zusammen.
„Ich bin's", hauchte mir jemand ins Ohr. Ich erkannte Dracos Stimme. „Sie sind grade alle in die Show vertieft. Uns wird niemand beachten. Folg mir."
Ich sah zu den anderen hinüber deren Augen auf das Spielfeld gerichtet waren. Der Anblick der irischen Kobolde und der Veela schienen sie fast schon verzaubert zu haben.
Leise stand ich auf und schlich mich mit Draco zusammen aus dem Stadion.
Schnellen Schrittes ging er über den Zeltplatz. Schweigend folge ich ihm. Ich wusste nicht was seine Absicht war oder wonach er suchte doch ich wusste, dass wenn er reden wollte, er es tun würde. Wir machten erst Halt als wir einen kleinen Wald erreichten. Draco setzte sich ins hohe Gras und starrte ernst ins Grün.
„Wie waren die Ferien?", fragte er ohne aufzusehen. Ich hob eine Augenbraue. Für diese Frage hatte er mich doch nicht soweit vom Spielfeld weg gelockt.
„Ganz okay", antwortete ich verwundert und setzte mich neben ihn. „Ich war bei den Weasleys."
„Wie kommt's?", fragte er und sah nun seinerseits überrascht aus. Ich griff nach einem Stock neben mir und stocherte in der Erde herum.
„Ich hatte Streit mit Severus", gab ich zu. „Er hat etwas getan über das ich nicht einfach hinweg sehen kann. Es tut weh soweit weg von ihm zu sein aber..."
„Aber du hast einfach Abstand gebraucht um deine Gedanken zu klären", schloss Draco. Verblüfft nickte ich.
„Ja genau."
„Ja ich glaube ich brauche die Zeit auch", murmelte Draco so leise, dass ich mir nicht mal sicher war ob er es wirklich gesagt hatte. Für eine Weile breitete sich Schweigen zwischen uns aus das nur gelegentlich von der grölenden Masse im Stadion unterbrochen wurde.
„Etwas wird geschehen", sagte Draco nach einer Weile.
„Was?", fragte ich verwirrt und sah zu ihm auf. Draco biss sich auf die Lippe und schien mit sich zu kämpfen.
„Etwas wird geschehen", wiederholte er.
„Was meinst du damit?", fragte ich nach.
„Ich kann's dir nicht sagen", antwortete er fast schon frustriert und sein Blick wurde flehend.
„Was ist passiert?"
Draco sah zurück ins Gras.
„Vor ein paar Tagen kam ein Mann zu uns", fing er leise an zu erzählen. „Mein Vater schien ihn zu kennen doch der Mann blieb nicht lange und viel zu sagen hatte er auch nicht. Was er jedoch sagte verunsicherte mich."
„Was hat er gesagt?", fragte ich drängend. Ich hatte gar kein gutes Gefühl bei der Sache.
„Er warnte meinen Vater nach dem Spiel den Zeltplatz direkt zu verlassen. Ich konnte nicht verstehen warum doch ich habe kein gutes Gefühl bei der Sache. Vor allem..."
Draco biss sich auf die Lippe.
„Vor allem was?", fragte ich nach und legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter. Draco sah zu mir und für den Hauch einer Sekunde blitzte Sorge in seinen Augen auf.
„Dieser Mann - er sprach über dich."
„Über mich?"
Draco nickte bitter.
„Er sagte du müsstest beschützt werden. Der dunkle Lord will dich für sich haben deswegen darf dir kein Leid geschehen bis er zurück kehrt."
Ernst sah Draco in meine Augen.
„Sie wollen dich gefangen nehmen."
„Was?"
Mir war als hätte jemand eiskaltes Wasser über den Kopf gekippt. Mein Verstand war glasklar. Er will dich für sich. Eigentlich war dies keine neue Nachricht für mich.
„Sie wollen dich gefangen nehmen, Lucy!", wiederholte Draco seine Worte. Diesmal konnte ich die Sorge deutlich aus seiner Stimme hören.
„Gefangen nehmen?", hauchte ich verständnislos. „Sie wollten mich gefangen nehmen?"
Wie weit wird er gehen um mich auf seine zu ziehen?
Es war lange her, dass ich darüber nachgedacht hatte doch jetzt grade kamen diese Gedanken wieder. Übelkeit stieg in mir auf als mir schlagartig etwas anderes in den Sinn kam. Sämtliche Farbe wich aus meinem Gesicht.
„Das heißt er wird bald zurück kehren", murmelte ich. Draco antwortete nicht doch das brauchte er auch nicht. Auch ohne eine Antwort wusste ich es. Zusätzlich dazu würde etwas geschehen, dass so schlimm war, dass ich rausgehalten werden musste um nicht zu schaden zu kommen?
Fassungslos saß ich dort. Wirre Gedanken wirbelten durch meinen trägen Verstand doch ich vermochte nicht einen von ihnen zu fassen. Draco warf mir beunruhigte Blicke zu, fast als würde er es bereuen es überhaupt ausgesprochen zu haben. Dabei traf ihn am allerwenigstens Schuld. Das ich Bescheid wusste war vielleicht sogar ganz gut. So konnte ich mich wenigstens hüten doch... das ich Angst hatte konnte ich nicht leugnen.
„Du wirkst nicht überrascht", merkte Draco an. Langsam schüttelte ich den Kopf.
„Ich wusste bereits, dass er hinter mir her sein würde sollte er jemals zurück kehren", gab ich zu.
„Woher konnte er sich sicher sein, dass ich hier sein würde?"
„Ich weiß es nicht", antwortete Draco und sah nachdenklich zu dem Stadion hinüber. „Habt ihr einen Verräter?"
„Völlig unmöglich", antwortete ich und schüttelte energisch den Kopf. „Nur die Weasleys und Harry wussten, dass ich heute hier sein würde. Nicht einmal Severus wusste es."
Doch dann fiel es mir ein. Ich kramte in meiner Jacke nach der Eintrittskarte und tatsächlich. Ich hielt sie Draco hin.
„Es gibt einen Verräter im Ministerium."
„Das wäre die einzige logische Erklärung", murmelte ich. „Und wenn es einen Verräter im Ministerium gibt..."
Ich wagte nicht den Gedanken weiter zu auszusprechen.

Licht oder Dunkelheit - Die Geschichte der Potter Zwillinge #4 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt