VIERZEHN

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Minho PoV:

Während sein Schluchzen allmählich leiser wird, streiche ich ihm behutsam die Tränen von der Wange und bewege meine Lippen weiter sanft gegen seine. Es tut so weh ihn so zu sehen. Ich möchte nicht, dass er so sehr leidet. Er denkt die ganze Welt hasst ihn, aber das stimmt nicht. Ich mag ihn, sehr sogar und wenn ich das tue, wird es auch jemand anderen geben, der das tut. Jemand der ihm so zur Seite stehen kann, wie er es braucht und verdient hat. In meinem Leben ist kein Platz für ihn. Und selbst wenn, würde es ihn auf Dauer zu sehr verändern. Ich bin kein guter Einfluss für ihn.

Nach einer Weile beruhigt sich der Jüngere endgültig, weshalb ich mich allmählich von ihm löse und mit Tränen in den Augen zu ihm hinunter sehe. Wieso musste es ausgerechnet er sein? Wieso ist er derjenige, der mein Herz in seinen Händen hält? Er ist der einzige der mir meinen Schmerz nehmen kann, aber das ist es nicht wert. Ich habe gelernt damit zu leben, auch ohne ihn. Und trotzdem macht er es mir unglaublich schwer. Ich will ihm helfen, für ihn da sein, aber ich weiß, dass es nicht richtig ist. Wenn ich ihn mit in meine Dunkelheit hineinziehe, wird er von ihr verschluckt werden.

„Halte noch etwas durch. Du wirst den Richtigen finden." Mit zittriger Stimme streiche ich Jisung behutsam die Haare aus dem Gesicht und sehe in seine geschlossenen Augen. Er sollte nicht in meiner Nähe bleiben, sonst verliere ich irgendwann meine Beherrschung, so wie gerade. Ich konnte zwar seinen Schmerz lindern, aber es ist keine Lösung für die Ewigkeit. Wenn wir so weitermachen, wird irgendwann der Moment kommen, an dem einer von uns beiden abstürzt. Und da ich bereits in der Hölle bin, werde ich nicht derjenige sein.

Jisung PoV:

Noch ziemlich müde gebe ich ein leises Stöhnen von mir und vergrabe mein Gesicht tief in der Bettdecke, als sich die ersten Sonnenstrahlen dazu entscheiden mir auf die Nerven zu gehen. Ich habe bis gerade so gut geschlafen und will wirklich nicht aufstehen, auch wenn ich mir bewusst bin, dass das hier nicht mein Bett ist. Um ehrlich zu sein habe ich nicht erwartet, dass Minho's Bett so bequem ist und dazu so schön nach ihm riecht. Am liebsten würde ich für den Rest meines Lebens hier liegen bleiben, aber das wird Minho niemals zulassen.

Nach etwa zehn weiteren Minuten richte ich mich schließlich gähnend in seinem Bett auf und lasse dabei meinen Blick nachdenklich durchs Zimmer wandern. Ich kann mich irgendwie nicht mehr an alles von gestern Abend erinnern. Ich weiß noch, dass ich in der Küche am Tisch gesessen und auf Minho gewartet habe. Aber alles danach ist weg. Ich muss wohl eingeschlafen sein. So viel zu dem Thema ich muss meine Zeit mit ihm gut nutzen. Er ist bestimmt total sauer, weil ich so ein Durcheinander in seiner Küche angerichtet habe. Ich sollte mich wohl besser dafür bei ihm entschuldigen, aber wo ist er überhaupt?

Etwas widerwillig erhebe ich mich von diesem Traumbett und sehe dabei ziemlich irritiert an mir hinunter. Was ist das für ein Pullover und wo ist meine Hose? Was ist letzte Nacht passiert? Haben wir..? Nein, daran würde ich mich definitiv erinnern, oder? Und ich trage ja auch noch meine Boxershorts. Ich sollte nicht diese dummen Gedanken haben. Minho würde mich vermutlich noch nicht einmal mit der Kneifzange anfassen. Er würde mir wahrscheinlich noch nicht einmal eine Umarmung geben, wenn ich ihn darum bitten würde.

„Na, bist du auch endlich wach." Sichtlich überrascht komme ich wenig später in der Küchentür zum stehen und sehe dabei mit großen Augen zu Minho hinüber, welcher mit Schürze vor dem Herd steht. Er sieht so anders aus. Er trägt einen hellblauen Pullover, dazu eine lockere Jogginghose und auf seinen Lippen ist ein leichtes Lächeln zu sehen, während er zu mir hinübersieht. „Ich bin nach deinem Experiment von gestern davon ausgegangen, dass du Omeletts magst, also habe ich uns welche zum Frühstück gemacht." Habe ich mich gerade verhört? Minho hat mir, nein uns Frühstück gemacht?

„Wenn du auch einen Kaffee trinken möchtest, kannst du schon mal welchen kochen. Vorausgesetzt du weißt wie das geht." Er deutet kurz zu seinem Kaffeekocher hinüber, bevor er sich wieder der Pfanne auf dem Herd widmet. Irgendwie ist er komisch. Träume ich noch? „Ich habe noch nie Kaffee getrunken." Leise murmelnd tapse ich zögerlich auf ihn zu und werfe einen Blick über seine Schulter hinweg auf die Pfanne. Das sieht viel besser aus als bei mir gestern und es riecht wirklich lecker. „Du solltest es mal probieren. Es hilft bestimmt gegen deinen Kater."

„Meinen Kater?" Erwidere ich verwirrt, doch kann meine Augen dabei nicht von seinen Händen lassen. Wie geschickt er mit dem Pfannenwender umgeht. „Erinnerst du dich nicht mehr? Du hast gestern zu viele Pralinen gegessen. Da war Alkohol drin. Danach warst du völlig neben der Spur." „Ach deswegen waren sie so eklig." Jetzt erinnere ich mich wieder, zumindest an einen Teil. „Wenn sie so eklig waren, warum hast du sie dann gegessen? Du hattest Glück, dass ich sie noch nicht mit Gift gefüllt hatte." Da ist er wieder, der Minho den ich kenne. Kein Grund gleich so böse zu werden. Es ist ja nichts passiert.

„Nervennahrung..." Beschämt weiche ich langsam von ihm zurück und lasse mich am Küchentisch nieder. Jetzt wo ich die Pralinenschachtel sehe, habe ich wirklich viel davon gegessen. Kein Wunder, dass ich mich an nichts von gestern Abend erinnern kann. Ich habe noch nie zuvor so richtig Alkohol getrunken. „Jisung, du solltest nicht alles so in dich hineinfressen. Geh ein bisschen unter Menschen, dann wirst du merken, dass du mich nicht brauchst. Du bist schließlich ein liebenswerter Mensch. Also mach nichts Unüberlegtes." Wie kommt er auf einmal darauf?

***
Weil er sich mehr um dich sorgt, als du denkst

Darkness // MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt