Kapitel 15 ("Freut mich")

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Jungkook POV
Seufzend fischte ich den letzten Chip aus der Tüte, während ich am doch recht leeren Privatstrand des Hotels entlang spazierte. Dank der Tabletten, die Namjoon mir heute morgen gegeben hatte, ging es mir schon wesentlich besser. Ich hatte inzwischen in Erfahrung gebracht, dass Jimin und Yoongi tatsächlich aus dem Hotel ausgecheckt hatten, weshalb ich mir auch nicht weiter die Mühe gemacht hatte, ihnen zu schreiben oder sie anzurufen. Stattdessen wartete ich darauf, dass die Schicht meiner neuen 'Freunde' zu Ende ging und ich endlich den Urlaub erleben konnte, den ich mir schon die ganze Zeit gewünscht hatte.

Nachdem ich auch meine Wasserflasche geleert hatte, schmiss ich den Müll achtlos in das blühende Gebüsch, welches am Rande des Strandes wuchs und mich selbst auf eine der Liegen, welche hier im Schatten stand.
„Entschuldige mal", wurde meine wohlverdiente Ruhe allerdings direkt gestört, was mich genervt aufblicken ließ. Vor mir stand ein Mann, der mich mit vorwurfsvollem Blick musterte. Seine etwas längeren, leicht gewellten Haare hielter mit einem Tuch aus seinem Gesicht fern, dessen Muster zu dem seines Shirts passte, wodurch man einen guten Blick auf seine gepiercten Ohren hatte. Ich schätzte in auf Anfang dreißig, was wohl vor allem daran lag, dass sein drei-Tage-Bart eher einem zehn-Tage-Bart glich, welcher dafür sorgte, dass er älter wirkte, als er vermutlich war. Dazu war sein linker Arm komplett mit Tattoos überzogen. An sich sah er nicht schlecht aus, doch wäre er nicht so schick angezogen, hätte man ihn sicher auch für einen Penner halten können. Wenn ich mir seine Figur allerdings anschaute, gefiel mir, was ich sah. Der Kerl könnte beinah als noch attraktiver als Jin durchgehen. Zumindest, bis er den Mund aufmachte. Versteht mich nicht falsch, seine Stimme war wie Honig, doch das was er sagte, strapazierte direkt meine Nerven.

„Was würdest du davon halten den Strand hier sauber zu halten und deinen Müll in einem Mülleimer zu entsorgen, wo er auch hin gehört", sprach er mich harsch an und verschränkte seine Arme von der Brust.
„Wenn es dich so sehr stört, räum' den Scheiß doch selber weg", grummelte ich, da ich für eine solche Diskussionen wirklich nicht die nötigen Nerven übrig hatte.
„Es ist aber dein Scheiß, also solltest du dich auch darum kümmern."
„Wie wär's damit: Ich sammle alles ein und bekomme davon einen Kuss von dir", grinste ich, einfach um ihn ein wenig zu provozieren. Ich meine, er hatte doch angefangen.

„Du kannst nicht erwarten, dass du für jede selbstverständlich gute Tat, die du tust, belohnt wirst."
„Schau dich doch mal um. Als wäre es selbstverständlich seinen Dreck wegzuräumen, wenn es hier Angestellte dafür gibt. Also, was muss ich tun, um einen Kuss von dir zu bekommen?"
Mit einem verächtlich klingenden Schnauben begann er mich einmal von oben bis unten zu mustern. Selbst wenn er es zu verbergen versuchte, sah ich ihm an, dass ihm genauso gefiel, was er sah. Seine Antwort fiel aber natürlich weniger ansprechend aus: „Was muss ich dafür tun, um nicht auf deiner Schleimspur auszurutschen?"
„Nein, im Ernst jetzt. Irgendwas muss es doch geben, was ich tun kann", erwiderte ich, denn nun war ich wirklich neugierig. Was würde ein Typ wie er wohl verlangen?

Mit einem Lächeln, welches ich durchaus als verführerisch wahrnahm, kam der Mann auf mich zu und umschloss meine Wangen mit seinen überraschend weichen Händen.
„Du kriegst einen Kuss, wenn du es schaffst dein viel zu großes Ego abzulegen. Das steht dir nämlich überhaupt nicht."
Damit ließ er wieder von mir ab und macht es sich auf der Liege neben mir bequem. Mit zusammen gezogenen Augenbrauen musterte ich den Bärtigen, denn so wirklich Sinn machten seine Worte nicht. Doch eines wusste ich mit Sicherheit. Ich war genervt. Seit wann begegnete ich ständig Menschen, die mir erzählen wollten, dass ihnen mein Geld egal war oder alles, was ich damit für sie tun könnte.

„Kleiner, ich hab selbst genug Geld, um mir davon ein nettes Leben leisten zu können, also zerbrich' dir dein leeres Köpfchen nicht damit, warum zur Hölle ich nicht auf deine charmanten Annäherungsversuche eingehe."
„Wenn meine Annäherungsversuche so charmant sind, warum blockst du sie dann ab?"
„Noch nie von Sarkasmus gehört? Nichts für ungut, aber das ist echt creepy, was du da eben abgezogen hast. Kleiner, du hast viel zu viel Selbstliebe, aber dafür kein Selbstwertgefühl."
„Was soll da bitte der Unterschied sein?"
„Ich bin geil, aber wenn du mich nicht willst, nimm mein Geld, damit du so tust, als würdest du mich wollen. Merkst du es echt selber nicht?"

Verwirrt zog ich die Stirn kraus, denn nein, ich verstand tatsächlich nicht so ganz, was er mir mit diesem Schwachsinn sagen wollte. Aber sollte er ruhig weiter Mist vor sich hin labern. Immerhin war er schön anzusehen. Das glich es immerhin ein bisschen aus, dass ich sein Gerede ertragen musste.
„Also verstehst du es nicht. Bist du alleine hier?"
„Nein, meine Freunde kommen gleich", erwiderte ich und grinste ihn siegessicher an, wieso auch immer sich das hier wie ein Sieg anfühlte.
„Ach, tatsächlich? Sind sie tatsächlich Freunde von dir oder bestichst du die auch auf irgendeine Weise, damit sie dich ertragen?"
„Wieso sollte ich..."
Weiter kam ich nicht, da ich durch Namjoons prägnante Stimme unterbrochen wurde, während er auf mich und meinen neuen Wasauchimmer zugestapft kam.

„Hey, Jungkook. Ich hab jetzt Feierabend. Jin ist auch in einer halben Stunde fertig, dann können wir los. Hast du für heute schon was geplant? Ich glaube ... Oh, Tae was machst du denn hier?", unterbrach die der große Mann selbst, als sein Blickfeld augenscheinlich auch die Nervensäge neben mir erfassen konnte, die er offensichtlich auch kannte. Dieser Tae warf mir einen eindeutigen Blick zu und ich wusste, dass er die Sache mit meinen Freunden durchschaut hatte, was mich nur genervt die Augen verdrehen ließ. Dann ist er nicht nur eine Nervensäge, sondern anscheinend auch noch der Künstler, wegen dem es Yoongi so schlecht ging und wegen dem am Ende alles so eskaliert war, wodurch meine richtigen Freunde mich nun hier sitzen gelassen hatten. Super, als würde ich gerade den jetzt auch noch an der Backe haben wollen.

„Ich dachte wir könnten erstmal was essen gehen", antwortete ich auf Namjoons Frage. „Und dann schauen wir mal. Vielleicht habt ihr ja noch ein paar gute Ideen, was man hier so machen kann?"
„Ja, klar. Bestimmt."
„Falls ihr es vergessen habt", mischte sich die Flachpfeife nun ein und schenkte Namjoon ein leichtes Lächeln. „Wir waren eigentlich zum Essen verabredet, deshalb bin ich hier. Aber wenn der Kleine hier scheinbar Probleme damit hat, alleine zu sein, hat er sicher auch nichts dagegen, wenn ich mitkomme, oder?"
Nun schenkte er mir ebenfalls ein strahlendes Lächeln und ich musste zugeben, dass ich überrascht war, wie wenig aufgesetzt es wirkte. Lag vermutlich aber daran, dass er mir einfach auf die Nerven gehen wollte und das bei ihm für gute Laune sorgte.

„Ich bin übrigens Lee Taehyuk", stellte er sich schließlich noch vor und am liebsten hätte ich ihm für seine Frechheit einfach eine geknallt. Das lief gerade ganz anderes, als ich es geplant hatte!
„Jungkook", erwiderte ich beinah knurrend und funkelte ihn wütend an. „Freut mich, Taehyuk."

An der Küste Japans (BTS, Vkook, FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt