Es ändert nichts daran, was ich für dich fühle

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Tsukishima PoV

Ich wachte auf, als ich hörte, wie meine Tür ins Schloss fiel. Ich öffnete langsam die Augen und schaute zur Tür. Yamaguchi stand mit entschuldigendem Blick und den Armen voller Tüten im Türrahmen und zog sich unbeholfen seine Schuhe aus. "Entschuldige, hab ich dich geweckt? Tut mir wirklich leid, Tsukki", sagte er und stellte seine Einkäufe auf meinem Schreibtisch ab. 

Ich setzte mich etwas auf, doch mein Kopf dröhnte nach wie vor und ich ließ mich leise stöhnend zurück ins Bett fallen. Sofort war Yamaguchi bei mir und legte seine Hand auf meine Stirn. "Es fühlt sich nicht mehr ganz so heiß an wie heute Nacht, aber dennoch noch warm. Wie fühlst du dich?", fragte er besorgt und drehte sich wieder zum Tisch um die Tüten auszupacken. "Mhm... geht so...", murrte ich und verzog ein wenig das Gesicht. 

Yamaguchi reichte mir eine Tablette und ein Glas Wasser. "Hier, das hilft gegen das Fieber. Ich habe dir außerdem schon einen Tee aufgesetzt und noch eine Decke über dich gelegt. Schwitzen hilft, das Fieber zu senken, hab ich gelesen", sagte er und achtete darauf, dass ich das ganze Glas austrank. Unter seinem strengen Blick blieb mir auch nichts anderes übrig. "Yamaguchi... ich... danke dir, aber du solltest nicht deine wertvolle Freizeit damit verbringen-" - "Sh, davon will ich nichts hören! Wer krank ist, gehört ins Bett und muss gepflegt werden. Punkt", erwiderte er bestimmt und reichte mir direkt eine Tasse Tee. Mürrisch, aber folgsam trank ich ein paar Schlucke und lehnte mich etwas zurück. 

"Ich koch uns jetzt was schönes und dann schauen wir heute Nachmittag, wie es dir geht. Außerdem habe ich Yuki schon Bescheid gegeben, dass du morgen nicht zum Training kommst und-", plapperte er munter, während er das Gemüse anfing zu schneiden, doch ich unterbrach ihn und verschluckte mich fast an meinem Tee: "DU HAST WAS?" Er erschrak sich etwas vor meiner lauten Stimme doch dann sah er mich streng an und antwortete: "Tsukki, bei aller Liebe, aber so bringst du keinem was beim Training. Werd lieber richtig gesund, sonst sitzt du in einer Woche wieder genauso da." 

Ich war überrascht, wie bestimmt er klang, vor allem nach unserem Streit letzte Nacht. Unser Streit... ich sah ihn von der Seite an und musterte ihn unauffällig, während er sich fröhlich pfeifend durch meine Schränke nach Töpfen und Pfannen suchte. Wie konnte er mir helfen, nachdem ich ihm solche kränkenden Sachen an den Kopf geworfen hatte? Dieser Mensch war einfach viel zu gut für diese Welt. Und dennoch hatte seine Gutherzigkeit nichts mit Naivität zu tun. Er war stärker, als ich gedacht hatte. Yamaguchi musste sich in seinem Leben schon viel gefallen lassen, doch anstatt, dass ihn das heruntergezogen hat, wurde er nur noch stärker. Ich glaube, das war mir vorher noch nie bewusst gewesen.

Vielleicht... konnte ich mich ihm doch anvertrauen. Es würde sich auf jeden Fall um einiges erleichterter anfühlen. Außerdem war er mich wichtig... sehr wichtig. Mit einem Mal fiel mir wieder ein, was ich ihm letzte Nacht im fiebrigen Halbschlaf gesagt hatte und meine Wangen färbten sich eine Spur dunkler. Wie hat er reagiert? Hatte er etwas erwidert? 

Langsam dämpfte die Tablette meine Kopfschmerzen und ich legte mich langsam wieder auf die Seite. Dabei betrachtete ich weiterhin meinen Freund, wie er nach und nach das Gemüse in den Topf gab und mit zufriedenem Gesichtsausdruck Gewürze hinzufügte. Dann plötzlich drehte er den Kopf und schaute mich direkt an. Seine Augen wurden groß und auch seine Wangen färbten sich rosa, bevor er sich wieder seinem Gericht widmete. Mit Yamaguchis Gesicht vor meinem inneren Auge schloss ich meine schweren Augenlider und sank wieder in einen traumlosen Schlummer. 

***

Ich erwachte wieder, als ich etwas kühles auf meiner Stirn spürte. Verschlafen blinzelte ich und öffnete langsam die Augen. Yamaguchi war gerade dabei aufzustehen und sich umzudrehen, als ich ihn bei der Hand nahm. Er erschrak kurz und drehte sich wieder zu mir. "Tsukki! Gott, hast du mich erschreckt. Wie geht es dir? Hab ich dich geweckt?", fragte er besorgt. Ich schüttelte den Kopf. "Alles... alles gut. Die Kopfschmerzen sind deutlich weniger geworden und mir ist nicht mehr so schwindelig. Aber mir ist immer noch total warm", murrte ich etwas, während ich mich aufsetzte. "Schwitzen ist gut! Dann wirst du schneller wieder gesund. Komm, ich hab dir die Suppe warm gehalten. Steh am besten mal auf, damit du ein wenig deine Beine bewegst", sagte er fürsorglich und seine Finger nahmen meine Hand fester in seine während er mir half aufzustehen und mich an meinen Tisch zu setzen. 

Er reichte mir eine heiß dampfende Schüssel und einen Löffel und setzte sich mir gegenüber. Kommentarlos nahm ich den Löffel in die Hand und begann vorsichtig die Suppe zu löffeln. Sie war wirklich lecker. Während ich aß schrieb Yamaguchi etwas angestrengt auf seinem Handy und seufzte dann verhalten. Ich sah wie er genervt die Augen schloss und dann wieder mit tippen anfing. "Ist alles okay?", fragte ich ihn und er schaute mich ein wenig ertappt an. "Ja, ja, alles okay. Mein Kommilitone will meine Schicht morgen nicht übernehmen und ich muss ihn nur dran erinnern, wer die letzten Wochen immer für ihn eingesprungen ist und wem er einen Gefallen schuldig ist", knurrte er etwas genervt und starrte wütend auf den Chat auf seinem Handy.

Ich stutzte: "Und warum kannst du deine Schicht morgen nicht antreten?" Überrascht hob er den Kopf. "Na, weil du noch nicht gesund bist! Ich werde dich ganz sicher heute nicht allein lassen!", sagte er verwundert, als ob meine Frage total abwegig wäre. Ich starrte ihn an und ließ den Löffel sinken. "Ya-Yamaguchi... das ist absolut... übertr-", setzte ich an, doch er schnippte mit seiner Hand vor meinem Gesicht herum. "Shh! Ich will nichts hören! Ich bleibe bei dir und damit basta!", sagte er bestimmt und widmete sich wieder seinem Handy, als ob die Diskussion damit beendet wäre. 

Ich schaute ihn noch einige weitere Augenblicke mit hochroten Wangen an und widmete mich dann wieder meiner Schüssel. Innerlich tobte jedoch ein Kampf um meine Selbstbeherrschung. Was sollte ich nur dagegen sagen? Einerseits wollte ich ihm keine Umstände machen. Andererseits... genoss ich die Zeit, die wir gemeinsam verbrachten... und ich fühlte mich durch seine Behandlung schon viel besser. Ich schielte wieder nach oben. Yamaguchis konzentrierter Blick lag auf seinem Handy und seine Finger flitzten über den Bildschirm. Sein weiches Haar fiel ihm in leichten Strähnen über die Augen, seine Sommersprossen hoben sich sanft von seiner hellen Haut ab und seine Zunge strich unbewusst über seine vollen Lippen. 

Verdammt. Klappernd ließ ich den Löffel in die Schüssel und ich vergrub mein brennendes Gesicht in meinen Händen. "Tsukki, alles okay? Komm, vielleicht solltest du noch eine Runde schlafen", sagte er besorgt und ich hob wieder den Kopf. "HÖR AUF DAMIT!", schrie ich ihm ins Gesicht und ohne, dass ich es verhindern konnte, kamen mir die Tränen. Erschrocken fasste ich mir an die Wangen und spürte die Nässe, die sie dort hinterließen. 

Energisch wischte ich sie davon und blickte wieder in die erschrockenen Augen Yamaguchis. "Hör auf so zu tun, als hätte ich dich nicht wie Dreck behandelt! Als ob ich dir nicht weh getan hätte! Als ob du nicht sauer auf mich bist!", rief ich weiter, bevor ich die Worte zurück halten konnte. Ich vergrub wieder mein Gesicht in den Händen und fing haltlos an zu Schluchzen. 

"Es ist alles meine Schuld! Ich hab deine Fürsorge nicht verdient!", kamen mir die Worte über die Lippen, ohne dass ich sie stoppte. Eine bedrückende Stille folgte, doch nur Augenblicke später legten sich zwei Arme um meinen Oberkörper und drückten mich an Yamaguchis Körper. Beruhigende Laute kamen über seine Lippen, während meine Dämme brachen und ich mich am liebsten vor Scham vergraben hätte. Doch Yamaguchi hielt mich fest, strich sanft über meinen Rücken und küsste beruhigend meinen Scheitel. Und ich ließ weiter meine Emotionen raus, ohne sie stoppen zu können. 

Als ich mich irgendwann wieder beruhigt hatte und nur noch ein kleiner Schluckauf von meiner Weinattacke zeugte richtete ich mich irgendwann wieder auf und setzte meine Brille, die etwas verrutscht war, wieder ordentlich auf die Nase. Wortlos reichte mir Yamaguchi ein Taschentuch und ich putzte mir verlegen die Nase. 

"Sag so etwas nie wieder, hörst du? Was auch immer passiert ist, es ändert nichts daran, was ich für dich fühle und dass du mir wichtig bist! Merk dir das! Und jetzt komm! Schlaf noch eine Runde und ruh dich aus! So viel Aufregung ist nicht gut für deine Gesundheit", sagte er bestimmt und blickte mir fest in die Augen. Dann zog er mich nach oben und Richtung Bett und setzte sich mit dem Rücken an die Wand. Seine Arme schlossen sich um mich und er bettete meinen Kopf auf seinem Oberkörper. Mir blieb nichts anderes übrig, als mich in seine Umarmung gleiten zu lassen und ehrlich gesagt wollte ich auch nichts anderes. 

Ich spürte noch, wie er mich zudeckte und beruhigend über meinen Körper strich, bis ich wieder vom Schlaf übermannt wurde. Was war nur los mit mir? Meine wertvoll aufgebaute Fassade drohte unter Yamaguchis eindringlichen Worten einzubrechen, nein er riss sie eigenhändig nieder... und ich konnte nichts dagegen tun. Es ändert nichts daran, was ich für dich fühle... Mein Herz klopfte verräterisch schnell und ich hoffte, dass Yamaguchi nicht spürte, wie sehr es in meiner Brust flatterte... wie ein Vogel im Käfig... nur darauf wartend endlich in die Freiheit entlassen zu werden... 

Found Again || Tsukishima x YamaguchiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt