Ankunft

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Tsukishima PoV

Ich musste mir auf die Innenseite meiner Wange beißen um nicht mitten in meinem Seminar einen Ständer zu bekommen. Yamaguchi wiegte sich offenbar in Sicherheit, weil er sich hinter seinem Handy verstecken konnte, denn vor mir wäre er niemals so frech geworden... oder? Ist ja auch egal, mit seinen Nachrichten hatte er jedenfalls dafür gesorgt, dass sich mein Herzschlag verdoppelte und mein Blut in meine unteren Gefilde pumpte.

Zum Glück war das Seminar gleich vorbei. Ich brauchte dringend frische Luft, die mich nochmal abkühlte, bevor ich Yamaguchi vom Bahnhof abholen konnte. Ich konnte kaum glauben, dass er gerade auf dem Weg hierher war. Gerade, als meine Gedanken wieder abdrifteten machte sich eine allgemeine Unruhe breit und ich erhob mich mit den anderen um in mein wohlverdientes Wochenende zu flüchten. Als ich gerade meine Schritte aus meinem Fakultätsgebäude lenkte vibrierte mein Handy und ich sah Yukis Namen auf dem Bildschirm. Ich nahm ab.

„Hey, hey, hey, Kei! Mein heutiger Kontrollanruf! Ich bin brav nach dem Seminar einkaufen gewesen und direkt nach Hause", säuselte sie in den Hörer und ich verdrehte die Augen. „Mach dich nicht darüber lustig Yuki! Und gewöhn dir bitte dieses ‚hey, hey, hey' ab, davon bekomme ich ein schreckliches Deja-Vu. Also, du bist zu Hause? Allein? Dir ist niemand komisch vorgekommen oder hat dich belästigt?", sprudelten die Fragen aus mir hervor. „Nein, Kei. Hör zu, vielleicht solltest du dich langsam mal wieder beruhigen. Kentaru hat sich jetzt zwei Wochen nicht mehr blicken lassen, vielleicht hat er es ja begriffen?", seufzte sie und ich hörte die Unbeschwertheit in ihrer Stimme. Sie nahm das ganze viel zu sehr auf die leichte Schulter.

Ich seufzte resigniert. „Du bist viel zu leichtgläubig, Yuki! Wenn du heute nochmal rausgehst, dann schreib mir bitte, wenn du dich dann nicht mehr meldest, gehe ich davon aus, dass etwas passiert ist und rufe die Polizei ist das klar?" Ich hörte ihr helles Lachen. „Mach du dir mal einen schönen Abend mit deinem Loverboy, Kei. Du kannst es doch kaum erwarten ihn wiederzusehen oder?" Argh, wieso kannte sie mich nur so gut? Ich grummelte nur eine unverständliche Antwort und legte dann auf.

Ich versuchte ein wenig durch zu atmen und meine Aufregung etwas herunter zu fahren. Schlimm genug, dass meine... nennen wir es "komplizierte" Bettgeschichte Kentaru wieder auf der Bildfläche erschienen ist, jetzt hat Yuki Yamaguchi zu ihrem Geburtstag eingeladen. Damit ist er viel zu nah an dieser Sache dran, als mir lieb ist. Wieso konnte nicht einmal in meinem Leben etwas normal sein? Nein, da musste ausgerechnet ich einen Ex haben, der nicht begreift, wann Schluss ist.

Als er vor zwei Wochen vor Yukis Tür stand konnten wir ihn gerade so mit der Drohung der Polizei dazu bewegen zu verschwinden. Das triumphale Grinsen, was er beim Gehen auf dem Gesicht hatte gefiel mir jedoch so ganz und gar nicht. Ich höre heute noch seine tiefe Stimme, die in mein Ohr raunt: "Denk dran, Kei. Ich bekomme immer was ich will." Bevor er an mir vorbei gerauscht ist und ich die zitternde Yuki in die Arme genommen hatte.

Ich durfte niemals zulassen, dass Yamaguchi Wind von ihm bekam. Oder sich die beiden aus irgendeinem Grund hier über den Weg liefen. Weshalb ich auch anfangs dagegen war, ihn hierher einzuladen. Doch Yuki meinte, ich sollte "mich mal nicht so haben" und bestand darauf, bis ich ihm letztendlich gestern geschrieben hatte. Für eine gute Idee hielt ich es auf jeden Fall nicht.

Andererseits freute ich mich wirklich ihn wieder zu sehen, auch wenn ich das niemals so offen zugeben würde. Ich zog mein Handy aus der Tasche und schaute auf die Uhr. Es lohnte sich nicht wirklich heim zu fahren, also beschloss ich, den Bus direkt zum Bahnhof zu nehmen und mir noch ein wenig die Beine zu vertreten, bis Yamaguchis Zug einfuhr. So reduzierte ich vielleicht auch die langsam aufkommende Nervosität.

Als ich eine gute Dreiviertelstunde später auf dem richtigen Gleis stand und der Zug vor mir zum Stehen kam, fing ich an nervös von einem Fuß auf den anderen zu treten. Meine Hände fühlten sich plötzlich ganz schwitzig an und ich streckte mich ein wenig um die mir entgegenkommende Masse besser zu überblicken.

Und dann kreuzten sich unsere Blicke und ich sah das sommersprossige Gesicht Yamaguchis auf mich zu hüpfen. Er strahlte über beide Ohren und winkte mir, als er mich sah.

Er kam vor mir zum stehen und kurz sah er so aus als ob er nicht wüsste was er tun sollte, doch dann besann er sich und nahm mich fest in die Arme. Etwas überrumpelt wusste ich erstmal nicht, was ich machen sollte, doch ich merkte, wie sich eine Wärme von ihm ausbreitete, die sich auf mich übertrug. Und ich legte ebenfalls leicht meine Arme um ihn.

Ich inhalierte seinen Duft und drückte mein Gesicht leicht in seine Haare, die mir irgendwann in der Nase kitzelten. Wir lösten uns einige Momente später und grinsten uns an. „Hey", strahlte Yamaguchi mich an. „Hey", raunte ich und schaute ihm tief in die Augen. Er errötete leicht unter meinem Blick und löste sich dann von mir. Vermutlich wusste er schon, dass er mit seiner frechen Nachricht nicht einfach so davon kam.

„Schön dich zu sehen", sagte ich und nahm ihm seine Tasche ab, während wir uns zum Ausgang bewegten. Er lachte unsicher auf und antwortete: „Finde ich auch." Dann folgte wieder eine Stille. Ich grinste in mich hinein. Ich spürte eine gewisse Aufregung von ihm ausgehen, die auf mich übersprang. Ich beschleunigte meine Schritte und bahnte mir einen Weg durch die Menge. Yamaguchi erzählte von seinem Unitag und seiner Zugfahrt und ich antwortete hin und wieder. Von hier waren es keine 10 Minuten bis zu mir, also brachten wir die Strecke relativ flott hinter uns, als ob der Teufel hinter uns her wäre.

Ich bugsierte ihn in die Straße meines Wohnblocks und wir verfielen fast in einen Laufschritt, als der Hauseingang in Sicht kam. Ich hörte Yamaguchi hinter mir etwas schwer atmen, als ich mit meinen Schlüsseln umständlich die Tür öffnete. Mir wurde die Brust eng, ich nahm zwei Stufen auf einmal nach oben und als wir in meiner Etage an- und vor meiner Tür zum stehen kamen hielten wir kurz inne. Er schaute zu mir nach oben, seine Augen glasig, sein Mund halb geöffnet und leicht keuchend, seine Wangen gerötet. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, also drehte ich schnell die Schlüssel im Schloss und öffnete die Tür zu meiner kleinen Wohnung. Sobald ich das erlösende Klicken des Schlosses hörte machte ich ein Schritt auf Yamaguchi zu, während er sich zu mir umdrehte und unsere Lippen stürmisch und voller Sehnsucht aufeinander trafen.

Found Again || Tsukishima x YamaguchiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt