Minho PoV:
Nachdem ich mein Aussehen noch einmal in der Spiegelung einer Autofensterscheibe geprüft habe, drücke ich nach kurzem Zögern schließlich auf die Türklingel von Jisung's Familienhaus. Oder zumindest von der Familie, die ihm noch geblieben ist. Felix hat mir erzählt, dass sein großer Bruder kurz nach dem Tod seines Vaters ausgezogen ist und der Kontakt zwischen ihnen seitdem immer seltener geworden ist. Ich frage mich, ob damals vielleicht etwas zwischen ihnen vorgefallen ist.
„Guten Tag, kann ich Ihnen irgendwie weiterhelfen?" Mit einem Mal öffnet sich die Tür vor mir und eine freundlich lächelnde Frau kommt zum Vorschein. So wie es aussieht, ist das wohl seine Mutter. „Ich würde gerne zu Jisung. Sein Klassenlehrer hat mir ein paar Aufgaben gegeben, die ich ihm bringen soll." Eigenartigerweise habe ich das Gefühl einen guten Eindruck auf sie hinterlassen zu müssen, auch wenn ich sie heute wahrscheinlich zum ersten und letzten Mal sehen werde. „Oh, das ist aber lieb von dir. Ich kann sie ihm geben. Er schläft gerade wahrscheinlich."
„Geht es ihm denn gut..?" Etwas unsicher überreiche ich ihr die Zettel, woraufhin sich erneut ein Lächeln auf ihrem Gesicht bildet. „Kein Grund zur Sorge. Er hat sich am Wochenende auf der Party irgendwas eingefangen und liegt seitdem mit Fieber im Bett. Es wird zwar langsam besser, aber er schläft die meiste Zeit über noch. Nächste Woche ist sicher wieder alles in Ordnung." Jisung scheint ihr also nichts von dem erzählt zu haben, was auf der Party eigentlich passiert ist. Eine Mutter würde sich doch sonst mehr Sorgen um ihr Kind machen, oder nicht?
„Minho..?" Auf einmal erklingt eine heisere Stimme hinter Jisung's Mutter, weshalb ich sichtlich überrascht über ihre Schulter hinweg zu einem ziemlich zerzausten Jungen sehe. „Jisung.." Er sieht wirklich nicht gut aus. Sein Gesicht ist ganz blass, seine Augen sind geschwollen und dunkel unterlaufen. Auf mich wirkt es so, als hätte er ziemlich viel geweint, was wahrscheinlich ganz alleine meine Schuld ist. Ich war zu hart zu ihm.
„Was machst du hier?" Noch recht wackelig auf den Beinen, kommt der Jüngere langsam auf uns zu, weshalb ich ihn anfangs nur schweigsam ansehe. Es tut weh ihn so zu sehen. Er ist meinetwegen in den Pool gesprungen und jetzt ist er derjenige, der damit zu kämpfen hat. Wohingegen es mir gut geht. Wieso hat er sich auch wieder in seine nassen Sachen hineingezwängt? „Ich wollte wissen wie es dir geht. Du warst die letzten Tage über nicht in der Schule und dein Lehrer hat mir ein paar Aufgaben für dich mitgegeben."
„Jetzt komm doch erst einmal rein. Da Jisung gerade wach ist, kann ich dir auch etwas zu trinken anbieten." Ohne auf eine Einwilligung zu warten, winkt sie mich in das Haus hinein und schließt daraufhin die Tür hinter uns. Ich will doch eigentlich nur mit Jisung reinen Tisch machen. Aber solange sie in unserer Gegenwart ist, geht das nicht, denn Jisung hat ganz offensichtlich sein Wort gehalten und niemandem auch nur eine Kleinigkeit über mich erzählt. „Was darf es denn sein? Ich habe fast alles da. Wasser, Cola, Kaffee, Kakao, Tee. Was auch immer du möchtest."
„Ein Kaffee wäre schön." Eigentlich will ich gerade nichts trinken, aber ich möchte auch nicht unhöflich sein. Sie scheint sich irgendwie darüber zu freuen, dass Jisung Besuch bekommt. „Was willst du wirklich hier?" Leise murrend und sichtlich angespannt sieht Jisung mich erwartungsvoll von der Seite an, während seine Mutter gerade in der Küche verschwindet. „Ich möchte mit dir reden. Es tut mir leid, wie das am Wochenende abgelaufen ist. Ich war ziemlich gemein zu dir."
„Wenn du mir wieder falsche Hoffnung machen willst, dann lass mich gefälligst in Ruhe. Noch einmal halte ich das nicht aus. Und denk daran, ich kenne dein dunkles Geheimnis. Mittlerweile habe ich auch keine Angst mehr davor es mit jemandem zu teilen." Ohne mir irgendwelche Emotionen zu zeigen, sieht er mir direkt in die Augen, weshalb ich kurz schlucken muss. Es ist nicht mehr da, dieses Funkeln in seinen Augen.
„Ich möchte dir keine Hoffnungen machen. Ich will, dass wir mit der Sache abschließen können und dazu gehört, dass ich dir die Wahrheit erzähle. Du kannst mich auch fragen, was du willst. Ich werde dir ehrlich antworten. Keine Lügen mehr, versprochen." Es vergeht ein Moment der Stille, in dem wir uns einfach nur ansehen, bis Jisung ein leises Seufzen von sich gibt. „Minho nimmt den Kaffee mit hoch in mein Zimmer. Er möchte mir noch ein paar der neuen Aufgaben erklären, weil ich so viel im Unterricht verpasst habe."
„Wenn das so ist, nehmt doch noch etwas zu knabbern mit nach oben. Es wäre gut, wenn du langsam mal wieder etwas essen würdest." Wenig später kommt seine Mutter mit der Tasse Kaffee und einer Schüssel Kekse auf uns zu, weshalb ich diese etwas überfordert entgegennehme. Ob meine Mutter auch so fürsorglich wäre, wenn sie noch leben würde? Eine der vielen Fragen, auf die ich wahrscheinlich niemals eine Antwort erlangen werde.
***
Ob das Gespräch so verlaufen wird, wie Minho sich das erhofft?
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Darkness // Minsung
Fiksi PenggemarWie ist das mit Gegensätze ziehen sich an? Sie färben wohl eher ab. Dunkle dreckige Geheimnisse können selbst die Unschuldigsten verderben. Lee Minho x Han Jisung !ACHTUNG - Trigger Warnung! • Boy x Boy • Mord / Gewalt / Mobbing • Depressionen...