Kapitel 5 | Taddl

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Ich schlug die Hand, die mir hilfsbereit hingestreckt wurde, einfach genervt weg und stemmte mich langsam vom Boden auf.

Meine Handflächen waren aufgeschürft und brannten wie eh und je und die Wunde an meinem Kinn blutete leicht, aber nichts ernstes.

Ich würdigte Taddl keines Blickes und drängte mich gekonnt an ihm vorbei.

~

Hier und da erhaschte ich neugierige Gesichter.
Ja okay, es war mein zweiter Schultag, aber es lag wohl eher daran das die Wunde an meinem Kinn verriet, das ich mich aufs Fressbrett gelegt hatte.

Mit verzogener Miene stieß ich die Tür zu den Toiletten auf und betrachtete mein Spiegelbild mürrisch.
Ich trug ein graues Baggyshirt und um meine Stirn hatte ich ein schwarze-weißes, schlichtes Bandana gebunden und ansonsten hatte ich mir heute eher weniger Mühe gemacht mein Aussehen besser zu gestalten.

Ich richtete mir meine goldene Kette, ehe ich mein Kinn im Spiegel musterte und die Wunde mit den Fingerspitzen abtastete.
Mein Blick schweifte zu dem Papierspender, aus dem ich mir auch sogleich einen Fetzen gönnte, um die Blutung zu stoppen um mein Gesicht wieder erträglicher zu machen.

Plötzlich wurde die Tür der Toiletten aufgestoßen.
"Hier bist du also"
Genervt ließ ich meine schmerzenden Schultern sinken und starrte den Störenfried durch die Spiegelung mit wütendem Blick an, dieser erwiderte meine Mimik mit einem breiten, gespielt netten Lächeln.
Dachte ich mir jedenfalls.
"Wieso verfolgst du mich? hast du keine Hobbys?" murmelte ich kalt und versorgte weiter meine Wunden.
"Aber das ist doch mein Hobby" Taddl war näher an mich getreten und musterte mich liebevoll lächelnd.

Entweder war Taddl schwul oder ein kranker, selbstsüchtiger Psychopat.
"Wartet nicht dein Rudel auf dich, oder wie man das nennen soll?"
Ich hatte Taddl gestern, nachdem ich ihm gesagt hatte das ich keine Führung durch das Gebäude von ihm wollte, mit ein paar anderen Jungs gesehen mit denen er sich anscheinend wirklich prima verstand.
Felix, Manu und irgendwas mit Sebastian.
Ebenfalls alles Spasten.

Taddl lachte und  fixierte meine  Augen durch die Spiegelung.
"Wenn du so komisch rumdrückst, hört die Blutung nie auf"
Genervt stöhnte ich auf.
"Boah Junge, hau doch einfach ab"
Ich glaubte meinen Augen nicht, als über Taddls Gesicht kurzzeitig ein Ausdruck der Verletzlichkeit huschte.
Anscheinend war es der Prolet nicht gewohnt abgewiesen zu werden.
Alles wurde ihm immer nur in den Arsch geschoben.
Ehe man sich versah, hatte Taddl jedoch wieder seinen selbstgefälligen, übermenschlichen Blick aufgesetzt und ich glaubte fast, mir das ganze nur eingebildet zu haben.

"Weißt du überhaupt wohin du musst?
Wir haben Englisch"
Ich knüllte das blutbefleckte Papiertuch zusammen und wandte mich dem Proleten zu.
Mit einer entnervten, nachgiebigen Geste, deutete ich Taddl mir den Weg zu zeigen, was dem Großen natürlich ein triumphierendes Grinsen ins Gesicht zauberte.
Sogleich bereute ich es auch schon, nur wusste ich sonst niemanden der mir den Weg zeigen könnte.

(N)ever. | TARDYWo Geschichten leben. Entdecke jetzt