Yamaguchi PoV
Das Vibrieren meines Handys lenkte mich von meinen Uniunterlagen, die ich mit zum Lernen in die Bibliothek genommen hatte ab. Ich sah auf den Bildschirm und scrollte durch die Benachrichtigungen. Als mir Tsukkis Name entgegen sprang machte mein Herz einen Hüpfer. Grinsend öffnete ich die Nachricht und las.
Es war jetzt fast einen Monat her seitdem Yuki Kentaru angezeigt hatte. Die Verhandlung läuft noch, Tsukki musste jedoch schon mehrmals zur Polizei und Aussagen machen. Es fiel ihm sehr schwer, mit fremden Menschen über diese Geschichte zu sprechen, weswegen ich die ersten Male auch immer mit dabei war. Irgendwann verpasste ich jedoch immer und immer mehr Vorlesungen und das ganze ging so ins Geld, dass Tsukki es nach den ersten Malen auch allein schaffen musste.
Neben dieser Aufregung kamen für uns beide auch noch die Prüfungen des Semesters dazwischen, Tsukkis Training beanspruchte ihn immer mehr und wir hatten selten die Gelegenheit zu sprechen, geschweige denn uns zu sehen. Deshalb freute ich mich umso mehr über seine Nachrichten. Als ich die Zeilen jedoch las verschluckte ich mich fast an meiner eigenen Spucke.
Tsukki [17:37]: Meine Eltern haben von der Sache mit Kentaru erfahren. Ich weiß nicht was nerviger ist: die Tatsache, dass sie nicht wussten, dass ich schwul bin oder dass ich mit ‚solchen Menschen' zu tun habe...
Ich schluckte und setzte gerade zu einer Antwort an, als eine weitere Nachricht auf ploppte.
Tsukki [17:37]: Sie haben außerdem die Vistenkarte von Rin aus dem Museum gefunden und denken jetzt direkt, dass ich hier alles hinschmeiße...
Der Griff um mein Handy wurde fester und ich seufzte etwas, bevor ich erneut zur Antwort ansetzte.
[17:38]: Mist... wie haben sie reagiert? Also auf beides?
Es dauerte einen Moment ehe er antwortete. Währenddessen versuchte ich mich wieder auf die Aufzeichnungen zu konzentrieren, doch die Sorge um Tsukki lenkte mich immer wieder ab, bis mein Handy wieder vibrierte.
Tsukki [17:42]: Nachdem sie die abgespeckte Version zu Kentaru gehört haben, hatten sie einen Sündenbock bei dem sie ihre Wut auslassen konnten, nämlich ihn. Dass ich schwul bin haben sie grundsätzlich erst einmal hingenommen... Bei der anderen Sache war das Problem... dass ich ihnen nicht wirklich widersprechen konnte...
Ich musste die Nachricht mehrmals lesen, ehe der Sinn der Worte zu mir hindurch sickerte. Was hatte das zu bedeuten? Ich ließ meine Finger über den Bildschirm flitzen.
[17:43]: Tsukki was willst du damit sagen?
Ich sah nervös auf die drei Punkte die Tsukkis Schreiben kennzeichneten. Doch nach einer Minute ohne einer Antwort verschwanden die Punkte und ließen die Frage unbeantwortet. Oh nein, Tsukki, du wirst mich nicht wieder ignorieren! Also schnappte ich kurzerhand meine Unterlagen, um aus der Bibliothek zu verschwinden, während ich ihn versuchte anzurufen. Er ging nach dem zweiten Freizeichen ran.
„Ich wusste, dass ich mich nicht vor einer Antwort drücken kann", sagte er und ich hörte förmlich wie er leicht grinste. „Du müsstest mich mittlerweile so gut kennen, um zu wissen, dass ich nicht locker lasse! Vor allem nicht nach so einer Antwort", erwiderte ich und setzte mich auf eine Bank vor dem Gebäude.
„Ich weiß nicht, was du meinst, Yamaguchi", murmelte er und ich seufzte schwer. „Jetzt tu nicht so! Was soll das heißen du hast deinen Eltern nicht widersprochen? Willst du denn dein Studium hinschmeißen?", fragte ich etwas nervös und fummelte abwesend an den herausstehenden Blättern meiner Unterlagen herum. Ich hörte ihn stöhnen und irgendwann antwortete er mir: „Okay pass auf... es könnte vielleicht sein, dass ich Rin kontaktiert habe. Und vielleicht hat sie mich überredet zu einer von diesen Schnuppervorlesungen der Geschichtswissenschaftler mitzugehen. Die ist Ende der Woche. Und wer weiß, wenn mir das gefällt, dann... keine Ahnung... hab ich vielleicht mal mit der Idee gesponnen die Uni zu wechseln. Aber das ist eigentlich auch kompletter Schwachsinn, meine Eltern werden das niemals unterstützen", fügte er hastig hinzu und wollte somit das Thema direkt abwürgen.
Ich machte große Augen und war sprachlos nach dieser Ansprache. Tsukki wollte die Uni wechseln und hierher kommen! Das konnte grad nur ein äußerst schräger Traum sein! „Tsukki das... das hört sich unglaublich an! Ich meine das wäre doch genau das, was du dir wünschen würdest! Aber was ist mit deiner Volleyballmannschaft?", fragte ich ihn unsicher.
„Die Saison ist bald vorbei, ich würde sie schon nicht im Stich lassen. Außerdem haben... die Sendai Frogs mich kontaktiert und wollen mich in ihrem Team", antwortete er und ich war ganz baff von dieser Antwort. Die Sendai Frogs spielten in der 2. Volleyballliga und waren nach meinem Kenntnisstand ziemlich gut. Dass sie Tsukki in ihr Team holen wollten war ziemlich cool.
„Wahnsinn, Tsukki! Ich weiß gar nicht was ich sagen soll!", sprach ich meine Begeisterung aus und grinste in mich hinein. Ich freute mich wirklich für ihn. Und wenn das bedeutete, dass er womöglich bald hierher... „Freu dich nicht zu früh, Yamaguchi. Meine Eltern wissen noch nichts davon und so soll es auch erst einmal bleiben, bis ich mir diese Vorlesung mal angeschaut habe... ich komm am Freitag vorbei. Ist es vielleicht möglich, dass ich bei dir schlafen kann? Die Vorlesung ist relativ spät und ich hab keine Lust dann noch nachts heim zu fahren."
Ich stieß unbewusst mit der Faust in die Höhe und antwortete freudestrahlend: „Natürlich Tsukki! Ich würde mich freuen, dich wiederzusehen!" Ich hörte ihn lachen und er erwiderte: „Ich freue mich auch, Yamaguchi! Ich will dich auch nicht weiter aufhalten. Viel Erfolg bei deiner Prüfung morgen!"
Damit legte er auf und ich lehnte mich seufzend auf der Bank zurück. Tsukki machte sich das Leben manchmal wirklich schwer. Er stand kurz davor endlich das zu bekommen, was er sich schon immer gewünscht hat. Und nur die Angst vor seinen strebsamen Eltern hindert ihn daran den letzten Schritt zu wagen. Aber nichts da! So lange ich an seiner Seite bin, werde ich nicht zulassen, dass sich jemals wieder jemand zwischen Tsukki und seine Träume stellt!
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Found Again || Tsukishima x Yamaguchi
FanfictionInhalt: Yamaguchi und Tsukishima sehen sich nach einem Jahr Funkstille wieder und finden sich in einem Gefühlschaos sondergleichen wieder. Vor allem Tsukishima will seinen besten Freund vor seiner dunklen Vergangenheit bewahren. Doch je mehr er dies...