Kapitel 39

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Elena:

Sofort rannte Gabriel's Widersacher auf ihn los. Gerade wollte er zuschlagen, da war Gabe schon ausgewichen und boxte ihm schnell gegen die Schläfe. Ali oder wie der hieß taumelte zurück, fing sich aber wieder schnell und schlug mit seiner Faust zu. Er traf meinen Freund in den Bauch. Ihn schien es kaum zu interessieren, denn er schützte weiterhin sein Gesicht und schlug ebenfalls auf seinen Gegner ein.

Immer, wenn Gabe's Gegner traf, wurde mir für einen Moment ganz schwarz vor Augen. Ich hatte das Gefühl, dass ich bei jedem Schlag auf Gabriel's Körper, zusammenklappen würde. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals und mein Körper zitterte wie Espenlaub. Meine Zähne taten weh, da ich sie durchgehend aufeinanderpresste. Tränen rannen mir die Wangen hinunter.

Ich kämpfte mit mir, weil ich unbedingt zu Gabe wollte, aber nicht durfte. Dann passierte das, was ich befürchtet hatte. Gabriel's Kontrahent traf ihn in die Rippen. Ein lautes unüberhörbares Knacken war zu hören. Mein angsterfülltes Schreien übertönte das Gejubel.

Wie konnten diese Wichser sich darüber freuen? Was sollte das? Sahen sie denn nicht, dass er litt?

Ich stand auf, setzte mich jedoch wieder, als mir seine gebrochene Stimme im Ohr hallte. ,Egal was da draußen gleich passiert... du gehst nicht in den Ring. Ganz egal, wie ich aussehe oder was mein Gegner macht. Hast du das verstanden?', hatte er gesagt. Dieser Ton... er klang so eindringlich, gleichzeitig aber auch traurig und zerbrechlich.

Gabe's Blick schweifte zu mir hinüber. Seine Augen strahlten puren Schmerz aus. Seine Lippen formten ein gehauchtes ,,Ich liebe dich, meine Schöne."

,,PASS AUF!", schrie ich noch, aber es war zu spät. Die Faust seines Gegners knallte mit voller Wucht auf seinen Nacken. Gabe sackte zusammen und blieb am Boden liegen. Ich schrie auf und rannte sofort los. Kurz vor dem Ring wurde ich von der Seite gepackt und weggezerrt.

,,Lass mich los. Bitte. Ich muss zu ihm.", jammerte ich und sah mich nach meinem Hindernis um. ,,Du bleibst lieber hier. Gabe schafft das. Du würdest keine Sekunde in dem Ring überleben."

Es war Ryan.

,,Aber er braucht mich. Er kann nicht mehr aufstehen. Fuck, er braucht mich.", schrie und schluchzte ich zugleich.

,,Bitte... mach es nicht noch schwerer.", meinte Ryan und nahm mich in den Arm.

-_-_-_-_

,,LEBEN ODER TOD?! DAS IST HIER DIE FRAGE. FÜR WAS WERDEN SIE SICH ENTSCHEIDEN?", stellte der Ringrichter seine Frage an das Publikum.

Sofort rutschte mir das Herz in die Hose. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Mein Atem verlangsamte sich und beschleunigte sich wieder. Immer im Wechsel.

,Würden die Zuschauer wirklich den Tod wählen? Den Tod von Gabriel.', fragte ich mich und schluchzte laut auf. Er musste es schaffen. Er musste aufstehen.

,,Das können die doch jetzt nicht machen.", sagte ich mit zitternder Stimme. ,,So läuft das hier leider.", meinte Ryan und sah verzweifelt zu den Zuschauern.

Das Publikum überlegte. Einer fing schon an für den Tod zu stimmen und schrie dieses ekelhafte Wort immer wieder durch die Gegend. Bei jedem Mal tat es mir mehr im Herzen weh. Bei jedem Mal drückte mich etwas in mir zu Boden.

,,TOD!" ,,WIR WOLLEN TOD!" ,,STERBEN!"

Alle schrien durch den Saal.

,,Er wird es schaffen.", hoffte Ryan laut. Ich hoffte innerlich mit ihm.

Der Ringrichter ging wieder in den Ring und stellte sich zu Gabriel. ,,Das Publikum hat entschieden, Kleiner. Tut mir Leid. SIE HABEN FÜR TOD GESTIMMT! SO SOLL ES SEIN!", brüllte er. Sofort fand ich mich am Boden wieder. Meine Schreie hallten durch den Saal, während das Publikum jubelte. Meine Lunge brannte und mein Gesicht glühte. Ryan ging in die Hocke und fuhr sich mit seinen Händen über das Gesicht.

,,Ich hab mich dazu entschieden, heute noch nicht zu sterben.", meinte eine zerbrechliche Stimme. Ich blickte direkt auf und sah zum Ring rüber. Dort sah ich, wie Gabriel aufstand. Er ballte wieder seine Hände zu Fäusten und hielt sie schützend vor sein Gesicht.

,,Du wirst das nicht überleben.", knurrte sein Gegner und machte sich erneut bereit, auf ihn loszugehen. ,,Das werden wir ja sehen, Carino.", röchelte Gabe erschöpft, aber dennoch mit Kampfgeist. Er wollte gewinnen. Wieder fanden seine Augen meine. Er grinste und zwinkerte mir zu. ,,Das werden wir ja sehen.", wiederholte er und klang viel ausgeglichener und beruhigter.

Wir beide wussten, dass Ali der sein wird, der heute starb. Wir wussten beide, dass wir uns spätestens in einer halben Stunde wieder in den Armen lagen und uns küssten.

Mein Herz hüpfte erfreut von A nach B. Die Hoffnung breitete sich augenblicklich in meinem Körper aus.

Alles in mir jubelte, als ich sah, wie Gabe zuschlug und seinem Gegner in den Magen traf. Sofort folgte der nächste Schlag. Dieses Mal in sein Gesicht. Dann gab er ihm eine Links-Rechts-Kombo. Ali kam gar nicht mehr dazu, sich zu wehren. Immer wieder klatschte Gabriel's Faust auf Ali's Fleisch. Das Blut spritzte nur so.

Erst jetzt merkte ich, dass sie ohne Boxhandschuhe boxten. ,Na toll. Dann hat er später Schmerzen an der Hand.', dachte ich dann und merkte, wie egoistisch ich geworden war.

Ein Knacken riss mich aus meiner Erkenntnis. Ich riss meine Augen weit auf, während Gabe's Gegner in die Knie ging. Er hatte einen offenen Beinbruch. Sein schmerzerfüllter Schrei war kaum zu überhören. Die Menschenmenge fing an ,,OHHHH!", zu schreien. Ich hingegen schrie nur, dass er es ihm geben sollte.

,,Das Mädchen da gefällt mir. Vielleicht hat sie heute Abend ja noch nichts vor.", meinte der Ringrichter, während er schmunzelnd in die Mitte des Rings schreitete und mich verführerisch angrinste. ,,Die Kleine gehört mir.", raunte Gabe und sah den Deppen wütend und herausfordernd an. ,,Natürlich tut sie das. Wenn sie mich mal gespürt hat, wirst du sie nicht mehr lange haben.", belustigt sah der Richter zu Gabe und zeigte ihm, dass es bloß ein Spaß war. ,,Das wage ich stark zu bezweifeln. Sie will keinen anderen, als mich und meinen Freund.", grinste mein Freund und sah mich dreckig an. Ich lächelte gespielt zurück, lehnte meinen Kopf zur Seite und verdrehte gelangweilt die Augen. ,,Sieht man.", amüsierte sich der Idiot in der Mitte des Rings. ,,ALSO LIEBES PUBLIKUM... ENTSCHEIDET NUN ERNEUT! LEBEN ODER TOD?!", schrie er nun und widmete sich wieder ganz seinem Beruf.

Ich verstand nicht, warum Männer ständig über ihre Schwanzgrößen redeten und damit prahlten. ,Huh meiner ist länger... ne meiner... haha klar. Mit dem Stummel kannst du doch nichts machen.', ging es mir durch den Kopf, während ich genauer darüber nachdachte.

,I mean. Was soll das? Wir zeigen doch auch nicht unsere Pussys und sagen dann, das unsere feuchter sein kann, als die andere.'

Wieder wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Das Publikum hatte wieder abgestimmt. Natürlich war es wieder der Tod.

Gabriel meinte dann eine große Show abzuziehen. Ich lachte auf, als er sich neben Ali legte und ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich. Ali und Gabe waren sehr verschwitzt, was dazu führte, dass die Haarsträhne an Gabe's Finger hängen blieb.

,,Bah. Wasch dich mal.", lachte er spöttisch und schüttelte die Strähne von seinem Finger. Dann stand er langsam wieder auf. Seine Beine waren so durchtrainiert, dass es fast so aussah, als wäre er mit einer Sprungfeder hochgesprungen.

Als Gabe ein wenig mit seinem Fuß gegen seinen Bauch stupste, stöhnte Ali schmerzerfüllt auf. Er krümmte sich und versuchte, die nötigsten Stellen zu verdecken.

,,Deinen Nacken kannst du nicht schützen, Großer.", klopfte Gabe ihm auf die Schulter, nahm seinen Kopf und drehte ihn -als wäre er nichts- um 360°. Es knackte mehrere Male und Ali's Stöhnen verstummte. Bei dieser Leichtigkeit, mit der Gabriel seinen Kopf umdrehte, schockierte mich. Eine Gänsehaut schoss über meinen Körper, über meinen Rücken rauschte ein kalter Schauer. Meine Beine fingen das Zittern an.

Mit einem mächtigen Brüllen riss Gabe Ali's Kopf von seinem Hals. Diesen hielt er dann in die Luft, während er von jedem einzelnen bejubelt wurde. Auf der einen Seite freute ich mich, dass er am Leben war, auf der anderen Seite bekam ich Angst, wie sich seine Kraft auf mich auswirken würde.

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