Was ist passiert?

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Tsukishima PoV

Ich wurde wach, als sich neben mir etwas regte. Ich verzog müde das Gesicht und kuschelte mich etwas mehr an mein Kissen, bis ich eine sanfte Berührung an meiner Stirn spürte und blinzelte. "Entschuldige, ich wollte dich nicht wecken", flüsterte eine Stimme über mir und ich drehte meinen Kopf etwas. Ich lag auf Yamaguchis Brust. Das was ich für mein Kissen gehalten habe, war eigentlich sein Oberkörper und ich spürte, wie mir die Hitze in die Wangen schoss.

"Entschuldige, Yamaguchi. Ich hab dich bestimmt zerquetscht", stotterte ich und wollte ihm etwas Abstand gönnen, doch Yamaguchi schüttelte nur den Kopf und zog mich enger in die Umarmung. "Bleib ruhig liegen, ich wollte eigentlich auch nur schauen wie spät es ist", murmelte er und griff nach seinem Handy. Ich konnte das Display nicht sehen, da meine Brille irgendwo neben dem Handy zu liegen schien, aber eigentlich war es mir auch egal. Ich wollte noch ein wenig mehr diesen Moment genießen, also schloss ich wieder die Augen und atmete tief den Duft von Yamaguchi ein.

"Wann geht dein Zug nochmal?", fragte er. "18:30 Uhr", brummte ich. "Oh gut, dann haben wir auf jeden Fall noch etwas Zeit um vielleicht noch etwas zu machen, vielleicht könnten wir...", Yamaguchi redete fröhlich und munter über die Möglichkeiten, die uns der heutige Sonntag bringen könnte und ich öffnete wieder die Augen. Yamaguchis Arme schwebten gerade vor meinem Gesicht und nachdem ich noch einmal geblinzelt habe, fiel mein Blick plötzlich auf seine Handgelenke. Sie waren wund und an einigen Stellen leicht lila verfärbt. Ich schluckte und plötzlich wurde mir unglaublich schlecht. Was hatte ich nur getan? Ich war ein Monster.

"Tsukki, ist alles okay mit dir?", hörte ich ihn fragen. Ich versteifte mich etwas und strich dann über seine Handgelenke. "Es tut mir so leid", flüsterte ich nur und traute mich gar nicht ihn anzuschauen. Doch Yamaguchi legte eine Hand an mein Kinn und zwang mich sanft den Kopf zu heben. Ich sah ihn grinsen. "Hör bitte sofort auf damit. Dieses Mitleid ist absolut nicht nötig", sagte er und errötete leicht. Ich versuchte sofort zu widersprechen: "A-aber schau dir doch an, was ich dir angetan habe..." - "Das sehe ich und du brauchst dir absolut keine Gedanken darum machen", sagte er bestimmt.

Ich schluckte und mein Daumen strich sanft über die lila verfärbten Stellen. Dann spürte ich plötzlich seine Lippen an meinem Ohr und Yamaguchi flüsterte: "Du darfst das jederzeit wieder machen... denn es hat mir ziemlich... gefallen..." Ich blickte ihn an und sah, wie die Röte ihm bis zu den Ohren stieg.

Er schaute ein wenig peinlich berührt auf die Bettdecke und löste sanft meine Hand, die sich unbewusst um seinen Arm geschlossen hatten. Ein schelmisches Glitzern blitzte in seinen Augen auf und er küsste mich sanft bevor er murmelte: "Ich kann mir vorstellen, dass das erst der Anfang war. Ich freue mich, wenn du mir mehr von dieser Welt zeigen wirst." Perplex starrte ich zurück.

Er wollte mehr. Er wollte mich. Er verurteilte mich nicht. Ich kann bei ihm sein, wie ich will. Mein Herz drohte mir aus der Brust zu springen, so doll pumpte es das Blut durch meinen Körper. Ein Ruck ging durch meinen Körper und ich drückte ihn wieder zurück in die Kissen. "Oh, das werde ich, Yamaguchi. Ich muss dir definitiv noch ein paar Manieren beibringen", raunte ich, bevor ich seine Lippen zu einem wilden Kuss verschloss.

Er stieg sofort darauf ein, doch als meine Finger seinen straffen nackten Bauch hinab fuhren brachte uns ein nerviges Geräusch wieder zur Besinnung. Mein Handy klingelte aus der Hosentasche und zuerst ignorierte ich es, doch es wollte einfach nicht aufhören. Yamaguchi löste grinsend den Kuss und sagte: "Geh schon ran, vielleicht ist es ja wichtig." Ich gab ihm einen kleinen Kuss und sagte: "Bin gleich wieder da, nicht weglaufen!"

Ich robbte ans andere Ende des Bettes und fischte meine Hose vom Fußboden auf um mein Handy aus der hinteren Tasche zu nehmen. Als ich auf das Display schaute, blitzte mir Yukis Name entgegen. Was wollte sie denn so dringend? Sie wusste doch, dass ich hier bin. Sie hat mir doch mein Ticket zurück gebucht. Das Handy klingelte weiter und ich nahm schlussendlich den Anruf an.

"Yuki? Alles okay?", fragte ich und hörte ein leises Schluchzen am anderen Ende des Hörers. Sofort war ich alarmiert. "Yuki? Was ist los? Was ist passiert?", fragte ich weiter und sah aus dem Augenwinkel, wie sich Yamaguchi alarmiert aufsetzte. "K-Kei", stotterte sie und ich hörte, wie sie sich zusammenreißen musste, nicht laut zu weinen. "E-er... er ist hier... er steht vor meiner Tür... bitte... was... was soll ich tun?", flüsterte sie und plötzlich hörte ich im Hintergrund die schrille Türklingel Yukis. Ich schluckte. Nicht Er. "Hast du die Polizei gerufen?", fragte ich, während ich mir meine Klamotten vom Boden fischte und begann mich anzuziehen. "N-nein... du weißt doch, dass das nichts bringt... er... er ruft die ganze Zeit durch die Tür, Kei... ich hab echt Angst..." Ihre sonst so starke Stimme brach und wieder hörte ich das Klingeln.

Ich ballte die Hand zur Faust und schluckte wütend. "Ich bin unterwegs! Lass niemanden rein hörst du? Niemanden! Er wird irgendwann gehen. Ich ruf dich an, wenn ich vor deiner Tür stehe und du sicher sein kannst, dass ich es bin! Bleib ruhig. Warte bitte kurz, ich rede kurz mit Yamaguchi, dann ruf ich dich zurück. Ruf in der Zwischenzeit die Polizei. Hörst du mich, Yuki? Hast du verstanden, was ich gesagt habe?", fragte ich sie bestimmt und ich hörte, wie sie leise bejahte. "Es tut mir so leid, Kei. Ich weiß, wie wichtig dir dieses Wochenende war..." - "Sei still und hör auf dir darüber Gedanken zu machen. Ich ruf dich gleich wieder an", sagte ich und legte dann auf.

Ich musste tief durchatmen um meinen erhöhten Puls zu beruhigen. Eine altbekannte Wut drohte in mir aufzusteigen und überzukochen und ich musste mich stark zurückhalten nicht mit der Faust gegen die Wand zu schlagen. Ich merkte, wie ich zitterte und am liebsten hätte ich geschrien. Bilder von vor knapp einem Jahr blitzten vor meinem inneren Auge hervor und jagten in Lichtgeschwindigkeit vorbei. Ich musste zu Yuki. Wenn ihr was passiert, bin ich Schuld.

"Tsukki? I-ist alles okay?", hörte ich eine leise Stimme hinter mir und ich drehte mich erschrocken um. Kurz hatte ich vergessen wo ich eigentlich war. Yamaguchi schaute mich mit großen und verängstigten Augen an. "Was ist mit Yuki? Ist ihr etwas passiert?", hakte er weiter nach und ich hätte am liebsten angefangen zu weinen. Ich hatte gerade wieder mit meinem besten Freund zusammen gefunden. Und jetzt drohte mich meine Vergangenheit einzuholen und ihn mitzuziehen. Das durfte ich niemals zulassen!

„Das... mach dir bitte keine Sorgen... ich muss jetzt aber los", sagte ich nur und fing an meine Sachen zusammen zu suchen. Doch Yamaguchi unterbrach mich: „Nein! Tu das nicht. Tu nicht so, als ob alles gut wäre und verschließ dich wieder vor mir. Was ist los, Tsukki? Rede mit mir!" So bestimmt habe ich ihn schon lang nicht mehr reden gehört. Es erinnerte mich an unser letztes Jahr in der Oberschule, als er Kapitän unserer Mannschaft war. Ich bewunderte ihn. Er war stärker als ich dachte, doch mit diesem Teil meiner jüngsten Vergangenheit durfte er niemals in Berührung kommen. Es reichte schon, dass Yuki darunter leiden musste.

Ich wusste er würde niemals nachgeben und wie er da so da saß, oberkörperfrei, nur ein Zipfel Decke bedeckte seine Mitte, und mit grimmigen Blick wollte ich schon fast nachgeben, doch ich zog meinen Blick auf meine Tasche um zu kontrollieren, ob alles da ist. Baute meine Mauern um mich herum auf. Dann atmete ich tief durch und zog mir die Jacke über.

Ich schaute Yamaguchi nicht an, denn ich wusste, dann würde ich schwach werden. „Ich erzähle es dir ein andermal, ja?", log ich. Niemals würde ich ihm das erzählen. „Ich schreib dir, okay?"

Ich hörte wie sich Yamaguchi hinter mir aus dem Bett bewegte und über den Boden tapste. Ich wollte schon die Flucht ergreifen, da schlangen sich zwei Arme von hinten um meinen Oberkörper und drückten mich an seinen. Ich spürte, wie er sein Gesicht an meinem Rücken vergrub. „Versprich es mir, ja? Versprich mir, dass du dich meldest!", flüsterte er mir zu. Ich schluckte und legte meine Hände auf seine, die vor meiner Brust verschlossen waren. „Ich verspreche es", murmelte ich und löste seine Hände sanft um einen leichten Kuss aufzudrücken. Dann, bevor ich den Drang, ihn zu küssen nachgeben konnte verschwand ich aus seinem Zimmer und ließ die Tür hinter mir zuknallen. Meine Tränen sah Yamaguchi nicht. Hoffte ich.

Found Again || Tsukishima x YamaguchiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt