Das Treffen (Teil 2)

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Berons Augensprühten geradezu Flammen, und Magie flackerte um ihn herum auf,während er versuchte, Rhys' Magie zu überwinden. Aber er konntenichts dagegen ausrichten.
„Ich werde nicht leugnen, dassAviana sich als Erste unserer Bitte angeschlossen hat, mit uns gegenHypern zu kämpfen." „Sie ist hier, um euer vergessenes Vertrauenin die Samatarian aufzufrischen und mit ihrer Anwesenheit zu zeigen,dass die Lage ernst ist."
Keiner sagte etwas.
„Wenn wirmit Hypern gemeinsame Sache machen würden", sagte Rhysand in dieRunde, „dann wäre es für uns doch viel einfacher und wenigerZeitaufwendiger, in eure Köpfe einzudringen und euren Geist zuversklaven, nicht wahr?" "
Die Anspannung der anderenHighlord breitete sich aus, als er den Teil seiner Macht andeutete,die er auch unter dem Berg angewandt hatte.
„Und trotzdem binich hier und rede mit euch", fuhr Rhysand fort.
„Wir befindenuns im Krieg." Wenn auch wir uns gegenseitig beleidigen undbekämpfen, vergeuden wir nur unsere Kraft. „Die wir zum Wohle vonPrythian einsetzten sollten."
Rhys wollte beweisen, dass erbesser war als sein Ruf. Seine Wortwahl, seine Haltung, das alles wareine Demonstration seiner Vernunft und seiner Macht.
Er nicktemir kurz zu, ein Zeichen, dass ich an der Reihe war, und löste denZauber, den er auf Beron gelegt hatte. Dieser funkelte ihn vollerHass an, machte aber keine Anstalt mehr, etwas zu sagen.
„Einigemeiner Zauber werden im Krieg sehr großen Schaden anrichten."Meine Stimme war ruhig und gefasst, als ich sprach.
„Ihrfürchtet euch vor der Macht des Königs, also muss ich euch zeigen,dass wir auf unserer Seite genauso stark sind", mit dem Kinndeutete ich auf Rhysand, „und mit Hypern mithalten können, jedochübertrifft seine Armee die unsere bei weitem."
„Wir könnendie Macht des Königs nicht einmal richtig einschätzen." Erinnerteuch, wozu Amarantha in der Lage war. „Und sie war nur einer seinerKommandanten", warf Helion ein.
„Amarantha konnte nur dieHerrschaft übernehmen, weil sie jeweils einen Teil der Magie vonjedem High Lords abschöpfen konnte und euch an einem Zauber gebundenhat." Die Mienen der High-Lords verfinsterten sich. Doch ich ließmich davon nicht aus dem Konzept bringen und sprach weiter:
„DieMagie des Königs wird von dem Kessel verstärkt. Zerstören wir denKessel, ist er auch nicht viel mehr als ein High-Fade."
Das warvielleicht eine etwas zu naive Vorstellung, aber mit dem Buch desAtmens könnten wir den zweiten Teil schaffen.
Mein Blick fielschnell auf Tarquin. Rhysand schien ebenfalls angespannt zu sein.Denn Tarquin hätte sagen können, dass wir das Buch des Atemsbereits besitzen. Das der Hof der Nacht nur aus Dieben bestand. Siehatten ihn betrogen. Er hat sie in Frieden in seinem Haus empfangenund wurde daraufhin bestohlen.
Doch damit könnte ihrzerbrechliches Vertrauen verschwinden, da sie befürchten werden,dass der Nachthof das Buch zu ihren eigenen Zwecken nutzen könnte.Denn wer beide Hälften des Buches besitzt, ist in der Lage, dieMacht des Kessels zu benutzen und zu kontrollieren. Das würde nureine weitere Debatte auslösen, wer das Buch in sein Gewahrsam nimmt.Doch da Amren die einzige war, die diese alte Schrift entschlüsselnkonnte, ist es besser, auch dieses Geheimnis für uns zu behalten.Tarquin war offenbar der gleichen Ansicht und schwieg.
„Was dasbetrifft, arbeiten wir bereits an einer Lösung", schaltete sichRhysand ein, ohne zu viel zu verraten.
„Aber du wirst uns nichtverraten, worum es sich handelt, nehme ich an", sagte Thesan.
„Dasist Richtig." Ich kann euch keinen unserer Pläne genauermitteilen, wenn ihr euch noch nicht entschieden habt. „Es wäre einzu großes Risiko für uns."
„Dann lasst uns über den Kriegsprechen", verkündete Helion etwas zu tatenfreudig. Ein großerStapel unterschiedlicher Unterlagen tauchte vor jedem auf, doch nurHelion nahm einige der Papiere auf und schien etwas zu suchen. „Wennwir den Aufzeichnungen von Tamlin Vertrauen schenken können, solltenwir uns zuerst um die Blutschattenvorräte von Hypern kümmern."„Wenn wir dieses Gift länger ignorieren, ist dieser Kriegschneller vorbei, als wir gucken können", sagte er.
Kalliaszog die Augenbrauen hoch. Und wie sollen wir das deiner Meinung nachanstellen?
„Wir kümmern uns darum", sagte Taquin.
»Dasist nicht nötig«, erwiderte Thesan. Erstaunte Blicke richteten sichauf unseren Gastgeber. Dieser lächelte bescheiden. „Ich habejemanden kommen lassen, eine Meistermerchanikerin und die bestenAlchemisten meines Hofes." Bevor jemand noch etwas erwidern konnte,trat auch schon eine High-Fade vor. Sie verneigte sich rasch undschien von der Anwesenheit aller High Lords nicht sonderlichbeeindruckt zu sein. Ich lächelte. Ich hatte sie schon ein paar Malgetroffen und mit ihr zusammengearbeitet. Ihre rechte Hand bestandaus Gold und war mit der gleichen Präzision und mit ähnlichenVerzierungen gefertigt worden wie das Auge von Lucien. Ihrekünstliche Hand surrte und klickte leise und zog die Aufmerksamkeitder anderen High-Lords auf sich. Thesan begrüßte sie mit einemherzlichen Lächeln.
„Das ist Nuan, einer meiner besten undfähigsten Köpfe."
Rhys legte sich bei dem Klang ihres Namenszurück und blickte zu Beron. „Ihr seht hier die Person vor euch,die diesen... Herumtreiber von einem Sohn, wie ihr ihn nennt, zueinem neuen Auge verholfen hat, welches Amarantha ihm herausgerissenhat." Nuan neigte bestätigend den Kopf. „Und was hat das mit demBlutschatten zu tun?", wollte Helion wissen. Nuan wandte sich zuihm um, wobei ihr schwarzes Haar über ihre Schulter fiel, undbetrachtete den High Lord, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen.„Wir haben eine Lösung gefunden." Dank einiger Proben von demAngriff auf Velaris war ich in Lage, ein... Gegengift zu entwickeln.
»Woher hattet ihr die Proben?«, fragte Cassian. Nuan lächeltesanft und sah zu mir.
»Nun, Lady Aviana hat sie mir zukommenlassen.« „Sie war überzeugt davon, da ich eine Lösung dafürfinden würde." Rhysand schaute geradeaus, doch seine Lippenzuckten zu einem Lächeln, als hätte er bereits geahnt, dass ichdiese Sache nicht auf sich beruhen lassen würde. Cassiansverwunderter Blick traf meinen. „Sie hat Euch nur deshalb nichtsgesagt", setzte sie schnell an Rhysand gerichtet hinzu, „weil sieEuch keine falschen Hoffungen machen wollte." Helion rutschteungeduldig auf seinem Stuhl hin und her.
Thesan entging das nichtund kam ohne weitere Umscheifer zum Punkt. »Nuan ist es gelungen,ein Pulver zu entwickeln, das wir zu uns nehmen können.« Es machtimmun gegen die Wirkung des Blutschattens, und durch Avianas Wissenüber Heilkunst und durch ihre präzise Magie konnten wir die Dauerder Immunität noch mal erheblich verlängern. „Ich habe bereits indrei meiner Städte Fabriken mit der Herstellung beauftragt, damit soviele Truppen wie möglich damit ausgestattet werden können."
Selbst Rhysand schien von der Tatkräftigkeit des High Lordsbeeindruckt zu sein.
„Aber was ist mit den Gegenständen, dieaus dem Blutschattenstein bestehen?", fragte Tarquin. „Mit denKetten, mit deren Hilfe Sie Schutzschilde zerschlagen können."
„Dagegen, sagte Nuan, „wird euch nur eure eigeneGeschicklichkeit etwas nützen." Sie hielt Taquins Blick stand –was ihn anscheinend überraschte, denn er straffte die Schultern.
„Und ihr erwartet, dass wir euch in dieser Sache so blindvertrauen, dass wir uns auf Ihre Magie verlassen?", fragte Beron.
„Würdest du der hypernischen Armee lieber ohne deine Kräftegegenüberstehen?", gab Thesan zurück. „Meine Mechaniker undAlchemisten wissen, was sie tun." „Und wäre Aviana nichtgewesen, wären wir nie soweit gekommen."
„In derVergangenheit hat Aviana bewiesen, dass sie uns immer einen Vorteilverschaffen kann." „Und das auf unterschiedliche Arten. IhreMagie ist mehr als verlässlich und ist mit der ihrer Vorfahrenverschmolzen", sagte Rhysand.
WennVeena sie überzeugen soll, für uns zu kämpfen, müssen wir ihnenzeigen, dass sie mit uns gewinnen werden,erinnerte ich mich an Rhysands Worte.
„Und über welche Kraftsprechen wir jetzt?", fragte Helion interessiert.
Mein Blickhuschte zu Rhysand. Im Kampf um Velaris hatte ich einen Teil davonfreisetzen können. Und ich wusste, dass ich auch zu mehr im Standewar. Aber es zu erklären...
»Ich werde es euch zeigen«, sagteRhysand plötzlich. Sein Blick suchte meinen, um mich um Erlaubnis zufragen. Ich nickte kaum merklich.
Sein Geist öffnete sich undließ die Erinnerung an diesen Moment in die Köpfe aller Beteiligtenströmen.
Einige Sekunden später blitzelten sie und die Visionwar vorbei. Helion Pfiff anerkennt. „Das beantwortet meine Frage",murmelte er.
Beron fand seine Stimme wieder.
„Eine HordeHigh Lords, die ihr Vertrauen in die Hände einer Magie verseuchtenHure legen", kommentierte er angewidert und starrte mich direkt an.
Ich breitete meine Beine etwas aus und lehnte meine Unterarme aufdie Oberschenkel.
„Sag es noch mal, es klang so schön",säuselte ich und funkelte ihn herausfordern an.
Helion lachte.
Rhysand räusperte sich und zog damit meinen Blick auf sich. AufCassians Gesicht stand ein wildes Grinsen.
„Ich denke, es wärefür alle das Beste, wenn wir den Rest auf morgen verschiebenwürden", sagte Rhys und ließ es wie eine Frage klingen.
DieHigh Lords stimmten zu und die Versammlung löste sich langsam aus.
Während Kallias und sein Gefolge ihre Gemächer aufsuchten,blieb Rowan zurück und beobachtete mich. Da ich ebenfalls mit ihmallein sprechen wollte, tat ich so, als würde ich die Unterlagen vonHelion begutachten, wartete aber darauf, dass der offene Raum sichvollständig geleert hat.
„Fünf von Sieben High Lords",sagte Rowan anerkennend. „Ich muss zugeben, dass ich schwerbeeindruckt bin." Ich schürzte die Lippen, da mir der neckendeUnterton in seiner Stimme nicht entging. „Willst du damit sagen,dass du mir das nicht zugetraut hättest?" „Und ich dachte, wirkennen uns besser." Seine Augen blitzen auf, als er die Andeutungverstand, und die Maske des Prinzen fiel von ihm ab.

Das Reich der Sieben Höfe / Dunkelheit und LichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt