Kapitel 8 (Bester Freund)

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Yoongi POV

Schnaufend und verschwitzt schaute ich verwirrt auf die Nachricht, die mein bester Freund mir vor knapp zwei Stunden geschickt hatte.

Yoongi, du bist wirklich der beste Freund, den man sich wünschen kann, weißt du das eigentlich? Ich jedenfalls, hätte mir keinen bessern wünschen können. Du wirst immer einen besonderen Platz in meinem Herzen haben, vergiss das nie, mein Freund.

Irgendetwas stimmte da doch nicht. Selbst, wenn Tae von uns beiden der Gefühlvollere war, ließ er seine emotionale Seite trotzdem nie so raus hängen. Schon gar nicht bei mir. Auch, wenn ich ihn dafür natürlich nie verurteilen würde. Doch in unserer Welt war eben eine der ersten Lektionen, dass einem die eigenen Gefühle schnell zum Verhängnis werden konnten, wenn die falschen Menschen etwas davon bemerkten. Deswegen redete man einfach nicht darüber.

Was ist los Tae? Alles okay? Oder bist du einfach nur besoffen? Sag mir nicht, du hast jetzt doch wieder gekifft! xD

Ich starrte noch einige Sekunden lang mein Handy an, ehe ich den Bildschirm wieder sperrte und das Teil in meine Hosentasche steckte. Ich war gerade mit ein paar ehemaligen Mitgliedern des Basketball Clubs im Park. Wir hielten den Kontakt, auch wenn wir seit knapp zwei Monaten mit der Schule fertig waren. Hätte Tae mich damals nicht mit in den Club gezerrt, hätte ich wohl nie meine Liebe zum Basketball entdeckt. Ich war mir nur bis heute nicht sicher, ob er wusste, dass ich diesen Sport lieben würde oder er mich einfach nur ärgern wollte, denn letzten Endes hatte er sich recht schnell wieder vom Acker gemacht und sich in einen anderen Club eingeschrieben. Doch so wirklich auf etwas festlegen konnte er sich nie. Bis zum unserem Abschluss war er fast jedem Club einmal beigetreten. Doch so war er eben. Diese unberechenbare Art war eben das, was meinen besten Freund ausmachte. So wurde es immerhin nie langweilig.

Verwirrt schaute ich in die ernst drein blickenden Gesichter der Polizisten. Mein Vater warf mir einen enttäuschten Blick zu, den ich inzwischen zu gut kannte. Eigentlich hatte ich mit ihm vereinbart keinen Mist zu bauen, dafür könnte ich mir meinen Studiengang selbst aussuchen. Ich hatte mich auch immer daran gehalten. Tae war auch einverstanden gewesen mich nicht mehr zum Scheiße bauen zu animieren. Ich wusste, dass er meistens eigentlich der Vorzeigesohn war, das war einer der Gründe, aus dem einige Mitschüler ihn so gar nicht leiden konnten. Sobald er wieder Unsinn im Kopf hatte, war mir klar, dass Tae wieder Streit mit seinen Eltern gehabt haben musste. Er war grundsätzlich nämlich eher der harmoniebedürftige Typ Mensch. Das hatte ihn aber nicht davon abgehalten uns beide mit dem Auto seines Vaters von Seoul nach Daegu zu bringen, obwohl wir noch keinen Führerschein hatten. Das Auto seiner Mutter hatte er mal zu Schrott gefahren. Mit voller Absicht, muss man dazu sagen. Seitdem war ich nicht mehr mit ihm in ein Auto gestiegen, wenn er am Steuer saß. Wir hatten gekifft und gekokst und waren auch schon betrunken zur Schule gegangen. Doch das alles war schon eine ganze Zeit lang her. Sobald ich ihm von den Neuigkeiten mit der Abmachung von meinem Vater und mir erzählt hatte, hatte er nie wieder auch nur eine Idee zum Quatsch machen geäußert.

Können wir Ihnen helfen?", brummte mein Vater und verschränkte seine Arme vor der Brust.
Ja, Sie kennen Kim Taehyung?"
„Ja...?", antwortete ich und ein ungutes Gefühl machte sich in mir breit.
„Wann hatten Sie das letzte Mal Kontakt zu ihm?"
„Wir haben vorgestern geschrieben. Gesehen haben wir uns vor ein paar Tagen, auf einer Veranstaltung seines Vaters. Wieso fragen Sie? Was ist mit Tae?"
„Kim Taehyung wurde uns gestern Abend als vermisst gemeldet. Zuletzt wurde er vor zwei Tagen am Flughafen Tokyo in Japan gesehen. Man hat uns den Tipp gegeben, dass Sie eventuell wissen könnten, wo er steckt."
„In Japan?", hauchte ich fassungslos. Er war weg? Aber wieso hat er mir nichts gesagt? Diese Nachricht ... Schnell holte ich mein Handy hervor und suchte den Chat mit Tae heraus.

„Sie wissen also nicht, wo er ist?"
„Nein. Ich ... Hier", ich hielt den Polizisten mein Handy vor die Nase. „Das ist die letzte Nachricht, die er mir geschickt hat."
„Und dabei haben Sie sich nicht mehr gedacht?", fragte einer der Polizisten skeptisch. Der Andere reichte mein Handy an meinen Vater weiter, der ebenfalls neugierig zu sein schien.
„Nicht wirklich. Wenn er mit seinen Eltern Streit hatte, war er manchmal komisch drauf. Keine Ahnung wieso. Da hat er dann gerne mal Mist gebaut. Aber er ist nie einfach verschwunden ..."
„Verstehe. Gut, dann war's das auch schon. Einen schönen Tag noch."
„Auf Wiedersehen", verabschiedete mein Vater die Polizisten, während ich ihnen sprachlos hinterher sah. Wieso hat Tae mir nichts gesagt?

Tut mir Leid, Kleiner. Aber langsam sollten wir wieder nach Hause. Dein Studium fängt demnächst auch an", sagte mein Vater bedrückt und legte mir einen Arm um die Schultern.
„Ja, ich weiß", seufzte ich und schaute mich in dem dunklen Hotelzimmer um. Mein Vater war mit mir extra nach Japan geflogen, um nach Tae zu suchen. Doch egal wie sehr wir uns bemühten und um hörten, jeder Weg führte uns in eine Sackgasse. Auch der Privatdetektiv, den Taes Vater engagiert hatte, kam nicht weiter. Man hatte Tae tatsächlich zuletzt am Flughafen gesehen. Eine Überwachungskamera hatte ihn dabei gefilmt, wie er in ein Taxi stieg. Wo er wieder ausstieg konnte man nicht sagen. Als man das Taxiauf den nächsten Überwachungskameras sah, saß bereits jemand anderes darin. Auch die Befragung des Taxisfahrers brachte uns nicht weiter. Er sagte, er würde ständig Koreaner durch die Gegend fahren und für ihn würde alle gleich aussehen. Er könnte sich demnach nicht genau an Tae erinnern. Seine GPS-Daten halfen auch nicht weiter. So konnte zwar herausgefunden werden, wo Tae ausgestiegen war, doch in der Gegend waren keine Überwachungskameras, die verfolgen konnten, was Tae als nächstes getan hatte. Auf den nächstliegenden Überwachungskameras hatte man ihn auch nicht ausfindig machen können. Es war, als hätte er sich einfach in Luft aufgelöst.

Es war wirklich aussichtslos. Natürlich könnten wir jetzt ganz Tokyo durchsuchen, doch wie wahrscheinlich war es schon, dass wir Tae wirklich finden würden. Und wer wusste schon, ob er überhaupt noch hier war. Er könnte schon längst in einer ganz anderen Stadt sein.

Ich wusste nicht wirklich, wie ich mit dieser Situation umgehen sollte. Mein bester Freund war einfach verschwunden und ich hatte nicht mal ansatzweise etwas davon geahnt. Ob es anders gewesen wäre, wenn wir mehr über unsere Probleme und Sorgen geredet hätten? Mir hatte es immer gereicht zu wissen, dass ich mit Tae reden könnte, wenn ich wollte. Aber war Tae das nicht genug? Hatte er wirklich das Gefühl gehabt nicht mit mir reden zu können? Ich fühlte mich echt schrecklich. Ich hätte offener sein sollen. Grundsätzlich mehr über meine Gefühle sprechen sollen. Dann hätte er das sicherlich auch getan. Dann wäre Tae sicherlich noch hier, oder? Wer wusste das schon? Doch der bittere Beigeschmack nach diesem Vorfall blieb. Genau wie die Sorge um meinen besten Freund und die Furcht, dass er möglicherweise gar nicht mehr unter uns wandelte.

An der Küste Japans (BTS, Vkook, FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt