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Voller Vorfreude packte Jessica das großzügig belegte Sandwich aus dem Papier. Sie hatte einen Riesenhunger, denn das Mittagessen hatte sie ausfallen lassen müssen. Für die Cafeteria war keine Zeit gewesen, also musste sie sich mit dieser Mahlzeit am Schreibtisch zufriedengeben. 

„Und, haben Sie etwas über unseren neuen Freund herausfinden können?", fragte Plattenberg gerade in dem Moment, als sie in ihr Brot beißen wollte. Perfektes Timing, wirklich!

Tatsächlich hatte er diesmal den ganzen bürokratischen Kram auf sich genommen und ihr die Recherche überlassen. Vielleicht würde irgendwann mal eine normale Zusammenarbeit doch noch funktionieren. Wenn er bloß noch seine blöden Sprüche lassen würde.

„Ja, das habe ich", sie kramte in den Unterlagen auf ihrem Tisch. „Das ist wirklich der jüngere Bruder dieser Hofbesitzerin, Sarah Fichtenberg. Der Hof gehört übrigens beiden Geschwistern und der Mutter gemeinsam. Der Vater ist 1985 an einem Herzinfarkt verstorben, da war Tom Fichtenberg gerade mal neunzehn Jahre alt. Er ist nämlich Jahrgang 1966, war bis 1986 in der Stadt gemeldet und danach in Münster. 1985 Abitur, danach Wehrdienst und dann kaufmännische Ausbildung. Ab 2000 hatte er einen Anteil an dieser Immobilienfirma. Seit 1997 verheiratet, zwei Kinder im Alter von zehn und acht Jahren. Keine Vorstrafen, nichts Auffälliges."

„Na, fein. Untreue Ehemänner sind meistens vorbildliche Familienväter", meinte Plattenberg wissend.

Sprach da etwa jemand aus Erfahrung? Die tratschenden Kollegen im Präsidium behaupteten jedenfalls etwas von einer Exfrau in Düsseldorf. War es denn zu fassen, dass sie Polizistin war, aber immer noch nichts über das Privatleben ihres verehrten Herrn Kollegen herausgefunden hatte?

In dem Moment klingelte Plattenbergs Telefon. Jessica nutzte die Zeit, um endlich von ihrem Brot abzubeißen.

„Ja?... Ah ja, begleiten Sie den guten Mann doch her zu uns."

Er legte auf.

„Sie können dieses unappetitliche Gebilde, das Sie gerade im Begriff sind zu verspeisen, direkt wieder einpacken, Frau Schillert. Unser Besuch ist nämlich da."

Seufzend wickelte Jessica ihr Essen wieder ein und packte es weg. Das würde wohl noch warten müssen. Und so viel zu den blöden Sprüchen...

Wenig später klopfte es auch schon an der Tür und eine uniformierte Kollegin vom Empfang geleitete Tom Fichtenberg herein, ehe sie wieder verschwand. 

Rein äußerlich wirkte der Mann ganz unverdächtig. Er hatte braune Haare, blaue Augen und sah einigermaßen gut aus. Die Kleidung bestand aus einer dunklen Jeans, einem hellgrauen Hemd und einem Jackett in einem dunkleren Grauton. Von der Extravaganz des Hauptkommissars war der Kleidungsstil also meilenweit entfernt.

„Sehr schön, dass Sie so schnell zu uns gefunden haben, Herr Fichtenberg", sprach Plattenberg mit seiner typischen, offensichtlich falschen Freundlichkeit und deutete auf den Besucherstuhl. „Immer hinein in die gute Stube, machen Sie es sich bequem. Hauptkommissar Plattenberg, und das ist meine Kollegin Kriminalkommissarin Schillert. Wir haben Sie schon ungeduldig erwartet und hätten ein paar Fragen an Sie."

„Das habe ich schon gehört. Es geht um das Haus in Albachten, nicht wahr?"

Fichtenberg setzte sich auf den ihm angebotenen Platz und musterte die beiden Kripobeamten. Sein Gesichtsausdruck war vollkommen neutral und es war unmöglich zu erahnen, was er dachte. 

„Ah, Frau Kausch hat Sie wohl bereits aufgeklärt", stellte Plattenberg fest. „Es geht in der Tat um dieses Haus und nicht nur. Ist es korrekt, dass Sie Ende März dort waren und es sich von einer gewissen Laura Geiger haben zeigen lassen?"

Die Nacht im MaiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt