Elena:
,Wer ist das? Und was wollte er?' Ich stellte mir diese Fragen die ganze Nacht. Als dann mein Wecker klingelte, schreckte ich hoch. ,,Heilige...", kam bloß aus meinem Mund, bevor ich den Wecker schweratmend ausstellte.
Alles ging heute Nacht so schnell. Ich kam selber kaum mit und trotzdem habe ich es geschafft, in meinen Gedanken einzuschlafen. Mein Atem ging unregelmäßig und ich hatte immer noch Angst, dass ich nicht alleine war. ,Aber wenn ich nicht alleine wäre, hätte dieser Jemand mich schon längst mitgenommen oder umgebracht.', dachte ich und merkte, wie negativ ich seit gestern Morgen dachte.
Wenn ich mal eine kleine Lücke in meinen Gedanken übrig hatte, füllte ich diese mit Gabriel. Er ging mir genauso wenig aus dem Kopf, wie diese komische Gestalt hinter mir. Ich bekam sofort wieder Herzklopfen bei dem Gedanken an dieses Wesen. Ich hatte nicht mal erkannt, was es war. Ob es ein Mensch oder ein Tier war. ,Vielleicht haben dir auch einfach deine Hirngespinste einen Streich gespielt.', ging es mir durch den Kopf. ,Immerhin war es ja nicht mehr da, seit du vom Spiegel weggeschaut hast.'
Da stellte sich jedoch die Frage, warum dieses verdammte Handy auf einmal auf dem Wohnzimmertisch lag und warum ich diese Nachricht bekommen hatte.
Diese Nachricht musste ich unbedingt Gabe zeigen. Er wüsste, was zu tun wäre. Auch wenn ich es nicht unbedingt unterstützte, was er tat, hatte er mir dennoch das Leben gerettet und mich versorgt, als ich ihn brauchte. Die ein oder andere Schramme kam zwar von ihm, aber manche Menschen haben einfach ein riesen Temperament und sind sehr impulsiv. Man muss einfach nur wissen, damit umzugehen.
,Ich freu mich schon, Grace endlich wieder zu sehen. Ich muss ihr unbedingt davon erzäh... warte... das kann ich nicht. Das muss unter uns Dreien bleiben.', dachte ich. Ich verwarf den Gedanken sofort wieder und machte mich schnell fertig. Gabe hatte recht... ich muss pünktlich zur Uni kommen. Als ich dann endlich bereit war loszufahren, wollte ich meinen Schlüssel nehmen. Normalerweise lag der auf der Kommode im Flur. Heute lag er auf dem Küchentisch. ,Muss man nicht verstehen.', dachte ich und zuckte mit den Schultern.
Draußen angekommen, startete ich meine einzig wahre Schrottkarre und fuhr los. Es war wie immer eine ungemütliche kalte Fahrt. Ich hatte keine Sitzheizung für den Winter und teilweise für den Herbst und keine Klimaanlage für den Sommer und den späten Frühling. Es war die schlimmste Folter...
,Folter? Gott, das ist keine Folter. Das was Gabe Adrian angetan hat... das war Folter. Er hat ihn umgebracht und ich stand bloß daneben und sah zu. Ich wurde in etwas reingezogen, womit ich nichts zu tun hatte und muss Gabe jetzt auch noch in die Augen schauen und so tun, als wäre das mit Adrian nicht passiert.'
Ich hatte gedacht, dass der Tod von Adrian mir zusetzen würde, aber irgendwie fand ich bloß die Art, wie er starb abscheulich. Ich fühlte nichts, wenn ich an Adrian's Tod dachte, aber wenn ich an diese Folter dachte, bekam ich sofort einen eiskalten Schauer über den Rücken gejagt, Gänsehaut bis zum geht nicht mehr und höllische Angst, dass ich es nochmal sehen musste oder sogar selbst erleben muss.
Immer wieder kamen diese Erinnerungen und immer wieder verbannte ich sie. Ich fühlte mich von ihnen so bedrängt und in die Ecke getrieben. Den Schmerz, den Adrian ertragen musste, wollte ich mir gar nicht vorstellen. Ich konnte es mir nicht vorstellen.
Endlich sah ich die Universität. Sie stand so ruhig da, dass ich mich direkt wieder etwas besser fühlte. Diese Ruhe brauchte ich jetzt. Mein Körper wurde die ganze Zeit mit Adrenalin vollgepumpt, obwohl ich nicht mal etwas Spannendes tat.
Ich parkte im Schatten und stieg schnell aus. Ich wollte unbedingt zu Grace und sie in den Arm nehmen. Dann sah ich sie auch schon. Grace kam skeptisch auf mich zu und fragte sich scheinbar, warum ich so glücklich war, sie zu sehen.
,,Hiii.", quickte ich und nahm sie in den Arm. Sie zögerte kurz, erwiderte meine Umarmung aber dann doch. Ich drückte sie noch fester und küsste sie auf die Wange. ,,Was hast du denn?", fragte sie leicht irritiert, immer noch skeptisch. ,,Nichts. Ich freue mich einfach nur, dich zu sehen.", meinte ich überschwänglich.
Sie lächelte fragend, ging dann aber mit mir zusammen langsam Richtung Eingang. Ryan kam auf uns zu. Er hatte üble Augenringe und sah so aus, als hätte er zehn Tage nicht geschlafen. ,,Hey.", sagte er und lächelte zufrieden zu mir rüber.
,,Oh mein Gott! Oh mein Gott! Er hat mit mir geredet!", kreischte Grace völlig hyperventiliert. Ich sah sie verwundert an und lachte dann leicht. ,,Erstens: Er hat mit mir geredet. Und Zweitens: Kreisch nicht so rum. Ryan denkt noch, du wärst bescheuert.", grinste ich sie an und sagte den letzten Satz etwas lauter, damit Ryan es hören konnte. Er lachte rau auf und Grace schlug mir gegen den Arm. ,,Nicht so laut.", zischte sie.
,,Was hast du eigentlich an deinem Kopf gemacht?", fragte sie mit einer hochgezogenen Augenbraue. ,,Ich bin beim Einsammeln der Pizzakartons nach vorne geflogen und auf den Tisch geknallt.", meinte ich und grinste verlegen. ,,Das klingt wirklich nach dir." Zum Glück kaufte sie mir das ab.
Wir kamen vor der Kantine zum stehen und sahen zu den Basketballteam der Uni rüber. ,,Ryan ist wirklich heiß, findest du nicht?", schwärmte Grace und hielt eine Hand an ihr Herz. ,,Du hast sie nicht mehr alle.", lachte ich lauthals. ,,Du auch nicht.", brummte sie genervt.
,,Aber jetzt mal ehrlich... den würdest du doch auch haben wollen. Damn, vor dem würde ich mich niederknien.", sabberte Grace schon fast. ,,Boah Grace... halt die Klappe. Du bist ja peinlich.", sagte ich angewidert. So langsam wurde sie wirklich nervig. Ihre Hormone gingen scheinbar richtig ab.
Sie wollte unbedingt einen Blick auf Ryan's Hintern erhaschen, weswegen wir einen anderen Standort zum rumstehen suchten. ,,Schau dir mal seinen Ass an. Scheiße, der is save n' Sexgott.", hächelte die liebe notgeile Grace. ,Ein hoffnungsloser Fall.', dachte ich und verdrehte die Augen.
,,Was haben wir jetzt gleich?", fragte ich dann interessiert und tippte an Grace's Schulter. ,,Religion. Hab so gar keinen Bock drauf.", jammerte sie. ,,Du schläfst doch eh.", meinte ich dann. ,,Lass mich.", zickte sie zurück. ,,Welches Thema haben wir nochmal?" ,,Tod." ,Na da kenn ich mich ja super aus...', dachte ich und runzelte verletzt die Stirn. ,,Ok. Wie wäre es, wenn wir zusammenarbeiten?" ,,Ich schlaf doch eh.", zischte sie hochnäsig und sah mich mit zusammengekniffenen Augen an. ,Dann halt nicht.', dachte ich und sah weg.
Dieses Bitch-Theater ging mir so auf den Sack. Wie konnte man nur so sein... vor allem am frühen Morgen. Belastend.
,,Elena! Komm her!", befahl mir eine allzu bekannte Stimme.
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Love is what you need
Horror,,Kann ich dir wirklich vertrauen?", fragte ich mit zittriger, unsicherer Stimme. Wenn ich ihn so ansah, wurde mir ganz flau in der Magengegend. Ich hatte so unendlich große Angst. Er schaute mir tief in die Augen und fing an leicht provozierend zu...