Das Haus von Isabelles Eltern lag in derselben Straße wie die Häuser von Max und Stefan. Im Garten befand sich genau wie bei den van der Haydens ein Swimmingpool, der jedoch bereits leer und mit einer Plane abgedeckt war. Außerdem hatte das Haus einen großen Partykeller, wo auch Isabelles Geburtstagsfeier stattfinden sollte.
Isabelle hatte fast die gesamte Stufe eingeladen, sogar die absoluten Außenseiter und Einzelgänger. Als Stufensprecherin sah sie es als ihre Pflicht, sich mit allen gut zu verstehen.
Max, dessen rötliche Haare bestimmt mit einer ganzen Tube Haargel hoch gegelt waren, tigerte missmutig an der Getränketheke entlang.„Nur so blöde Schickimicki-Cocktails", klagte er enttäuscht.
„War doch abzusehen, dass uns die feine Frau Gleisner keinen Selbstgebrannten oder sowas serviert", stichelte ich und begutachtete prüfend den Inhalt meines Glases. Ich führte es an die Nase und roch dran. Ein eher unangenehmer, süßlicher Red Bull ähnlicher Geruch.
„Da ist aber eindeutig Vodka drin. Du musst also nur die Rohzutaten finden."
„Ta-da!" Robin, der hinter die Theke getreten war, hielt triumphierend eine volle Vodkaflasche hoch.
„Schon besser!", kommentierte Max. Die zwei Jungs füllten sich zwei Schnapsgläser voll und kippten die durchsichtige Flüssigkeit herunter. Auch Laura griff nach der Flasche und reicherte ihren Cocktail an.
„Übertreib mal nicht!", mahnte Katrin, denn Laura war im Gegensatz zu Max und Robin nicht besonders trinkfest. Doch Laura winkte ab.
Kurze Zeit später gesellten sich Julia und Stefan zu uns. Julia hatte sich, wie immer bei solchen Gegebenheiten, mächtig aufgetakelt, mit Minirock und tief ausgeschnittenem, hautengem Top. Die hüftlangen, hellbraunen Haare trug sie offen, ihre blauen Augen waren mit schwarzem Kajal umrandet.
Max spielte den Barkeeper und händigte den beiden ihre Drinks aus, nicht ohne dabei in Julias Ausschnitt zu starren. Laura schnaubte verächtlich. Doch sie kam nicht dazu, sich zu beschweren, da in dem Moment Michael zu uns stieß. Er stellte sich neben mich und wurde sofort von Max versorgt.
„Wo hast du deine Schwester gelassen?", fragte Max während er weitere Kreationen von hochprozentigen Cocktails mixte.
„Sie überreicht Isabelle unser Geschenk", meinte Michael nur und deutete Richtung Eingang. Nicole war die einzige von uns, die enger mit Isabelle befreundet war und übernahm somit die Aufgabe das gemeinsame Geschenk zu überreichen. Gerade fiel die Beschenkte ihr um den Hals und bedankte sich überschwänglich.
„Sieht heute scharf aus, dein Schwesterchen", bemerkte Max grinsend.
Michael strafte ihn mit einem eiskalten Blick.
Das kann ja heute noch was werden, dachte ich und bereute abermals, zur Party gekommen zu sein. Ich war absolut keine Partygängerin und wünschte mir, stattdessen mit Tom zusammen zu sein. Doch der war auf Geschäftsreise und kam erst nächste Woche wieder. Hinzu kam, dass meine Freunde bei zunehmendem Alkoholkonsum immer unausstehlicher wurden. Und seit sie alle nach und nach volljährig geworden waren, hatte sich ihr Alkoholkonsum drastisch gesteigert. Auch jetzt inspizierte Max wieder die Bar nach etwas Brauchbarem. Wenig später hielt er eine teuer aussehende Whiskyflasche hoch. Robin pfiff anerkennend.
„Ich schätze, die ist nicht für uns bestimmt. Isabelles Alter hebt die sicherlich für seine Freunde vom Schützenverein auf."
„Scheißegal! Wer's findet kanns behalten! Gentlemen..." Max reihte vier Whiskygläser auf und füllte jeden mit der bernsteinfarbenen Flüssigkeit.
„Ich will auch einen!", nörgelte Julia, löste Stefans Hand von ihrer Hüfte und trat zu Max hinter die Theke. Sie kramte ein weiteres Glas hervor und knallte es vor ihm auf den Tresen.
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Die Nacht im Mai
Mystery / Thriller1999: Die Abiturientin Julia Mayer verschwindet nach einer Party und wird wenig später tot aufgefunden. Ihr Freund gerät in Verdacht, sie getötet zu haben, doch auch weitere Personen aus Julias Freundeskreis waren nicht gut auf sie zu sprechen. Aufg...