Kapitel 20 (Helfer)

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Jungkook POV
Nach dem vorherigem Tag hatte ich eigentlich vor den ganzen Tag im Bett und maximal noch am Pool zu liegen. Mein ganzer Körper tat weh und ich war einfach nur dankbar, dass ich dem Job nur diesen einen Tag nachgehen musste. Mochte sein, dass manche sogar gerne auf einer Baustelle arbeiteten, doch ich würde da wohl niemals zu zählen.

Taehyuk schien allerdings wesentlich fitter zu sein und hatte viel zu früh vor meiner Zimmertür gestanden. Gegen seinen Vorschlag an den Strand zu gehen hatte ich allerdings nichts einzuwenden gehabt, das könnte genauso entspannt werden, wie am Pool zu liegen. Dachte ich. Aber da hatte ich die Rechnung wohl ohne Taehyuk gemacht. Anstatt an einem der vielen Instagram-Strände hier zu fahren, stand ich vor einer Müllhalde, als ich aus dem Auto stieg.

„Tut mir Leid, ich hätte dich ja gerne vorgewarnt, aber dann wärst du wahrscheinlich nie aus dem Bett  gekommen", grinste Taehyuk mich an, während ich noch zu verarbeiten versucht, was nun unser Auftrag war. Lange überlegen musste ich nicht, denn ich hatte nur zweimal blinzeln müssen, da stand schon eine junge Frau vor uns, die mindestens so motiviert zu sein schien, wie Taehyuk.

„Hallo ihr beiden! Seid ihr auch hier, um bei unserer Säuberungsaktion mitzumachen?"
„Ganz genau", strahlte Taehyuk.
„Super! Da vorne bekommt ihr Müllbeutel, Greifzangen, Handschuhe und eine Warnweste. Zusammen haben wir den Strand ruck zuck vom Müll befreit."
Damit wandte sie sich von uns ab, um die nächsten Neuankömmlinge zu begrüßen.

„Ich nehme an das ist wohl eine weitere Lektion?"
„Wie kommst du denn nur darauf?", lachte Taehyuk und schob mich in Richtung Müllbeutelvergabestelle.
„Verstehe, dann verspreche ich hiermit hoch und heilig meinen Müll nie wieder irgendwo hinzuwerfen, außer in den Mülleimer."
„Das freut mich. Aber wenn du dich hier so umschaust, was macht das dann mit dir?"
Ich halte inne und Taehyuk versucht nicht mich weiter zu schieben. Ich lasse den Blick über den Strand schweifen und beiße mir gedankenverloren auf die Unterlippe.
„Es macht mich traurig", gab ich schließlich zu. „So sollte ein Strand nicht aussehen."
„Finde ich auch", erwiderte Taehyuk mit traurigem Lächeln. „Davon abgesehen, dass es natürlich alles andere als ästhetisch ist, leiden auch noch die Wildtiere und die Umwelt darunter. Bei einer einzigen Chipstüte muss man vielleicht wirklich noch kein großes Drama daraus machen. Aber denken alle so, sieht der Strand am Ende nun mal so aus, wie er hier aussieht. Aus vielen einzelnen Handlungen kann so ein großes Problem entstehen. Ob es jetzt darum geht, den Müll nicht richtig zu entsorgen oder auch darum, wie man mit Problemen in seinem Leben umgeht."

In meinem Kopf ploppte ein riesiges Fragezeichen auf. Wie kam er denn jetzt von Umweltverschmutzung zu persönlichen Problemen? Kopfschüttelnd ließ ich ihn stehen und schnappte mir den Kram, den ich scheinbar brauchen würde. Je schneller ich anfing, desto schneller konnte ich mich an den Pool legen und die Ruhe genießen, die ich mir gestern Abend schon so sehr erträumt hatte. Denn am Abend hatte ich noch die Ehre mit Jin und Namjoon ihren Wocheneinkauf erledigen zu dürfen. Es war genauso wie Taehyuk es mir bereits erklärt hatte. Der Betrag für den sie eingekauft hatten, war ein Witz, doch mit den Geld, was wir verdient hatten, war er auf einmal doch nicht mehr so klein. Und dann sollte es noch Menschen geben, die noch weniger verdienten? In die Gedankenspirale in die man da fallen konnte, wollte ich gar nicht fallen, da ich sonst alles viel zu sehr zerdenken würde, doch so richtig ließ mich das Ganze dann doch nicht los.
Gedankenverloren sammelte ich also eine ganze Zeit lang stumm den Müll ein, doch irgendwie schien es nur langsam voran zu gehen. Besonders viele Menschen schienen sich auch nicht dafür bereit erklären zu wollen, an Aktionen wie diesen teilzunehmen.

„Gibt es denn niemanden, der sich um die Strände hier kümmert? Wieso müssen das Freiwillige übernehmen? Es ist schließlich nicht jeder Strand so zugemüllt, wie er es hier ist", schnaufte ich, während ich den dreiviertel vollen Müllbeutel hinter mir her zog. In Anbetracht der Tatsache, dass mir noch immer die Muskeln schmerzten, war das sogar recht anstrengend.
„Naja, wie du gesagt hast, gibt es Personal, dass sich an Strandabschnitten mit vielen Touristen darum,kümmert. Gerade, wenn es vielleicht Privatstrände sind", antwortet Taehyuk, während er eine Plastikflasche in seinen Müllbeutel warf.
„Danke, jetzt fühle ich mich ziemlich scheiße", grummelte ich, da er mich schon wieder an meine Aussage zu der Chipstüte erinnerte. Es machte mich beinah schon sauer, wobei es mir zunächst noch so egal gewesen war, wenn er mich auf meine Fehler hinwies. War es mir inzwischen so wichtig, was der Besserwisser von mir hielt? Oder lag es daran, dass er mir mit seiner heutigen Lektion das Problem auf so schmerzliche Weise bewusst gemacht hatte?

„Sieh' es positiv!", grinste Taehyuk und stubste mich mit seiner Schulter an meiner an. „Das bedeutet, wenn sich, wie heute, genug Leute finden, die hier den Strand aufräumen, sorgen wir gemeinsam für einen sauberen Strand. Alleine würdest du ewig brauchen. Aber mit vereinten Kräften schaffen wir es bestimmt bis es Zeit fürs Mittagessen wird. Und mit dir gibt es schonmal eine Person weniger, die ihren Müll achtlos weg wirft."
„Super, und was bringt das? Dann liegt hier ein Chipstüte weniger rum, das wars auch schon wieder."
„Es macht einen Unterschied, glaub mir."


Der größte Unterschied, den ich heute spürte, war neben dem nun wieder sauberen Strand, meine körperliche Verfassung. Wir hielten auf dem Rückweg an einem Restaurant, dass Taehyuk mochte und ich hatte nicht die Energie dafür, etwas dagegen einzuwenden oder auf meine Präferenz zu bestehen. Immerhin gönnte er mir auch die Massage hinterher und entschied sich sogar dazu mitzukommen. Generell hatte ich beinah das Gefühl, dass er mich an diesem Nachmittag schon fast etwas verhätschelte – für seine Verhältnisse – wie ein kleines Kind, das etwas richtig gemacht hatte. Ich wusste nicht so richtig, wie ich damit umgehen sollte, denn das war bisher nicht seine Art mir gegenüber gewesen. Es erinnerte mich fast schon an den liebevollen Blick, den er Jin und Namjoon zugeworfen hatte. Mit ihnen ging er auf diese Weise um, doch nicht mit mir. Was war nur auf einmal in ihn gefahren? Am Abend ließ er mich mit den Worten, ich solle früh ins Bett gehen, im Hotel zurück und ich fühlte mich eine Art alleine, die ich schon lange nicht mehr verspürt hatte. Ich fühlte mich einsam.

An der Küste Japans (BTS, Vkook, FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt