Choas

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,,Verdammt!", fluche ich aufgeregt.
Es ist mitten in der Nacht. Nach dem Testergebnis und unserem Gespräch hat Julian mich nicht aus seinen Armen gelassen. Zusammen sind wir dann ins Bett gegangen, dort sind wir auch ziemlich schnell eingeschlafen. Nun stehe ich in der Küche und wollte mir eigentlich etwas zum Trinken holen, doch das Glas ist mir aus meiner Hand gerutscht und auf dem Küchenboden zersprungen.
Das Gefühlschaos in mir macht mich extrem unruhig.
Vorsichtig schleiche ich neben den Scherben Richtung Balkon. Der Mond scheint mir direkt in die Augen. Das Thema Familienplanung war noch nie so nah wie momentan und das macht mir unfassbar Angst.
Als ich Schritte hinter mir wahrnehmen drehe ich mich hektisch um.
,,Pssscht Kleines ich bin es nur. Alles gut. Was machst du um diese Uhrzeit hier unten?", seine leise Stimme besänftigt mich sofort.
Beschützend nimmt er mich in den Arm und streicht mir über meine Wangen.
So wie es aussieht hat ihn das Klirren des Glases geweckt.
,,Rede mit mir, ich merke doch dass etwas nicht stimmt."
Seine Finger umfassen mein Gesicht. Erst jetzt merke ich wie einzelne Tränen meine Wangen runterrinnen. ,,Mich überfordert das Alles mehr als ich zuerst dachte schätze ich", gebe ich kleinlaut zu.
Ohne nur ein Wort zu sagen legt er seine Arme um mich und hebt mich hoch. Sofort suche ich Halt und schlinge meine Beine um seine Hüfte.

Oben im Schlafzimmer angekommen lässt er mich sanft auf die Matratze fallen. Nachdem er die Tür geschlossen hat legt er sich eng neben mich.
,,Ich möchte dich in keiner Weise unter Druck setzten oder verunsichern. Es ist alles gut so wie es ist. Wenn wir in vier Jahren einen positiven Test in der Hand halten oder nächstes Jahr ist vollkommen egal. Wir werden jede Situation meistern, zusammen."
Seine warmen Worte lassen mein Herz höher schlagen. Große Hände ziehen mich noch näher an seinen Körper. Vorsichtig drücke ich ihm einen leichten Kuss auf den Oberarm. Seine Reaktion zeigt mir wie sehr auch ihn das Thema beschäftigt. Wenn er wüsste dass ich den Test nie gemacht habe, da ich zu viel Angst vor dem Ergebnis und den darauffolgenden Veränderungen hatte, würde er mich wahrscheinlich hassen. Er wäre unfassbar enttäuscht von mir, genau aus diesem Grund muss das mein Geheimnis bleiben.

Von Gewissensbissen geplagt habe ich mich tatsächlich dazu überwunden meiner Frauenärztin einen Besuch abzustatten.
Wenn ich ein Testergebnis bekomme soll dieses hundertprozentig sein. Außerdem kann ich dort keinen Rückzieher machen.
Unfassbar aufgeregt sitze ich nun hier und warte auf meine Ärztin, um das Ergebnis zu erfahren.
,,Sie sind nicht schwanger", dieser kleine Satz hat einen riesigen Effekt auf mich. Der Stein der mir vom Herzen fällt hat wahrscheinlich die Größe eines Meteoriten.

Mit immer noch leicht wackligen Beinen verlasse ich wenig später die Praxis.
Als sich meine Lunge mit frischer Luft füllt schließe ich meine Augen.
Endlich Gewissheit. Keine Geheimnisse. Endlich kann ich Julian  ohne Magenschmerzen gegenübertreten.
Dieser hat grade wohl sein Training beendet denn er hat mir ein Bild aus dem Auto geschickt. Sofort schlägt mein Herz schneller. Ich liebe diesen Mann.
,,Ich hätte nie gedacht dich jemals wieder zu sehen."
Sofort drehe ich mich um und starre den Mann vor mir geschockt an.
Was macht der denn hier? Das geht nicht.. ich.. nein.
,,Was ist los? Hat es dir die Sprache verschlagen Natalie?"
Tatsächlich hat er recht.
,,Auf diese Begegnung kann ich sehr gut verzichten. Ich muss auch los, geh mir aus dem Weg Marc."
Grade als ich mich drehen möchte fällt sein Blick auf das Schild vor dem Gebäude aus dem ich grade getreten bin.
Seine Hand schnappt nach mir: ,,Jetzt sag mir nicht dass du schwanger bist."
Sein Geschrei zieht meine komplette Aufmerksamkeit auf ihn.
,,Ich wüsste nicht was dich das angeht? Aber nein bin ich nicht und jetzt lass mich los."
Mein Blick wird finster.
,,Da wir miteinander geschlafen haben geht es mich wohl etwas an, vor allem nachdem du einfach abgehauen bist. Anscheinend bist du nun ja wieder mit diesem Julian zusammen. Lebt sich wohl gut an der Seite eines Fußballers." Woher weiß er das jetzt?
Sein Griff um sein Handgelenk festigt sich was mich schmerzhaft mein Gesicht verziehen lässt.
,,Wag es nicht über meine Beziehung oder über ihn zu urteilen, du kennst uns nicht. Wir haben eine Nacht zusammen verbracht ja, was aber ein absoluter Fehler war Marc. Und damit du es weißt, ich bin weder von dir noch von Julian schwanger und darüber bin ich auch sehr glücklich. Lass mich jetzt einfach in Ruhe, hoffentlich sehe ich dich nie wieder."

Als ich meinen Monolog beendet habe schaffe  ich es mich endlich von ihm loszureißen. Doch als ich mich umdrehe renne ich direkt in jemanden hinein. Ohne überhaupt in sein Gesicht zu blicken weiß ich direkt um wen es sich handelt. Julian.
,,Sehr glücklich darüber?", seine zittrige Stimme lässt mir sofort Tränen in die Augen schießen. Das war wahrscheinlich das dümmste das ich jemals gesagt habe.
,,Julian ich... hör mir zu. Das verstehst du jetzt vollkommen falsch. Ich liebe dich."
Meine Finger greifen nach seinem Arm doch er weicht sofort zurück.
,,Was kann man daran falsch verstehen? Du hast den Test nie gemacht richtig? Ich habe ihn nämlich heute Morgen im Schrank unter den Handtücher gefunden. Wieso tust du mir sowas an?" 
Aufgelöst schreit er mich an. Kurz zucke ich zusammen und versuche mich zu sammeln.
Ich habe es nicht anders verdient.
,,Julian ich hatte Angst. Ich denke ich kenne meinen Körper am besten, ich war mir sowieso sicher nicht schwanger zu sein. Können wir bitte nicht hier darüber diskutieren?"
Ich hatte mir erhofft die Situation damit zu entschärfen, doch in diesem Moment habe ich alles nur noch viel schlimmer gemacht.
,,Moment mal! Nur weil du dir anscheinend so sicher warst, hast du dir gedacht es sei total egal wie ich mich fühle und das ich Gewissheit möchte?
Wie kann man nur so egoistisch sein? Mir ist grade sichtlich egal dass wir uns mitten auf der Straße befinden und dieser Typ da. Das ist der aus Mykonos oder? Hast bestimmt lieber ihn mitgenommen. Ist ja schließlich leichter mit einem Fremden zu reden statt mit deinem Freund. Für wie blöd hältst du mich eigentlich? Hätte ja schließlich auch sein können dass er dich geschwängert hat und nicht ich. Ich bin so ein Idiot."

GoosebumpsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt