Die Nacht in der Höhle vor vier Tagen schien immer noch in meinem Körper zu pulsieren. Als würde mein eigener Körper mich wegen meiner mangelnden Selbstbeherrschung verhöhnen. Aber ich war nicht dazu im Stande zu leugnen, dass das nicht der beste Orgasmus meines Lebens war – Orgasmen, um genauer zu sein.
Ich wusste, dass ich diese Entscheidung bereuen würde, dass ich mich hassen würde, ihn wieder so nah an mich ranzulassen. Aber dass mein Verlangen nach ihm dadurch so verstärkt werden würde, konnte ich wirklich nicht erahnen. Es ließ mich sogar darüber nachdenken, ihm die ganze aussichtslose Wahrheit zu verraten. Der Gedanke war manchmal so verlockend, dass ich ihm seit diesen vier Tagen mehr aus dem Weg ging als gewöhnlich. Sodass ich ihn erst richtig wieder sah, als er sich mit den anderen zum Aufbruch bereit machte.
Sie würden ohne mich zum Hof der Albträume aufbrechen. Ich hatte sogar mehr oder weniger zugestimmt. Was mich aber nicht daran hinderte, verärgert und ungeduldig mit dem Bein zu wippen.
Der Blick, mit dem Rhysand Feyre betrachtete, war mit so viel Zuneigung, Bewunderung und Liebe gefüllt, dass ein kurzer Stich der Eifersucht mein Herz durchbohrte. Ich freute mich für Rhysand, dass er jemanden gefunden hat, für den er die ganze Welt in Asche verwandeln würde. Ich freute mich wirklich aufrichtig. Aber es warf dennoch die Frage auf, ob mir irgendwann auch dieses Glück vergönnt sein würde. Auch wenn ich die Antwort darauf kannte. In der Nacht der fallenden Sterne hatte ich kurz dieses Gefühl gehabt, aber nach nicht mal zwei Tagen wurde es mir wieder entrissen. Ich hatte diese Entscheidung selbst getroffen und hatte meiner geschundenen Seele diese Liebe verwehrt. Cassian würde jemand anderes finden. Er wird irgendwann auch ohne mich glücklich werden.
Es war eine naive Lüge, die ich mir gern erzählte.
Ich atmete tief ein und verdrängte diese Gedanken, aber sie schienen mit ihren Krallen aus Verbitterung an dem Funken Hoffung zu kratzen, der mir geblieben war.Mor kommentierte gerade den eleganten Anzug von Rhys, und auch Feyre und Cassian schien sein tadelloses Aussehen nicht entgangen zu sein. Dieser schien sich geradezu in den Komplimenten zu suhlen, wie ein Hund, der zu wenig Aufmerksamkeit bekommen hatte. Ich verdrehte die Augen.
„Seid ihr bald fertig?", fragte Amren gereizt, und geskulierte wild mit einer Hand, um die anderen zum Gehen zu bewegen.
„Schone deine Schönheit lieber und heb sie dir für deine Untertanen auf", rief sie Rhysand zu und verschwand zusammen mit Azriel. Rhys lachte leise, daraufhin verschwanden Mor und Cassian. Bevor Rhysand ebenfalls den Wind, gemeinsam mit Feyre, teilte, warf er mir einen warnenden Blick zu, der mich davon abhalten sollte, irgendwas Dummes zu machen. Doch dafür war es längst zu spät. In vielerlei Hinsicht..
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.Das steinerne Tor zum Hof der Albträume wurde geöffnet und Cassian erschien im Saal, dicht gefolgt von Azriel. Der General und der Schattensänger des High Lords, gekleidet in schwarzes Leder, das ihre muskulösen Körper umschloss wie eine zweite Haut.
Sie hatten ihre sieben Trichtersteine angelegt, die ihre mächtige und gefürchtete Position unterstrichen. Ihre Gesichter waren verzogen zu einem Abbild purer Grausamkeit und Brutalität. Ihre Flügel ragten hinter ihnen auf.
Die Fae, die in der ersten Reihe standen, wichen instinktiv zurück. Beide nahmen ihre Plätze neben dem Thron ein: Cassian links und Azriel rechts. Azriels Blick fiel sofort auf Mor. Ihre gold-blonden Haare fielen in üppigen Wellen über ihre Schulter. Ihr rotes, mit goldenen Fäden durchwirktes Kleid schmiegte sich an ihren Körper. Und der Schlitz an der Seite ihres Kleides ließ einen Blick auf ihren goldenen Dolch erhaschen, der an ihrem Oberschenkel ruhte. Cassians und Azriels Köpfe richteten sich ruckartig nach vorn.
Die ungezügelte Aura seiner Macht kündigte sein Kommen an, und einen Augenblick später tauchte Rhysand im Tor auf, Feyre dicht an seiner Seite.
Das Tor schloss sich hinter ihnen mit einem knirschenden Geräuch. Das leise Flüstern verstummte sofort und alle Köpfe drehten sich in Richtung ihres High Lods und ihrer High Lady. Er trug keine Lederkluft und keine Flügel waren zu sehen – er war elegant gekleidet, ganz der grausame High Lord, für den ihn die ganze Welt hielt. Feyre trug ein bodenlanges, pechschwarzes Kleid, welches an ihrem Oberkörper eng anlag und ab der Hüfte in Falten herabfiel. Der tiefe Ausschnitt entblößte ihre wohlgeformte Brust und ihre dunkelroten Lippen verzogen sich zu einem trägen Lächeln. Gemeinsam steigen sie zum Postest, auf dem der Thron stand, empor.
Die Höflinge keuchten auf, als sich Feyre auf den Thron niederließ und Rhysand sich auf die mit Schnitzereien verzierte Armlehne hockte.
„Auf die Knie", befahl er. Seine feste Stimme ließ ihr Tuscheln verstummen und sie knieten, in einer flüssigen Bewegung, nieder. Cassian, Azriel und Mor taten es ihnen gleich. Rhysand hasste diese Rolle, die er spielen musste, doch mit Feyre an seiner Seite hatte das Ganze wieder etwas reizvoll Amüsantes. Sein neutraler Blick schweifte über seine knienden Untertanen. Sie würden es nicht wagen, sich zu erheben, bevor er es befahl.
Diesen Fehler hatten sie einmal gemacht.
„Wie euch sicherlich zu Ohren gekommen ist, wurde Keir seines Amtes enthoben", begann er und kostete den Moment weiter aus. „Ihr müsst nichts Weiteres darüber wissen, nur dass seine Strafe öffentlich vollzogen wird."
Seine ungebändigte Macht erfüllte den Saal, eine stille Warnung.
„Wir werden demnächst besprechen, wer seinen Platz einnimmt, doch bis dahin amüsiert euch!" Er wedelte mit der Hand.
„Erhebt euch."
Musik setzte ein und die Feier begann. Azriel verschmolz immer weiter in seinen Schatten, doch Cassians Blick hingegen dürstete nach Blut. Die Höflinge, die dem Thron am nächsten waren, zogen die Köpfe ein. Sie wollten nicht riskieren, vom General des Nachthofs ins Visier genommen zu werden. Rhysand beugte sich zu Feyre und flüstere ihr etwas ins Ohr. Sie lachte leise.
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Das Reich der Sieben Höfe / Dunkelheit und Licht
Fantasy(Überarbeitung läuft) Nach Jahrhunderten in Dunkelheit, Verzweiflung und Einsamkeit, erblickt Aviana wieder das Licht der Welt. Ihr plötzliches auftauchen sorgt für Aufruhr im Inneren Kreis und reißt alte Wunden auf, die nie vollständig geheilt sin...