Yoongi POV
Ungeduldig stand ich vor dem Raum, in welchem Jimin und Jungkook jetzt eine Vorlesung haben sollten. Wir hatten Jungkook seit der Sache in Osaka nicht mehr gesehen, das ist inzwischen fast zwei Monate her. Eigentlich wäre es schön gewesen, wenn wir zu zweit auf Jungkook getroffen wären, aber so wie ich ihn kannte, würde er wohl kaum pünktlich hier aufschlagen. Eigentlich hatte ich sowieso gehofft, dass er zur Vernunft kommen und sich einfach bei uns entschuldigen würde. Oder uns wenigstens eine Nachricht schreiben würde. Aber natürlich hatte er zu viel Stolz. Irgendwie enttäuschte mich die Tatsache, dass er nicht mal für seine echten Freunde von seinem hohen Ross herunter kommen konnte. Waren wir ihm so egal? Hatte er uns überhaupt als seine echten Freunde betrachtet oder war das nur Gerede von ihm gewesen? Ich konnte nicht anders, als mir ständig diese Fragen zu stellen. Umso wichtiger war der heutige Tag, damit wir Jungkook endlich zur Rede stellen konnten.Die Türen gingen auf und die ersten Studenten verließen den Hörsaal. Nach und nach wurde der Saal leerer und verwirrt schaute ich mich nach Jimin um. Normalerweise war er einer der Ersten, die den Raum verließen. Als ich Jimin schließlich im abgedunkeltem Saal entdeckte, bedeutete er mir zu ihm zu kommen. Noch immer verwundert, folgte ich seiner stummen Aufforderung.
„Jungkook ist nicht da", brachte mich Jimin knapp auf den neusten Stand, ehe er die wenigen Schrittezu seinem Dozent rüber ging und ich verwundert folgte.„Entschuldigung, aber haben Sie vielleicht eine Ahnung warum Jungkook heute nicht da ist? Schwänzt er einfach nur oder ist er eventuell krank geschrieben?"
Verwirrt schaute der ältere Mann von Jimin zu mir und dann wieder zu Jimin. Soweit ich wusste, war er Jimins Lieblingsdozent, denn laut Jimin konnte er langweilige Themen auf interessante Weise erklären, sodass in seinen Vorlesungen tatsächlich meistens alle Studenten anwesend waren.
„Sie wissen es nicht? Dabei war ich der Meinung, dass Sie Herrn Jeon recht nahe stehen."
„Was wissen wir nicht?", hakte ich nach, denn irgendwie kam mir die Sache komisch vor. Anscheinend war es für den Dozenten völlig logisch, dass Jungkook nicht anwesend war. Davon abgesehen, dass es für Jungkook sowieso die Regel war, nicht zu den Vorlesungen zu gehen.„Jungkook hat sich in der vorlesungsfreien Zeit spontan dazu entschieden ein Auslandssemester zu machen. In Osaka, soweit ich weiß."
„Er ist noch in Osaka?!", fragte Jimin schrill nach, was den Dozent verwundert die Augenbrauen hochziehen ließ.
„Vielen Dank für Ihre Hilfe", beeilte ich mich zu sagen, ehe ich Jimin aus dem Hörsaal zog. Sein Mund stand ihm noch immer leicht offen und mit großen Augen starrte er stur geradeaus. Er sah genauso fassungslos aus, wie ich mich fühlte.Die Sonne war dem Horizont inzwischenrecht nahe, als wir den großen Flughafen verließen. Kein Wunder, wir hatten unseren Tag an der Uni verbracht und waren am frühen Nachmittag sofort zum Flughafen gefahren, um noch am selben Tag in Japan zu landen. Wir wollten Jungkook so schnell wie möglich finden, um herauszufinden, was in ihn gefahren war, dass er den ganzen verdammten Sommer über nicht mehr nach Hause gekommen war. Das war zumindest das Ergebnis aus einem kurzen Gespräch mit Jungkooks Vater. Die Haushälterin hatten Jungkook ein paar Sachen zusammengepackt und zur Villa der Jeons in Japan geschickt. Jetzt wussten wir immerhin, wo wir hin mussten, ohne ihn groß suchen zu müssen, dachte ich mir. Das würde so viel einfacher werden, als der Versuch Tae wiederzufinden. Beunruhigen tat mich nur die Tatsachen, dass Jungkook scheinbar eine neue SIM-Karte hatte und wir ihn somit telefonisch nicht erreichen konnten. SMS konnten wir natürlich auch vergessen und sein Instagram-Profil existiert scheinbar nicht mehr. Also konnten wir ihn nicht mal über diesem Wege kontaktieren.
Ich war sauer auf ihn und auf die gesamte Situation. Wie hatte er uns so verraten können? Doch auch vor Selbstvorwürfen konnte ich mich nicht retten. Wieso waren wir,beide genauso stur gewesen und hatten bis zum Semesterbeginn darauf gewartet mit Jungkook zu reden? Obwohl wir wussten, wir er sein konnte. Wieso hatten wir ihm nicht geschrieben oder es wenigstens überlegt zu tun, dann wäre uns eventuell früher aufgefallen, dass er seine Nummer geändert hatte. Das er dafür gesorgt hatte, dass wir ihn nicht mehr erreichen konnten.
Wir schnappten uns eines der unzähligen Taxen, die vor dem Flughafen bereit standen und während der ganzen Fahrt über klammerte ich mich an Jimins Hand. Ich machte mir dennoch Sorgen. Was wenn er jetzt völlig eskaliert war? Total abgestürzt?Oder Jimin und mich schon völlig abgeschrieben hatte? Würde mich nicht weiter wundern, schließlich hatte er schon dafür gesorgt, dass wir keinen Kontrakt mehr zu ihm aufnehmen konnten.
Die ganze Fahrt über rauschten viel zu bekannte Gefühle durch meinen ganzen Körper. Wir wussten, wo wir ihn finden, versuchte ich mir selbst immer wieder gut zu zu reden, dennoch ließ sich die Angst, dass Jungkook doch nicht auffindbar sein würde, einfach nicht abstellen. Viel zu sehr erinnerte es mich an die Verzweiflung, mit welcher ich leben musste, seitdem mein bester Freund verschwunden war.
Jimin drückte meine Hand sanft und als ich meinen Blick vom Autositz vor mir losreißen konnte, schenkte er mir ein aufmunterndes Lächeln. Wir hatten noch viel über Tae geredet als wir wieder in Seoul waren. Es hatte gut getan, mir alles von der Seele zu reden. Schließlich konnte ich kaum mit jemanden darüber sprechen. Schließlich versuchten seine Eltern immer noch zu vertuschen, dass Tae nach sechs Jahren noch immer nicht auffindbar war. So langsam fragte ich mich, was seine Familie in den nächsten Jahren wohl dazu sagen würde. Ich sah mich schon zu seiner Beerdigung gehen, auf der niemand wusste, dass niemand wusste, ob er wirklich Tod war.
Es war Punkt 17:30 Uhr, als wir vor der Villa der Jeons hielten. Das Gebäude war beinah so pompös, wie das in Seoul und man sah eindeutig, dass dessen Besitzer mehr als genug Geld hatten.
Wir bezahlten den Taxifahrer und gingen mit unserem leichten Gepäck zur Haustür. Es dauerte nicht lange bis uns die Tür geöffnet wurde und eine freundlich wirkende, junge Frau vor uns stand.„Kann ich Ihnen helfen?"
„Ja, wir wollen zu Jungkook. Ist er schon Zuhause?", fragte ich.
Sofort verspannte die Frau sich einwenig, was mich skeptisch die Augenbrauen hoch ziehen ließ.
„Nein. Kann ich ihm etwas von Ihnen ausrichten?"
„Wir würden lieber persönlich mit Jungkook sprechen", erwiderte Jimin freundlich. „Wir sind Freunde von ihm und wollten ihn mit einem spontanen Besuch überraschen. Wissen Sie denn, wann er ungefähr wieder da sein wird?"
„Also ... ich ..."
„Lassen Sie mich raten: Er wird nicht so schnell wieder kommen, oder?", sprach ich meine Vermutung aus, auch wenn ich tief in meinem Inneren hoffte, dass ich auf dem Holzweg war. War ich nicht, wie mir das Nicken der Frau allerdings meine Vermutung bestätigte.„Bitte sagen Sie seinem Vater nichts. Ich bin als Haushälterin einstellt und brauche das Geld. Wüsste er, dass Jungkook eigentlich nie hier ist, wäre ich meinen Job los. Deshalb hat Jungkook seinem Vater auch nichts erzählt. Ich habe Jungkook das letzte Mal vor einer Woche gesehen, als er sein Auto gegen sein Motorrad getauscht hat. Er meinte so wäre es einfacher hier unterwegs zu sein. Ich weiß nur, dass er bei jemand anderem untergekommen ist, aber bei wem hat er mir nicht verraten."
„Okay, vielen Dank für die Infos", murmelte ich und machte mich, in Gedanken daran, wo Jungkook stecken könnte, auf dem Weg vom Grundstück runter. Ich hörte, wie Jimin sich ebenfalls bedankte und mir hinterher gelaufen kam.
„Das bedeutet nicht, dass er untergetaucht ist", versuchte Jimin sofort mich zu beruhigen.
„Vielleicht, aber es bedeutet auch, dass wir keine Ahnung haben, wo er überhaupt ist. Und wir können hier nicht warten, bis er sich dazu entscheidet das nächste Mal aufzutauchen. Wir müssen Sonntag schon wieder zurück. Und ..."
„Ganz ruhig, Yoongi", murmelte Jimin und drückte mir einen sanften Kuss auf die Lippen. „Nur, weil seine Haushälterin ihn seit einer Woche nicht gesehen hat, hat das noch nichts zu bedeuten. Am besten fahren wir erstmal zu seiner Uni und schauen, ob dort noch jemand ist, der uns weiter helfen könnte. Vielleicht irgendein Student, der weiß auf welchen Partys oder in welchen Clubs er sich am liebsten rum treibt. Vielleicht weiß jemand in der Verwaltung auch was, falls da noch jemand sein sollte. Und wenn wir auch nur herausfinden, dass er heute in der Uni war, dann hilft das doch auch schon. Der Rest wird dann schon irgendwie."Ich versuchte das sanfte Lächeln, welches Jimin mir schenkte, so gut wie möglich zu erwidern. Dennoch konnte ich das unangenehme Ziehen in meiner Magengegend nicht unterdrücken, dass mir sagte, dass irgendwas nicht stimmte. Ich konnte nicht verhindern, dass sich vor meinem inneren Auge das Bild formte, wie Jungkook auf einem zerfetztem Sofa lag, nicht ganz bei Bewusstsein und grinsend eine Tablette von jemandem annahm, der genauso zugedröhnt war, wie Jungkook. Oder wie Jungkook besoffen durch die Uni rannte, vor sich hin fluchend, weil er von den Vorlesungen ausgeschlossen wurde. Wir konnte nur hoffen, dass es Jungkook gut ging. Hoffen, dass wir ihn fanden und er nicht vom Weg abgekommen war. Zumindest nicht mehr, als er so schon war. Und hoffen, dass wir ihm irgendwie helfen könnten.
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An der Küste Japans (BTS, Vkook, FF)
FanficWer reich ist, kann eigentlich alles haben. Das ist Jungkook mehr als bewusst und er genießt diese Tatsache in vollen Zügen. Geld regiert schließlich die Welt. Doch das Schicksal beschließt ihm eines Besseren zu belehren. Denn mit Geld kann man vie...