Die Wahrheit II

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„Mein Vater.", flüsterte er. „Er war und ist ein Alkoholiker und verdammter Bastardt." Er atmete tief durch. „Er hat meine Mom zur Verzweiflung gebracht. Misshandelt und für die Dinge, die er als Fehler ansah, bestrafte er sie. Immer und immer wieder. Solange, bis sie sich nicht mehr bewegte. Solang bis sie nicht mehr konnte. Ich lehnte mich zurück und sah ihm in die Augen. Seine Augen waren feucht.

*****

Ich konnte nicht glauben, was er mir gerade erzählt hatte. Was hatte er denn noch alles erlebt? Wie konnte ein Mensch- nein – ein Vater so sein? Wie konnte er das seiner Frau und seinen Kindern antun? Wie konnte er das nur ertragen ein anderen zu verletzen? Und was tat er Yoongi an? Hatte er ihn auch...

„Y-Yoongi.", ich schluckte schwer. „Hat dein Vater d-dich." Ich wollte die Antwort gar nicht wissen. Ich wollte die Wahrheit nicht wissen. Ich wusste ganz genau, was jetzt für eine Antwort kam. Dennoch hoffte ich sehr, dass es so nicht war. Dass er ihm nicht ...
„Ach...", murmelte er von sich und räusperte sich. Wahrscheinlich ging ihm das auch zu nah. Er schnalzte mit der Zunge und zuckte dann mit den Schultern. „Was ist denn schon dabei? Solange er meiner Schwester nichts antut."
„Wie bitte?" Ich sah ihn entsetzt an. „Solange er deiner Schwester nichts antut? Yoongi, schlägt er dich wirklich? Wie oft? Sag mir, dass er es nicht noch immer tut?" Er nickte nur und sagte dazu nichts. „Was zum...? Wissen das deine Freunde?" Er schüttelte seinen Kopf.
„Wie konntest du das nur für dich behalten? Ich meine, dass dein Vater dich misshandelt, geht gar nicht? Was hat er dir nur alles angetan? Wieso hast du dir keine Hilfe gesucht? Nach all diesen Jahren. Yoongi, wer weiß das alles noch? Sag mir, dass ich nicht der einzige bin. Bitte."
„Doch." Ich fing an zu weinen und drehte mich schnell rum. Mein Herz fing an schneller zu pulsieren. Wie konnte das alles wahr sein? Wie konnte ich denn nur die einzige Person, die er mir alles anvertraute? Wie nur? WIE. „Sag mal, heulst du gerade?", fragte er etwas amüsierter.
„N-NEIN!" Ich wischte mir schnell meine Tränen weg. Nun spürte ich, wie er mich von hinten umarmte.
„Hör doch auf zu Heulen. Alles ist doch gut. Ich komm' damit klar."
„Wie kannst du damit klarkommen?", sagte ich schniefend. „Wenn dein Vater dich schlägt? Sag mir, wie? Wie hälst du das alles aus?"
„Ich muss. Wenn ich es nicht aushalte, dann wird eines Tages meine Schwester... ich mache es für sie. Ich halte es für sie aus." Mit diesen Worten brachte es mich komplett zum Weinen. Ich öffnete die Tür und verließ diesen Raum. Ich brauchte frische Luft. Ruhe und ein Ort zum Nachdenken. „Hey, wo willst du hin?", fragte er mir laut hinterher. Doch ich ignorierte die Frage.

Was zur Hölle ging hier nur vor? Was zur Hölle habe ich mir da gerade angehört? War das alles echt? Meinte er das alles ernst? Sein Vater? Sein Fleisch und Blut? Sein eigener Vater misshandelt ihn? Immer noch? All' diese Jahre und er hat nie jemanden etwas davon erzählt? Verarscht er mich? War sein Vater wirklich so drauf? Deswegen wollte er nie, dass jemand zu ihm nach Hause kam? Ich beschloss raus zur Terrasse zu gehen, meine Augen zu schließen und tief Luft zu holen. Jetzt bemerkte ich eigentlich, wie sehr ich weinte. Das alles nahm mich zu sehr mit. Ich war eine emotionale Person und viel zu sensible für sowas. Das war alles viel zu viel für mich. Was sollte ich also machen? Wie konnte ich ihm helfen? Wie konnte ich ihn retten und ihn und seine kleine Schwester von diesem Höllen Trip befreien? Oh Lord. Tief ein und tief aus atmen.

Als ich draußen war, bemerkte ich die frische Luft. Es war kühl und der Himmel sah so aus als würde es gleich zu regnen beginnen. Obwohl ich regen hasste, sah es dennoch sehr schön aus. Das Meer, die Landschaft und generell die Umgebung hier. Warum konnte Yoongi nicht seine Schwester nehmen und hierherkommen? Wäre es nicht viel einfacher, wenn die zwei hier leben würde als bei seinem Vater? Ich schüttelte meinen Kopf. Jimin, mach dir keine Gedanken. Es ist seine Entscheidung. Und wenn er sich dafür entscheiden würde, würde er dann nicht mehr auf unsere Schule gehen und das würde heißen ...?

„Hey, du wirst noch erfrieren." Erschrocken drehte ich mich um. Yoongi stand hinter mir und hielt zwei Teetassen in der Hand. Ich war total in Gedanken, dass ich gar nicht gemerkt habe, dass er hinter mir stand. Er kam zu mir rüber und gab mir eine Tasse in die Hand. Dankend trank ich vorsicht einen Schluck. Hmm, Apfel Tee. Ich liebte es.
„D-danke." Er grinste mir zu und schaute sich ebenso die Umgebung an.
„Du musst nicht vor mir wegrennen."
„I-ich bin nicht weggerannt."
„Sah eben aber ganz anders aus."
„Ich brauchte eine Minute für mich. Ich musste das erstmal alles verarbeiten."
„Und?"
„Und was?"
„Verarbeitet?"
„Pah! So schnell geht das nicht!", schrie ich ihn an und mied den Blickkontakt. Vollidiot!
„War mir schon klar." Er fing an zu lachen und zog mich seitlich in seine Arme. „Bitte, hab keine Angst mehr okay?"
„O-okay." Ich nickte ihm zu.
„Bleib einfach nur bei mir, dass würde mir sehr helfen." Mit roten Wangen sah ich ihn an. Was hatte er da eben gesagt? Ich soll ...ich soll bei ihm bleiben? Was meint er damit? Nun sah auch er mir in die Augen. Er lächelte. Sein Typisches lächeln. Ach Yoongi. Wieso bedeutest du mir so viel? Verdammt nochmal. Er beugte sein Kopf nach unten und gab mir einen langen Kuss. Seine Lippen, so weich. Gott, ich hatte mich so verliebt. Ich wollte das doch alles gar nicht. Seit wann hatte er mein Herz gestohlen?

„Bleib einfach nur bei mir."
„A-aber warum."
„Ich kann nicht mehr ohne dich."

„W-wie kannst du das einfach so sagen?" Ich war total verlegen. Gott, mein Herz. Warum war er so?
„Weil darum? Nun kennst du teils meine Geheimnisse. Sei froh, denn kein anderer weiß davon Bescheid. Also heißt das schon was." Ich kaute auf meinen Lippen. Er war einfach nur ein Depp. Wieso ist er so? Wieso tut er so als ob nichts gewesen wäre. Er küsste mich wieder und diesmal schloss ich meine Augen. Ich war einfach nur hingebungsvoll in ihm verschossen. Ach Yoongi

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Würde mich über Kommis und Follower freuen <3 

• Deep Scars | Yoonmin | 18 +Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt