Rettung

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Tsukishima PoV
"Warte, meine Cola ist auch leer. Kannst du mir noch eine mitbringen? Ich geh kurz aufs Klo", rief mir Yamaguchi zu und drückte mir sein leeres Glas in die Hand, bevor er mit den anderen aufstand und den Weg zu den Toiletten einschlug. Ich selber bahnte mir meinen Weg zur Bar und bestellte unsere Getränke. Während ich wartete, ließ ich meinen Blick durch den Raum schweifen und blieb an der Gruppe um Yuki hängen.

Sie tanzte eng mit einer Kommilitonin, mit der sie sich schon den ganzen Abend über unterhalten hatte und ich wusste, dass die zwei schon längere Zeit versuchen anzubandeln. Ich grinste ein wenig in mich hinein und hielt dem Kellner ein paar Scheine hin, als er mir zwei Gläser auf den Tresen stellte. Ich dachte über Yamaguchis Worte von vorhin nach. Er musste gemerkt haben, dass ich mich hier nicht wirklich amüsierte. Während er mit ein paar meiner Mitspieler ins Gespräch kam, habe ich meistens still da gesessen und ihn beobachtet. Das hat mir allerdings auch mehr als genügt. Ich schaute ihm gern zu, egal was er tat.

Jede Regung seines Gesichts nahm ich überdurchschnittlich scharf wahr, seine Sommersprossen, die leichte Röte auf seinen Wangen, wenn ihm etwas peinlich war, seine leuchtenden Augen wenn er begeistert von etwas erzählte... ich wurde aus meinen Träumereien gerissen, als der Kellner mit dem Wechselgeld zurück kam und ich nahm die beiden Gläser um mir vorsichtig einen Weg durch die Menge zu bahnen. Ich schaffte es die Gläser ohne Verschütten zurück an unseren Platz zu bringen und nahm wieder auf der Bank Platz. Gelangweilt nahm ich mein Handy aus der Tasche und scrollte ein bisschen durch Social Media um die Zeit zu vertreiben.

Nach einigen Minuten sperrte ich jedoch mein Handy und sah mich verwundert nach Yamaguchi um. Was brauchte er denn so lang? Ich hatte schon einige Zeit an der Bar verbracht, theoretisch hätte er spätestens, als ich wieder an meinen Platz zurück gekehrt bin, ebenfalls zu mir stoßen müssen. Ich nippte an meiner Cola und Unruhe machte sich in mir breit. Bis sich nur wenige Augenblicke später Yuki aus der Menge löste und auf mich zu gehetzt kam. Ich sah ihr sofort an, das etwas nicht stimmte.

"Kei! I-ich... Kentaru... er...", stotterte sie panisch und deutete wild gestikulierend hinter sich. "Ganz ruhig, Yuki. Was ist los? Was ist mit Kentaru? Hast du ihn gesehen?", sagte ich, während ich aufstand und beruhigend nach ihren Handgelenken griff. Ich sah sie kurz und ruckartig nicken und in ihren Augen stand die blanke Panik. "Er ist in Richtung der Toiletten gegangen", sagte sie und in meinen Ohren schrillten die Alarmglocken. Er wird doch nicht...

Ich stürzte an ihr vorbei und quetschte mich durch die tanzende Menge um zu den Toilettenräumen zu kommen. Mein Herz hämmerte schnell und panisch in meiner Brust. War das Zufall? Nein, Kentaru wusste, dass Yuki heute Geburtstag hatte. Hat er uns beobachtet? Hat er Yamaguchi gesehen? Ich riss die Tür zum Herrenklo auf und erstarrte im Türrahmen. Kentaru hatte Yamaguchi an eine Wand gedrängt und seine Hände über seinem Kopf gepinnt. Seine andere machte sich an meinem Hosenbund zu schaffen. „Ich werde dir zeigen, was Kei dir vorenthält...", hörte ich ihn raunen und das holte mich aus meiner Starre. „KENTARU!", rief ich wutentbrannt und ich sah, wie Yamaguchi zusammenzuckte und angsterfüllt zu mir starrte.

"Tsukki", wimmerte er erleichtert und ich sah Tränen in seinen Augenwinkeln. Kentaru ließ derweil langsam von Yamaguchi ab und ich stürzte auf die beiden zu, um ihn zur Seite zu stoßen und Yamaguchi in die Arme zu nehmen. "Hey, shhh es ist alles gut", raunte ich beruhigend, während Yamaguchi in meinen Armen zitterte. Ich strich ihm sanft über den Kopf und schaute dann wütend zu Kentaru. Der rieb sich nur etwas unbeeindruckt die Schulter, gegen die ich gestoßen hatte.

"Was willst du hier, Kentaru?", zischte ich und meine Augenbrauen verengten sich. Er lachte höhnisch auf. "Na, na, Tsukki, warum den gleich so böse? Ich hab dir das letzte Mal schon gesagt, dass ich immer bekomme, was ich will. Und heute will ich deinen unschuldigen Freund. Ich nehm euch auch gern beide, da hab ich nichts dagegen... und du ja normalerweise auch nicht, hab ich recht?" Ich knirschte wütend mit den Zähnen und starrte ihn zornig an, doch er lächelte nur unbeeindruckt zurück. „Was verstehst du an ‚es ist vorbei' nicht, Kentaru? Es reicht schon, dass du bei mir nicht locker lässt, hör gefälligst auf Yuki oder Yamaguchi da mit hinein zu ziehen. Sie haben nichts damit zu tun", sagte ich und drückte Yamaguchi fester an meine Brust. Jetzt sah ich, wie sein neutraler Blick etwas hart wurde und er verengte die Augenbrauen.

„Sie haben alles damit zu tun, Kei. Sie sind der Grund, warum du so weich geworden bist, obwohl das nicht deiner Natur entspricht. Ich werde dir schon zeigen, was du an mir hattest...", schmunzelte er und machte Anstalten, sich an mir vorbei zu quetschen. Ich umschloss mit einer Hand seinen Arm fester und sah ihm tief in die Augen. „Komm uns noch einmal zu nahe und ich schwöre dir ich rufe die Polizei", raunte ich bedrohlich, doch er lachte nur unbeeindruckt auf. „Und dann? Du weißt, was ich gegen Yuki in der Hand habe. Willst du es ernsthaft verantworten, dass sie Probleme bekommt?" Ich starrte ihn nur wütend an, während er wissend mit den Schultern zuckte und mir seinen Arm entriss. „Leere Worte. Ich verschwinde jetzt, aber ich freue mich schon auf unser nächstes Wiedersehen!" Und vergnügt pfeifend verließ er die Toilette.

Ich starrte noch einige Momente auf den Fleck, wo er den Raum verlassen hat, dann zuckte Yamaguchi in meinen Armen und ich schaute erschrocken zu ihm herunter. „Yamaguchi ist alles okay?", fragte ich ihn und strich ihm sanft über seine Wangen, wo ich leichte Tränenspuren sehen konnten, die meinen Hass auf Kentaru weiter anfeuerten. Er zitterte etwas und nickte leicht mit dem Kopf. "Alles gut, können wir nur bitte... einfach gehen?", murmelte er und seine großen Augen schauen erschöpft zu mir hoch. "Aber klar... komm wir sagen Yuki Bescheid", sagte ich und legte einen Arm um seine Schultern um ihn zu stützen. 

Vor den Toiletten wartete Yuki angespannt auf uns und stürzte gleich auf uns zu, als sie Yamaguchi in meinen Armen sah. "Verdammt, was hat er getan?", rief sie etwas hysterisch und nahm Yamaguchis Gesicht in ihre Hände. "Yamaguchi? Geht es dir gut?" Er nickte ein weiteres Mal und sagte dann: "Ich will einfach nur ins Bett." Sie schien sofort zu verstehen. "Ich verstehe. Schreibt mir bitte, wenn ihr zu Hause seid! Gute Nacht...", sagte sie und ich nahm sie kurz in den Arm. Dann lösten wir uns und bahnten uns den Weg zum Ausgang. Währenddessen ließ ich Yamaguchi keinen Moment los.

Found Again || Tsukishima x YamaguchiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt