Kapitel 4

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Als ich am Nachmittag vor der Zimmertüre meiner Schwester stand, konnte ich noch immer nicht glauben, dass ich das wirklich tun würde.

Lucy und ich hatten schon sehr lange kein normales Gespräch mehr miteinander geführt. Ich bezweifelte, dass wir es überhaupt noch konnten, ohne uns sofort wieder an die Glocke zu gehen.

Da sie ihre Türe geschlossen hatte, wollte ich gerade anklopfen. Schließlich wollte ich nicht in irgendetwas hineinplatzten, doch sie öffnete die Türe von selbst schon.

,,Was willst du?'' kam es schon genervt von ihr. Ich musste mich echt zusammenreißen.
,,Mit dir reden'' antwortete ich ihr in einem ruhigen Ton,  während sie ins Badezimmer lief, welches nur eine Türe neben ihrem war.

So stand ich nun dort an der Türe und schaute sie an, während sie sich zurechtmachte.
,,Dann schieß mal los'' kam es von ihr.

Ich hatte um ehrlich zu sein überhaupt keine Ahnung, was ich hätte sagen sollen.
,,Wir sollten uns vertragen'' entfuhr es mir schließlich. Ich hörte sie auflachen.

,,Du willst dich vertragen?'' machte sie sich darüber lustig. Ich verdrehte die Augen und nickte.
,,Woher dieser Sinneswandel plötzlich?'' fragte sie.

,,Kannst du nicht einfach zustimmen und aufhören so viele Fragen zu stellen?'' entgegnete ich ihr.
,,Warum? Darf ich nicht einmal erfahren, wieso mein Bruder mich die letzten Monate so plötzlich wie Scheiße behandelt?''

,,Soll das heißen ich bin hier schuld oder was?'' Meine Geduld verließ mich langsam.
,,Wärst du nicht so drauf, hätten wir keinen Streit'' sagte sie schulterzuckend.

,,Ah ok, verstehe. Tut mir leid, dass Prinzesschen so sehr darunter leidet'' fing ich an.
,,Hast du auch einmal daran gedacht, wie es mir geht oder ob du mich vielleicht einfach jedes Mal auf dem welchen Fuß erwischst?'' fuhr ich fort.

,,Nein, woher auch? Du sprichst doch überhaupt nicht mehr mit mir!'' Ihre Stimme erhob sich ein wenig.

Unrecht hatte sie nicht, da wir zuvor immer über alles gesprochen hatten, doch ich konnte ihr doch schlecht erzählen, dass ich auf ihren Freund stand?

,,Wohin gehst du überhaupt?'' fragte ich sie, da sie sich so extrem aufbrezelte.
,,Clay hat mich zu einem Date eingeladen'' antwortete sie stumpf.

Mein Kiefer spannte sich an.
Ich hasste es, seinen Namen aus ihrem Mund zuhören.
Ich hasste es, wenn sie mir erzählte, was sie alles unternahmen.

Ich erinnerte mich daran, dass ich mit ihr überhaupt sprach, da ich es für ihn tat. Würde es ausarten, wäre er sicherlich enttäuscht von mir gewesen, doch was sollte ich tun?

Meine Gefühle konnte ich schließlich schlecht mal so eben ausstellen. Sie waren da, schon lange. Länger, als sie mit ihm zusammen war. Vermutlich länger, als sie sich überhaupt kannten.

,,Habt Spaß'' war alles, was ich sagte, bevor ich mich in mein Zimmer begab und die Türe schloss.

Ich setzte mich auf mein Bett und versuchte mich zu beruhigen. Mein Bein wackelte wie wild auf und ab. Ich war einfach viel zu unruhig.

Wenn ich Nick nun wegen des Wochenendes, welches morgen schon war, doch absagen sollte, wäre auch dieser von mir enttäuscht gewesen, da er sich riesig darauf gefreut hatte.

Ich war jedoch jetzt schon viel zu unruhig. Wie sollte ich ein Wochenende im selben Haus mit Clay dann verbringen?
Es war wie Selbstmord. Er würde sofort merken, dass ich auf ihn stand.

Ich schnappte mir mein Handy und klickte auf den Chat mit Nick.
,,Es tut mir wirklich leid, aber ich kann morgen nicht kommen'' schrieb ich und war kurz davor es abzusenden, doch ich konnte nicht. Ich konnte es ihm einfach nicht antun.

Ich löschte die einzelnen Buchstaben wieder und schmiss mein Handy zur Seite, während ich mich seufzend zurück auf mein Bett fallen ließ.

Am Wochenende durfte ich unter keinen Umständen trinken. Jedenfalls nicht so viel, dass ich etwas Dummes hätte anstellen können.

Sollte Clay jemals von meinen Gefühlen erfahren, würde das meinen indirekten Tod bedeuten. Ich könnte ihm so nie wieder in die Augen schauen.

Zudem meine Schwester dann höchstwahrscheinlich davon erfahren würde. Sie wäre sicherlich angeekelt von mir.
Solange Clay nicht davon erfahren würde, wäre mir alles andere aber egal.


Eigentlich wollte ich das Gespräch eskalieren lassen, aber habe mich doch anders entschieden. Es kommt sowieso noch genug Drama. :P




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