Triggerwarnung!
Tae POV
Jungkook war schon den ganzen Abend seltsam in sich gekehrt. Immer wieder versank er in seinen Gedanken. So sehr, dass er nicht mal bemerkte, wenn ich mit ihm redete. Sein Gesichtsausdruck besorgte mich zusätzlich. Es wirkte, als wäre seine Fassade kurz davor zu brechen und ich hatte keine Ahnung, was ich dahinter vorfinden würde.Vorsichtig rüttelte ich an seiner Schulter, um ihn wieder ins hier und jetzt zu holen. Verwirrt schaute er mich an. Nicht zum ersten Mal an diesem Abend. „Ich denke wir sollten für heute Schluss machen, oder? Du bist ziemlich angetrunken und der Tag scheint dich auch echt angestrengt zu haben. Morgen lassen wir es ruhiger angehen, versprochen."
„Heute ...", begann Jungkook, den Rest verstand ich nicht mehr, da es sich für mich nur nach undeutlichem Gebrabbel anhörte. Er gehörte eindeutig ins Bett.
Hätte ich geahnt, wie fertig er heute Abend sein würde, hätte ich ihm vermutlich mehr Ruhe gelassen, bevor ich ihn heute mitgeschleppt hätte. Natürlich wollte ich, dass er die Realität vieler Menschen besser kennenlernte, doch ich wollte ihn sicherlich nie so überfordern. Dazu hatte ich ihn doch beinah schon gerne. Legte er doch viel mehr Empathie an den Tag, als ich ihm zugetraut hätte.Jungkook war wieder still geworden und starrte eine Weile ruhig auf den Holztisch, an dem wir saßen. Ich griff vorsichtig unter seinen Arm und wollte ihn schon dazu auffordern wieder ins Hotel zu gehen, als er mir plötzlich direkt in die Augen schaute. Für einen Augenblick stockte mir der Atem. Mit diesen großen Kulleraugen wirkte er so unschuldig, beinah schon kindlich.
„Diese Menschen, Tae, die haben eigentlich gar nichts. Aber als wir diesen Mann mit seinen Kindern getroffen haben ... Er würde alles dafür tun, damit sie glücklich sind ..."
Jungkooks Stimme klang gebrochen. Die Sonne war bereits vor einer ganzen Weile untergegangen. Ich fröstelte immer wieder leicht, wenn der Wind über meine nackten Arme strich. Doch gerade wehte kein Wind. Dennoch breitete sich eine Gänsehaut auf meinen Armen aus.Jungkook hatte die letzten Tage kaum Alkohol gebraucht, um sich zu amüsieren. Aber bei seinen Worten wurde mir klar, dass er nicht, wie sonst scheinbar, trank, um Spaß zu haben. Er klang verletzt. Spätestens, als ich die Tränen in seinen Augen bemerkte, wurde mir klar, wie sehr ihn der Tag heute tatsächlich mitgenommen hatte. Bevor ich allerdings weiter darauf eingehen konnte, hatte er seine Stirn an meine Schulter gelehnt, sodass ich sein Gesicht nicht mehr sehen konnte.
„Ich war neidisch, Tae", gab er zu und konnte sich ein Schniefen nicht verkneifen. „Um mich hat sich noch nie jemand so sehr gesorgt. Nicht mal Jimin. Ich glaube, er denkt, dass er mir mit seinen Worten sowieso nichts anhaben kann, womit er ja auch nicht unrecht hat. Aber ... Ich hatte noch nie das Gefühl, dass sich jemand so sehr um mich sorgt. Das ich jemanden tatsächlich so wichtig bin, egal was ist."
Sanft begann ich mit der Hand über Jungkooks Rücken zu streichen, was dafür sorgte, dass er seinen Kopf zur Seite drehte, sodass er nun an mich gelehnt neben mir saß. Er sah starr geradeaus, hinaus auf die Weiten des Meeres, die immer mehr mit dem dunkler werdenden Himmel verschmolzen und den Horizont nicht mehr erkennen ließen. Somit wirkte es noch unendlicher, als ohnehin schon.Ich lehnte meinen Kopf einfach auf seinen, denn ich hatte das Gefühl, dass er diese Nähe gerade einfach brauchte. Ihm schien es normalerweise unangenehm zu sein, über solche, scheinbar tief in sich vergrabenen, Gefühle zu reden. Da wollte ich es ihm nicht noch schwerer machen, auch wenn es ihm angetrunken nun leichter zu fallen schien. Denn irgendwie konnte ich verstehen, wie er sich fühlte.
„Ganz ehrlich, Jungkook. Wenn du das so erzählst kann ich mir nicht vorstellen, dass du dir noch nie ein anderes Leben gewünscht hast", flüsterte ich mehr oder weniger, um ihn nicht zu sehr aufzuwühlen. „Du hast dir doch bestimmt schon wenigstens ein mal gewünscht, dass vielleicht nicht alles, aber eben vielleicht die Art, wie deine Eltern mit dir umgehen, eine andere ist. Bist du wirklich immer mit den Kompromissen deiner Eltern klargekommen, obwohl sie so sind, wie sie eben sind?"
Ich konnte es mir nur schwer vorstellen. So, wie er den Mann mit seinen Kindern heute angeschaut hatte und bei dem, was er gerade zugegeben hatte. Es musste ihm gefehlt haben.
„Meine Eltern waren nie die fürsorglichsten, aber wenn man es nicht anders kennt, ist es völlig normal. Aber es gab mal eine Situation, in der mir klar geworden ist, wie wenig mein Vater für mich empfindet."„Was ist passiert, Jungkook?", fragte ich leicht alarmiert, denn bei seiner Aussage machte sich sofort ein unangenehmes Gefühl in meinem Magen breit. Allein schon seine Stimmlage. Ich hätte mir niemals vorstellen können, dass er sich so gebrochen anhören könnte.
„Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, was passiert ist", begann er zu erzählen. Seine Stimme war so leise geworden, dass ich mich anstrengen musste, um ihn über die rauschenden Wellen und dem Gelächter der anderen Gäste hinweg überhaupt hören zu können.
„Und ehrlich gesagt bin ich mir nicht mal sicher, ob das wirklich allein vom Alkohol kam. Kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, denn meine Eltern hatten mir erlaubt ausnahmsweise mal einen Champagner zu trinken und daran hatte ich mich auch gehalten. Jedenfalls bin ich morgens nach einer Veranstaltung neben einem der Geschäftspartner meines Vaters aufgewacht. Er wirkte total zufrieden und brauchte auch gar nicht zu sagen, was passiert war, denn ich konnte es an jedem Zentimeter meines Körpers spüren."
„Du meinst also, er hat ...", erwiderte ich geschockt und zog seinen zitternden Körper näher an mich.„Ja", seufzte Jungkook ermattet. Man könnte fast glauben, dass es ihn inzwischen nicht mehr interessierte, was passiert war, würde ich seinen Zittern nicht spüren und das Zittern seiner Hände im schwachen Licht erkennen. Und als ich vorsichtig eine Hand in meine nahm, kuschelte er sich noch etwas mehr von der Seite an mich. Es wirkte so, als würde er versuchen zu verdrängen, was passiert war. Doch sein ganzes Verhalten zeigte mir, dass es ihn definitiv noch mitnahm, was natürlich nicht verwunderlich war. Nur leider ahnte ich, dass die Geschichte noch schlimmer werden würde.
„Jungkook, wie alt warst du?"
„Fünfzehn."
Mir schnürte sich der Hals zu und gleichzeitig hatte ich das Gefühl ich müsste mich jeden Moment übergeben. Fünfzehn. Er war noch ein Kind. Wie hatte das Arschloch es wagen können sich an ihm zu vergehen? Für eine Sekunde wünschte ich fast er wäre hier, damit ich ihm mehr als eine verpassen könnte.Hatten seine Eltern sich wirklich so wenig um ihn geschert, dass sie sich nicht gefragt hatten, wo ihr Sohn abgeblieben war?
„Und was ist dann passiert?", versuchte ich mit möglichst sanfter Stimme nachzufragen. Ich wollte nicht zu drängend klingen und ihn unter Druck setzen mir irgendwas zu erzählen. Besonders nicht, als ich mit einem Blick auf ihn herunter eine Träne erkennen konnte, die über seine Wange lief.
„Gar nichts. Ich bin zu meinem Vater gegangen und habe ihm alles erzählt. Er meinte, dass ich dann wenigstens etwas richtig gemacht hätte, weil sein Geschäftspartner am nächsten Tag, nach der Veranstaltung, einen wichtigen Vertrag unterschrieben hätte und ich die Sache deshalb einfach unter den Teppich kehren sollte. Sowas würde schließlich ständig passieren und in dem Fall war es immerhin gut für die Firma. Ich sollte mich nicht so anstellen."Bevor ich überhaupt auf das gesagt eingehen konnte, erklang ein herzzerreißendes Schluchzen und Jungkook klammerte sich an mich, wie ein kleines Kind, dass nicht alleine gelassen werden wollte.
„Ich habe mich so beschissen gefühlt und ihm war es einfach egal", wimmerte er vor sich hin, während ich ihn an mich drückte und hoffte, dass es reichen würde, einfach für ihn da zu sein, denn ich war mir nicht sicher was ich sonst tun könnte, damit es ihm besser ging.Sein Gesicht hatte er an meiner Brust vergraben und ich begann damit, dem weinenden Jungen über den Kopf zu streichen, während ich versuchte meine Wut auf Jungkooks Vater und diesen Geschäftspartner herunterzukämpfen. Jungkook brauchte gerade keine Wut, sondern einfach jemanden, der für ihn da war.
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An der Küste Japans (BTS, Vkook, FF)
FanficWer reich ist, kann eigentlich alles haben. Das ist Jungkook mehr als bewusst und er genießt diese Tatsache in vollen Zügen. Geld regiert schließlich die Welt. Doch das Schicksal beschließt ihm eines Besseren zu belehren. Denn mit Geld kann man vie...