ACHTUNDZWANZIG

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Jisung PoV:

„Eomma, hattest du nach Appa eigentlich schon einmal einen neuen Freund..?" Mit einem aufgesetzten Lächeln sehe ich kurz von meinem Teller zu ihr auf, bevor ich meinen Blick schnell wieder auf das Essen richte. Irgendwie habe ich Angst vor ihrer Antwort, aber ich muss wissen, ob Minho mir damals die Wahrheit gesagt hat. Ich kann einfach nicht glauben, dass sie einen Freund hinter meinem Rücken hat. Sie würde mir sowas doch erzählen oder nicht?

„Nein Schatz. Wie kommst du denn jetzt darauf?" Dieses aufgesetzte Lächeln habe ich wohl von ihr geerbt, auch wenn ich sagen muss, dass meins überzeugender ist als ihres. Und ich habe Minho für einen Lügner gehalten. Da habe ich mich wohl getäuscht. Wie gerne ich ihn jetzt bei mir hätte. Meine Mutter lügen zu sehen, tut nämlich mehr weh, als ich gedacht habe. Ich kann es verstehen, wenn sie sich in jemand anderen verlieben würde, aber nicht warum sie mir ihr neues Glück verschweigt.

„Ich habe jemanden den ich mag, sehr sogar." Nach kurzem Zögern lege ich das Besteck neben meinem noch vollen Teller nieder und sehe unsicher erneut zu ihr auf. Vielleicht erzählt sie es mir, wenn ich mich ihr selber öffne. „Oh wirklich? Wer ist es denn?" Mit einem Mal bildet sich ein breites Lächeln auf ihrem Gesicht, weshalb ich selber kurz traurig lächeln muss. „Das ist nicht so wichtig, er möchte sowieso nichts von mir."

„Er..?" Und da schwindet ihr Lächeln schon wieder. Sie scheint nicht sonderlich erfreut darüber zu sein, dass die Person, die ich mag, ein Mann ist. „Hm..." Eigentlich hätte ich mit dieser Reaktion von ihr rechnen müssen und irgendwie habe ich das auch. Sie war dem Thema gegenüber noch nie sonderlich offen. Und dennoch hatte ich irgendwie die Hoffnung, sie würde positiver reagieren. „Jisung, wie soll ich es sagen? Das ist bestimmt nur eine Phase. Du bist noch jung, da macht man oft komische Sachen."

„Vielleicht..." Ich mag ihn wirklich, so richtig. Das ist nicht bloß irgendeine Phase, aber wieso kann ich ihr das nicht sagen? Sie ist meine Mutter, sie würde mich doch trotzdem weiter lieben, oder nicht? Ich bin doch ihr kleiner Engel. Oder war der Engel auch nur eine der vielen Masken, die ich so oft vortäusche? Ich weiß es nicht. In all der Zeit ist mein wahres Ich langsam zerbrochen. Der Einzige, der diesen Scherbenhaufen zu sehen bekommen hat, war Minho. Ihm habe ich mein wahres Ich anvertraut und er lässt mich im Stich.

„War es der Junge, der vor ein paar Tagen hier gewesen ist? Ich habe euch streiten gehört und auf einmal war er verschwunden." Es hätte mich ehrlich gesagt gewundert, wenn sie uns nicht gehört hätte. Ich habe ihn zwischendurch so laut angeschrien, da war es mir auch wirklich vollkommen egal, ob uns jemand hört. Ich war und bin auch immer noch verdammt sauer auf ihn. Ich hätte auf seine ganze Hilfe gut verzichten können. Denn die falsche Hoffnung war im Nachhinein viel schlimmer. Und die Lüge, dass er mich angeblich mag, kann er sich sonst wohin stecken. Ich habe es so satt.

„Ist doch egal. Es ist ja nur eine Phase." Meine vielleicht letzte Phase. Es will mich ja sonst keiner haben. „Und ich möchte nicht weiter über ihn reden." Am liebsten würde ich ihn und das zwischen uns einfach vergessen. Es würde alles so viel erträglicher machen. Denn man kann etwas erst missen, wenn man es bereits verloren hat. Und Minho habe ich jetzt wohl endgültig verloren. Dieses Mal sah er wirklich nicht danach aus, als würde er seine Meinung noch einmal ändern.

„Kannst du mir jetzt wenigstens erzählen, was auf der Party passiert ist? Du verhältst dich seitdem ziemlich merkwürdig." Mit einem erwartungsvollen Gesichtsausdruck verschränkt sie ihre Arme vor der Brust, wobei sich in mir bei dem Gedanken an den Abend alles zusammenzieht. Wieso kann sie einfach nicht akzeptieren, dass ich nicht darüber reden möchte? Es gibt nur schmerzhafte Erinnerungen von denen ich erzählen könnte, die ich aber lieber für mich behalte. „Verdammt nochmal, nein, will ich nicht. Das geht auch niemanden etwas an."

„Siehst du, schon wieder. Du gehst mir mit deiner bockigen Art die letzten Tage richtig auf die Nerven. Egal was ich mache, du blockst mich ständig ab. Und denkst du ernsthaft ich weiß nicht, was du auf der Party getrieben hast? Ich bin nicht so naiv wie du es dir erhoffst. Solche Flecken am Hals bekommt man nicht von in den Pool fallen. Ich wusste bisher nur nicht, von wem du sie hast." Ihr Blick, sie sieht mich mit diesem angewiderten Blick an. Als wäre ich eine widerliche Kakerlake, die durch die Küche läuft.

„Na und? Ja, sie sind von ihm. Macht mich das gleich zu einem schlechten Menschen? Wir haben nichts Illegales getan." Ob es wirklich die richtige Entscheidung war mit ihm zu schlafen, ist eine ganz andere Frage. Sie sagt es zwar nicht direkt, aber ich merke ihr an, dass sie etwas dagegen hat, dass ich etwas mit einem Mann angefangen habe. „Jisung, das ist einfach nicht richtig. Schlag dir diesen Mist aus dem Kopf!" „Und ich dachte ernsthaft du würdest anders darauf reagieren. Ich verstehe schon, du findest mich genauso abstoßend wie alle anderen auch!" Mit Tränen in den Augen erhebe ich mich schnell von meinem Platz und flüchte stolpernd die Treppe hinauf in mein Zimmer. Ich will, dass es endlich aufhört!

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Darkness // MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt