Teil 44: Wartezeit

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Dann verlasse ich Korben's Zimmer mit der Ansage, dass ich in spätestens zwei Stunden zurück bin und hole mir zwei Müsliriegel aus dem Krankenhausautomaten. Damit stapfe ich zum Parkplatz des Krankenhauses und erspähe Liam's Wagen zum Glück sofort. Rasch laufe ich dort hin und klopfe vorsichtig an die Heckscheibe.

Unmittelbar nach meinem Klopfen öffnet er mir eine der hinteren Türen und rutscht zur Seite, damit ich neben ihn klettern kann.

"Magst du was?" frage ich ihn und halte ihm motiviert einen der Müsliriegel vor's Gesicht, doch er lehnt höflich ab.

"Dann halt nicht", entgegne ich ihm schulterzuckend, kann seine Appetitlosigkeit aber verstehen und mache es mir gemütlich.

Er hat aus der umgeklappten Bank eine wirklich bequeme Liegefläche gebaut, auch wenn sie für zwei Personen etwas eng ist. Um eine passende Liegeposition für mich zu finden, muss ich mich ziemlich nah an ihn heran kuscheln.

"Ist das so in Ordnung für dich?" frage ich achtsam und sehe darauf, dass er nickt.

"Solltest du aber versuchen zu fummeln, fliegst du sofort wieder raus."

Ein Schmunzeln huscht mir über die Lippen und ich stelle fest wie unglaublich gut es tut, endlich einmal wieder etwas zum Grinsen zu haben.

"Danke", sage ich mit gehobenen Mundwinkeln zu Liam, der darauf stirnrunzelnd den Kopf hebt.

"Wofür?" fragt er leicht verwundert und ich antworte ihm sofort.

"Dafür, dass du mich eben fast zum Lachen gebracht hast."

Er wirft mir ein zufriedenes Lächeln zurück.

"Immer wieder gerne."

Dann dreht er mir den Rücken zu und murmelt noch etwas.

"Aber das, was ich gesagt habe, war wirklich mein voller Ernst."

Jetzt kann ich tatsächlich nicht mehr anders als einen kurzen amüsierten Lacher auszustoßen.
Ja genau, ich grabe den Bruder des Mannes an, bei dem mir vor wenigen Stunden erst bewusst geworden ist, dass ich ihn liebe.
Sofort saust Liam's Kopf in die Höhe.
Ups!
Habe ich das eben laut gesagt?

****

Es ist draußen schon mehrere Stunden dunkel, als eine Schwester herein kommt und mir mitteilt, dass in einer halben Stunde die Besuchszeit vorbei ist. Spätestens dann muss ich leider das Krankenhaus verlassen. Ich seufze tief, nicke ihr aber verständnisvoll zu und sehe, dass Liam auch noch einmal zu Korben und mir stößt.

"Immer noch keine Regung?" fragt er besorgt und setzt sich auf einen weiteren Hocker neben mir.

Ich schüttle mit dem Kopf.

"Leider nein, nicht einmal ein..."

Und in diesem Moment spüre ich, dass sich Korben's Daumen ganz kurz bewegt.
Ich breche meinen Satz ab und starre auf seine Hand.

"Sein Daumen, er hat sich gerade..."

Liam springt von seinem Sitz auf, doch als wir beide wie gebannt auf seine Hand starren, erkennen wir leider keine weiteren Bewegungen. Auch sein Gesicht wirkt weiterhin so, als würde er tief schlafen.
Habe ich mir das vielleicht nur eingebildet?

Seufzend setzt sich Liam wieder, doch das kleine Flämmchen der Hoffnung in mir will nicht aufhören zu brennen, dass eben erst angeheizt wurde.

"Korben, bitte kämpf weiter", flehe ich nochmals und drücke seine Hand hoffnungsvoll an meine Brust.

****

"Nichts", entgegnet Korben's Mutter, als ich sie am nächsten Tag gegen 12 Uhr Mittags ablöse.

Mist!
Dann kann ich mir das gestern wirklich nur eingebildet haben.
Seine Mutter verlässt mit einem fürsorglichen Schulterklopfer das Zimmer und ich ergreife erneut Korben's Hand. Anstatt mich dieses Mal wieder neben das Bett zu setzen, kann ich heute nicht anders und krabble zu ihm auf die Matratze. Vorsichtig quetsche ich mich an seine Seite, was gar nicht so einfach ist und lege meinen Kopf behutsam in seine Armbeuge. Darauf bedacht ja nicht an seine Schusswunde zu kommen.

Bitter Planned LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt