Kapitel 38

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Elena:

,,Kommst du jetzt?", fragte Gabriel und winkte mich zu sich. Er stand an einer blauen Metalltür, die im kahlen weißwändigen Flur war. Es gab ein Schild an der Tür. ,,Herren Umkleide", stand da geschrieben. ,Was will er da mit mir?', stellte sich mir die Frage. Sein Zwinkern gab mir dann die gesuchte Antwort.

,,Ich kann doch da jetzt nicht mit rein.", meinte ich und merkte, wie meine Hände schwitzig wurden. ,,Doch kannst du. Komm mit. Es gibt noch eine andere Umkleide, wo mein Kontrahent sich grade umzieht.", meinte Gabe grinsend und hielt die -scheinbar schwere- Tür auf. Ich trat ein und sah mich um. Es gab eine dunkelbraune Bank, die direkt an der grauen Betonwand stand. Gegenüber gab es rote Spinde. An diesen standen Namen dran.

,James. Noah. Basti. Ryan. Warte... Ryan geht boxen?'

,,Gabe, seit wann geht Ryan boxen?", fragte ich dann neugierig und tatschte auf dem Schild mit dessen Namen herum. ,,Seit drei Jahren. Er musste sich mal wehren, konnte es jedoch nicht, weil ihm die Kraft fehlte. Ich bin da eingeschritten und kam mit einer gebrochenen Rippe wieder raus. Er hat dann gemerkt, wie schwach er doch war und fragte mich, ob hier noch ein Platz frei war. Seitdem ist er hier.", erklärte Gabriel mir ruhig und erinnerte sich offensichtlich daran zurück, wie er Ryan half.

,,Komm mal her.", meinte er dann und streckte seine Arme nach mir aus. Ich lief auf ihn zu und sah ihm in die Augen. Immer wenn ich diese sah, wurde mir ganz heiß und mein Herz beschleunigte sich. Seine starken Arme legten sich um mich und zogen mich dicht an seine Brust. Ich spürte seinen Herzschlag an meiner Brust. Kurz überlegte ich, ob es nicht doch mein eigener war, da er so schnell ging, aber dem war nicht so.

,,Ich liebe dich, meine Schöne." Seine Stimme klang einfühlsam und beruhigend. Seine Hand streichelte über meinen Rücken und verstärkte ihren Druck. Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich gesagt, dass es die letzte Umarmung in unser beider Leben war.

,,Versprichst du mir was?", fragte er und klang plötzlich traurig und gebrochen. ,,Natürlich. Was denn?" ,,Egal was da draußen gleich passiert... du gehst nicht in den Ring. Ganz egal, wie ich aussehe oder was mein Gegner macht. Hast du das verstanden?", plapperte er los. ,,Ähm ja... Gabe, du machst mir Angst. Du hörst dich fast so an, als würdest du gleich sterben.", hauchte ich und hielt den Atem an.

Jetzt waren meine Hände definitiv nass. Meine Adern pulsierten und mein Blut floss schneller, als der Devils Lake. In meinem Magen machte sich ein großer Schmerz breit.

,,Das könnte sogar sein. Weißt du... es geht in diesen Kämpfen darum, was das Publikum sagt. Entweder Tod oder Leben. Ich will einfach nur, dass du weißt, dass ich dich liebe. Deswegen will ich nicht, dass du in den Ring gehst. Eine der nie ausgesprochenen Regeln lautet nämlich, dass jeder, der den Ring betritt, mit im Kampf involviert ist.", meinte Gabe und zog sich um. Seine Stimme wurde rau und zerbrechlich zugleich. Seine Schultern hingen runter und sein Kopf war gesenkt. Seine Augen fixierten den Boden, als wäre dieser interessanter, als alles andere.

Ihn so zu sehen, gab mir den Rest. Die Tränen fanden wieder meine Wangen und meine Knie küssten den Boden. ,,Wie kannst du mich zu sowas mitnehmen? Wie kannst du dich dazu entschieden haben, dich irgendwann umbringen zu lassen? Wie kannst..." ,,Elena! Hör auf! Es ist meine Sache. Und dass du mitkommen darfst, war auch nur eine Ausnahme, weil ich dich danach mit zu mir nehmen wollte." ,,Wie denn, wenn du eine verdammte Leiche bist?" ,,Ich werde nicht sterben. Ich bin der Beste im Boxen. Ich könnte es mit jedem aufnehmen.", schnauzte Gabriel und ließ seine Hand zu seinem Hinterkopf wandern. Er sah gestresst aus. Seine Stirn lag in Falten und sein Körper bebte.

,,Pass auf dich auf.", schluchzte ich, während ich mich langsam wieder vom Boden erhob und in Richtung Tür lief. Meine Tränen versiegten dann endlich und ich hatte mich beruhigt.

,,Wo willst du hin? Ich bin noch nicht fertig mit dir.", knurrte Gabe mich an. Ich blickte über meine Schulter und sah in die verlangend dunklen Augen meines Freundes. ,,Schließ sofort die Tür wieder!", befahl er mir. ,,Was wenn nicht?", fragte ich verspielt und klimperte mit meinen Wimpern. ,,Tür. Zu." Er kam mit bedrohlich langsamen Schritten auf mich zu.

Ich lachte kurz auf und verschwand aus der Tür. ,,Du wirst nicht weit kommen.", hörte ich ihn noch lachen, bevor ich auch schon schnelle Schritte hinter mir wahrnahm und mein Tempo beschleunigte. Natürlich konnte ich ihm nicht entwischen. Zumal ich in eine Sackgasse lief. ,Typisch Elena', dachte ich und drehte mich hektisch um.

Es bot sich mir ein schöner Anblick. Gabe stand halbnackt im Gang und grinste mich teuflisch an. ,,Nicht schlecht. Du findest echt jede Sackgasse.", lachte er und kam langsam auf mich zu. In seiner Boxershort hatte sich eine Beule gebildet. ,Er kann es nicht lassen.', dachte ich und grinste unschuldig. Als mein Blick an seiner Muskulatur hängenblieb, fingen sie an sich zu bewegen. Ich kicherte, während Gabe mich lächelnd beim Starren beobachtete.

Vor mir angekommen, griff er mit einer Hand in meinen Nacken, während die andere sich rechts von meinem Kopf abstützte. Ich konnte gar nicht so schnell gucken, da lagen schon seine Lippen auf meinen. Immer wieder erhöhte er den Druck an meinem Nacken. Ich gewährte seiner Zunge Einlass und ließ meine ebenfalls nicht lange warten, in seinen Mund eindringen zu können.

Gabriel drückte seinen Körper an meinen und küsste sich an meinem Mundwinkel entlang. Als seine Lippen an meinem Hals ankamen, konnte sich seine Zunge auch nicht mehr zurückhalten. Er leckte, küsste und saugte an meiner empfindlichsten Stelle und atmete mir immer wieder stoßweise ins Ohr. Er wusste, dass es mich erregte, wenn er das tat.

Dennoch hatte er jetzt keine Zeit.

,,Hör auf. Du musst dich beeilen.", hauchte ich. Er löste sich von mir, nahm mein Handy aus meiner Jackentasche und sah auf das Display. ,,Shit. Eine Minute noch. Also... nicht in den Ring gehen. Love you, Sweetheart.", meinte er noch über seine Schulter, während er sich mit meinem Handy in der Hand aus dem Staub machte. ,,Love you too, aber wo muss ich hin?", fragte ich noch verzweifelt mehr zu mir selbst, als zu Gabe, denn dieser war schon über alle Berge.

Ich machte mich auf dem Weg und untersuchte ein paar Türen.

,,Oh Gott! Sorry. Wollte nicht... also... ich bin weg.", stammelte ich beschämt, als ich durch den Schlitz einer angelehnten Tür schaute. Darin war ein völlig entkleideter Mann, der gerade vor einem Videochat masturbierte. Kaum hörbar konnte man eine weibliche Person durch den Höhrer wahrnehmen. Es hörte sich definitiv nach einem Stöhnen an.

Schnell lief ich weiter und fand schließlich die richtige Tür. Es war eine eigentlich offensichtliche Tür mit Beschriftung. ,,Tribünen", stand da. Als ich hindurch ging, sah ich schon, wie alle Zuschauer Platz genommen hatten. Zum Glück war vorne noch ein Platz frei. Sofort nahm ich diesen ein und blickte zum Ring rüber. Dort stand der Ringrichter.

,,Lassen wir uns nun endlich beginnen. Rechts von mir. Der große Ali Hardis. Er durfte schon 19 Siege als seine betiteln. Davon 7 Tötungsentscheidungen. Links von mir. Unser lieber Gabriel Seth. Obwohl... so lieb ist er ja gar nicht, wie wir wissen. Er ist momentan der dominierende Champion. Nebenbei bemerkt der jüngste Boxer, den es jemals gab. Mittlerweile schon 24 Siege zu feiern gehabt. Davon 18 Tötungsentscheidungen.", rief er den Zuschauern feierlich zu. Sofort lief mir ein eiskalter Schauer den Rücken hinunter. Er hatte bloß beim boxen achtzehn Menschen getötet. Ich konnte es nicht fassen. Es kam mir so surreal vor.

,,Möge der Stärkere gewinnen. Ihr kennt die Regeln. ES GIBT KEINEEEEE!!!! KÄMPFT!"

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