EINS

1.1K 89 26
                                    

Minho PoV:

Noch ein letztes Mal werfe ich einen Blick hinter mir auf die Müllsäcke, ehe ich mich an den Überwachungskameras in den Straßen vorbei bewege. Es ist mitten in der Nacht und somit ist auch niemand mehr unterwegs, dem ich begegnen könnte, weshalb ich mir unbemerkt den Weg nach hause bahnen kann. Es war ein anstrengender Tag und ich freue mich bereits auf meine warme Dusche, wie das Wasser mir die Spuren dieser Nacht vom Körper waschen wird.

Vor meiner Haustür angekommen streife ich mir die blauen Plastikhandschuhe von den Fingern und lasse diese in einem kleinen Beutel verschwinden, welchen ich schließlich tief in meiner Jackentasche vergrabe. Erst danach öffne ich die Tür, die mich in das Treppenhaus führt, wo ich hinauf in meine Wohnung gehe. Mit einem erschöpften Stöhnen streife ich mir dort meine Kleidung vom Leib und lasse sie auf eine Plastikplane hinunterfallen. Würde es sich nicht lohnen, würde ich mir diesen Aufwand nicht machen. Es verdächtigt mich niemand, aber dennoch sollte ich nicht unvorsichtig sein. Mit dem was ich tue kommt man schließlich nicht so leicht davon. Aber zum Glück habe ich nicht vor mich erwischen zu lassen. Dafür bin ich zu vorsichtig.

Nachdem ich mir ein neues paar Handschuhe angezogen habe, stecke ich meine dreckige Kleidung in die Waschmaschine, reinige gründlich die Plane und meine Handschuhe, ehe ich diese anschließend entsorge. Wenn der Müll morgenfrüh abgeholt wird, kann keiner mehr nachvollziehen was mit diesen Sachen angestellt wurde und von wem sie stammen. Eine Methode, die bisher immer aufgegangen ist.

Unter der Dusche spüle ich das restliche Blut von meinem Körper ab und genieße derweil jeden einzelnen Tropfen, der auf meine Haut hinab prasselt. Früher hatte ich an diesem Punkt noch ein schlechtes Gewissen, aber heute ist es Alltag geworden. Menschen kommen und gehen, aber manchmal muss eben etwas nachgeholfen werden. Irgendwann wird auch meine Zeit kommen, ob ich will oder nicht. Angst, die hab ich nicht. Warum auch? Wer sagt denn, dass der Tod etwas schlimmes ist? Qualvoll kann er durchaus sein, dass verleugne ich nicht. Aber danach wird es ganz ruhig. Man kann niemandem mehr schaden.

Jisung PoV:

Gedankenverloren scrolle ich auf meinem Handy hin und her ohne damit ein wirkliches Ziel zu verfolgen. Ich weiß nicht, wie ich es am besten beschreiben soll, aber irgendwie habe ich das Interesse in allem verloren. Es ist jeden Tag immer das Gleiche. Die Leute aus meiner Stufe posten mehr oder weniger schöne Fotos von sich und ihren Freunden, Tieren, Essen. In der Schule geht es immer nur darum, wer es mit wem getrieben hat, wo die nächste Party steigt und wie man dennoch die nächste Prüfung überlebt. Also ich kann dem Ganzen nichts abgewinnen. Es ist mir zu langweilig. Ich verstehe den Sinn dahinter nicht. Außerdem bin ich ohnehin überall unerwünscht.

Doch als auf einmal eine Nachricht mit einem Link in unserer Klassengruppe aufploppt, klicke ich ohne zu zögern auf diesen. Es ist ein Bericht oder eher ein Statement von der Polizei. Sie fordern die Bürger dazu auf sich nach 20 Uhr nicht mehr alleine auf der Straße zubewegen. Das heißt dann wohl, sie haben ihn immer noch nicht. Seit mittlerweile bestimmt einem Jahr werden hier in der Gegend immer wieder Leichen in verlassenen Straßengassen gefunden. Sie sagen, dass sie keinen Zusammenhang unter den Opfern finden und der Täter seine Opfer vollkommen willkürlich auswählt. Es sind Menschen jeder Altersklasse, sowohl Männer als auch Frauen und auch der Beruf spielt für ihn keine Rolle. Aktuell gehen sie allerdings davon aus, dass der Täter ein Mann mittleren Alters sein muss, weil er viel zu erfahren ist für einen Schüler oder ähnliches. Warum ich so viel darüber weiß? Wenigstens etwas interessantes in dieser Stadt, aber Angst macht es mir nicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich ausgewählt werde ist so gut wie nicht vorhanden.

„Jisungie kommst du runter zum Essen? Ich habe Pfannkuchen für dich gemacht." Ohne zu zögern schmeiße ich mein Handy an die Seite und springe von meinem Bett auf, bevor ich schnell die Treppe hinunterlaufe. Mit Pfannkuchen bekommt meine Mutter mich jedes Mal. „Mit Äpfeln?" Neugierig gucke ich kurz um die Ecke, bevor ich mit einem breiten Grinsen unsere Küche betrete. Es riecht so unglaublich gut. „Natürlich mein kleiner Engel." Lächelnd wuschelt mir meine Mutter durch die Haare, während ich mich über die Pfannkuchen hinüberlehne, um ihren Duft ganz tief einziehen zu können. Da läuft mir doch direkt das Wasser im Mund zusammen. „Du hast in letzter Zeit so viel für die Schule gelernt, da wollte ich dir damit eine Freude machen." „Du bist die beste Mama der Welt."

***
Ich wünsche euch allen ein Frohes neues Jahr und viel Spaß beim lesen dieses Buches, auch wenn es eigentlich ziemlich ernst sein wird.
In diesem Buch steckt wirklich viel Arbeit und ich hoffe es wird euch gefallen ^^

Darkness // MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt