Kapitel 30 (Geschockt)

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Jungkook POV
„Yoongi, ich ...", begann Tae zu stammeln. Es überraschte mich, wie unsicher er wirkte, denn das passte so gar nicht zu seiner sonstigen Art.
„Spars dir", schnaufte Yoongi und sprang vom Sofa auf. „Wirklich. Ich freue mich für dich, dass du dir hier in deinem Märchenland so ein schönes Leben aufbauen konntest, Taehyung. Aber ich ..."
Yoongi rang mit den Worten, ehe er schließlich mit grimmiger Miene durch die offene Terassentür nach draußen floh. Jimin sprang schon auf, um seinem Freund zu folgen, doch Tae ging dazwischen. „Bitte, gib mir einen Moment, um das mit Yoongi zu klären. Ich hab ihn als Freund enttäuscht und es wäre gut, wenn er seine Wut und seinen Frust direkt bei mir rauslassen kann. Das sind Worte, die ich hören muss, selbst wenn es schwer wird."
Für einen Moment wirkte Jimin unsicher, setzte sich schließlich wieder schweigend. Tae schenkt ihm ein dankbares Lächeln und verschwand dann ebenfalls nach draußen. Jimin und ich blieben in Stille zurück.

Er war es also wirklich, dachte ich. Taehyuk ist Taehyung. Yoongi hatte mit seiner Ahnung im Atelier damals also recht gehabt. Hätten wir damals nur einen Moment gewartet, uns noch umgeschaut, bis Tae wieder da gewesen wäre oder wären zu einem Zeitpunkt rein gekommen an dem er sowieso da war, wie wäre die Geschichte dann ausgegangen?

„Hast du es gewusst?", durchbrach Jimin schließlich mein Gedankenkarussell.
„Nein", murmelte ich, fügte aber noch hinzu: „Aber ich wusste, dass Tae aus einer wohlhabenden Familie kommt und abgehauen ist. Ich hab da ehrlich gesagt nicht so die Verbindung gesehen. Aber ehrlich gesagt ... vielleicht habe ich unterbewusst trotzdem was geahnt, denn ich habe das Gefühl nicht so überrascht zu sein, wie ich es eigentlich sein sollte."
Jimin nickte den Gedanken nur ab und legte schnaufend den Kopf in den Nacken. „Bei allem was wir hier schon Neues erfahren haben, kommt dann auch noch das dazu. Ich glaube, Yoongi wird sich am Ende natürlich darüber freuen, aber jetzt gerade ist es wahrscheinlich einfach alles etwas viel."

Als würde Yoongi diese Aussage bestätigen wollen, kam er wieder ins Wohnzimmer gestapft. Er wirkte gestresst, verwirrt, wütend, aber auch erleichtert. Nach einem Blick auf die Uhr, die hinter mir an der Wand hing, sagte er an Jimin gewandt: „Lass uns schlafen gehen. Ich pack das heute nicht mehr. Morgen ist ja auch noch ein Tag, vorausgesetzt wir wachen nicht in einem leeren Haus auf."
„Natürlich nicht", murmelte Tae, der nun hinter Yoongi auftauchte. „Ich werde hier sein, genauso wie Jungkook, versprochen."
Yoongi schnaubte nur genervt und stiefelte durchs Wohnzimmer zum Gästezimmer. Er und Jimin hatten schon ihre Sachen dort abgelegt, bevor wir uns zum Reden auf die Couch gesetzt hatten.

„Gute Nacht", murmelte Jimin mit einem leichten Lächeln und folgte Yoongi. Tae und ich blieben zurück. Unsicher stand Tae in der Terassentür und schien nicht so richtig zu wissen, wohin mit sich. Der Anblick war so ungewohnt, dass es mich direkt mit verunsicherte.
„Taehyung also", murmelte ich schließlich, während ich gedankenverloren auf den Boden starrte. Tae ließ ein Schnauben von sich hören und schloss dann scheinbar die Tür. Anschließend hörte ich ihn näher kommen und spürte, wie er sich neben mich aufs Sofa fallen ließ.

„Es tut mir Leid", murmelte Tae schließlich nach einem Moment. Verwirrt hob und ich den Blick und sah direkt in Taes traurigen Augen. Ich hielt mich davon ab, ihn direkt um den Hals zu fallen, denn selbst wenn ich ihn trösten wollte, wäre das vielleicht etwas zu viel. Stattdessen fragte ich: „Was tut dir Leid?"
„Das ich es dir nicht gesagt habe?", erwiderte Tae fragend, als wäre es offensichtlich, was er meinte.
„Aber du hast mir doch fast alles erzählt, bis auf ein paar Details. Ich wusste aus was für einer Familie du kommst. Ich wusste auch, dass du von Zuhause abgehauen bist und dir hier ein neues Leben aufgebaut hast. Ich bin nicht auf die Idee gekommen, dass du dir eine neue Identität zugelegt haben könntest, aber an sich wüsste ich nicht, wofür du dich entschuldigen solltest."
„Wie wäre es dann damit, dass ich deinem Freund so viel Schmerz bereitet habe?"
„Er ist auch dein Freund. Davon abgesehen wird die Erleichterung bis morgen wohl die Erinnerung daran vertrieben haben. Yoongi hat ... Du hast ihm wohl sehr gefehlt. Wir waren zusammen in deinem Atelier als du nicht da warst. Namjoon und Jin haben dich wie immer Tae genannt und Yoongi dachte, er könnte dich gefunden haben, aber dann meinten sie du würdest Taehyuk heißen. Yoongi war wirklich enttäuscht. Er hat die ganze Zeit darauf gehofft dich zu finden."
„Das macht es jetzt nicht besser", seufzte Tae und ließ seinen Kopf auf meine Schulter sinken. Ich versuchte innerlich meinem Herzen klar zu machen, dass nun wirklich nicht der richtige Zeitpunkt war, um so auszuticken, doch das hielt es nicht davon ab im Galopp weiter zuschlagen.

„Ich habe so oft darüber nachgedacht ihn zu kontaktieren, aber ich hatte Angst, dass irgendjemand Wind davon bekommen würde, wo ich bin, der es nicht erfahren sollte. Da erzähle ich dir die ganze Zeit, wie du dich deinen Freunden gegenüber richtig verhalten solltest, dabei bin ich noch viel schlimmer. Auch das tut mir Leid."
„Das muss dir nicht Leid tun. Nur weil man weiß, wie man sich richtig verhalten sollte, heißt es nicht, dass es dadurch einfacher wird. Davon abgesehen haben deine Ratschläge mir wirklich geholfen. Ob du dich selbst an sie hältst oder nicht. Und am Ende ist nun so wie es ist, wir können beide nicht mehr davon laufen."
Tae lacht trocken auf und schaut schließlich mit seinem Welpenblick zu mir auf. „Wollen wir uns auch schonmal hinlegen? Und dann könntest du mir vielleicht erzählen, wie Jimin und Yoongi sich kennengelernt haben. Damals war Yoongi der total Frauenheld. Ich kann immer noch nicht glauben, dass er jetzt einen Freund hat. Und weißt du wie seine Eltern reagiert haben? Hatte er deshalb viel Stress mit ihnen?"
„Nein, eigentlich gar nicht", antwortete ich direkt auf seine letzte Frage. „Yoongi hatte da wirklich Glück. Aber er wird auch verstehen, dass du nicht so viel Glück hattest. Und den Rest erzähle ich dir im Bett", grinste ich, während ich versuchte nicht allzu sehr auszurasten. Wir schlafen einfach nebeneinander in seinem sowieso schon echt großem Bett. Es wird so sein als würden wir in zwei Betten schlafen, die im selben Zimmer standen, versuchte ich mich zur Ordnung zu rufen. Ich wollte mich schon vom Sofa erheben, doch Tae hielt mich davon ab, indem er seine Arme um mich schlang.
„Ich bin so froh, dass du gerade da bist, Kookie. Ich weiß nicht, was ich heute Abend ohne dich gemacht hätte."

An der Küste Japans (BTS, Vkook, FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt