Teil 22 -Marin-

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Ich biege auf den Parkplatz neben dem Swing und steige vorsichtig aus, Alter, mir tut jeder Schritt weh, vom Gesicht ganz angesehen. Langsam nähere ich mich dem Barbershop, die Türklingel kündigt mich an, der Laden ist leer. Allerdings schreien sich im Hinterzimmer ein paar Personen lauthals an, ich schiebe die dünnen schwarzen Vorhänge zur Seite und sehe, dass Mustafa einen von den jüngeren Drogenkurieren am T-Shirt gepackt hat. Er drückt ihm die Luft ab und Kemal spricht mit dem Kumpel.

"Was gibt es hier für ein Problem?", rufe ich über den Trubel hinweg.

"Marin, wie siehst du denn aus?!", fragt mich Mustafa erschrocken und schubst den Kurier auf einen Holzstuhl, nervös wandern die Augen von ihm zwischen uns hin und her. "Mit wem hast du dich angelegt?", lacht Kemal.

"Darüber reden wir später, was ist hier los?!"

"Die zwei Vollspacken haben irgendwie zweihundertfünfzig Gramm verloren. Ich zieh mir doch die Hose nicht mit der Kneifzange an, Flo ist vor zehn Minuten weg, ihr habt euch knapp verpasst. Was machen wir jetzt mit den Bubis hier?!" Ich gehe einen Schritt auf den Jüngeren zu, ziehe ein Klappmesser raus, die Klinge springt raus und ich lasse die Spitze über sein Gesicht gleiten. Er hält die Luft an und sieht mich mit weit aufgerissenen Augen an.

"Wo ist das Koks?", frage ich dicht an seinem Ohr.

"Ich weiß nicht", flüstert er mit brüchiger Stimme, erneut gleitet die Messerspitze über die Gesichtshälfte und an der Wange bewege ich sie fester. Eine Millimeter dünne Blutspur bildet sich. "Weißt du es immer noch nicht?", knurre ich ihm zu.

"Zwei Russen haben uns in der Kaiserstraße abgefangen, in eine dunkle Gasse gezogen und mit vorgehaltener Waffe den Stoff abgenommen", antwortet sein Kumpel für ihn.

"So, so, ihr lasst euch einfach abziehen", ich schnappe mir ein Handtuch aus dem Regal und wische das Blut ab.

"Marin, das war sauber, du hättest es ja wenigstens vorher abspülen können", jammert Kemal.

"Heul nicht rum, hier liegen gefühlte hundert Handtücher rum, da kommt es auf eins mehr oder weniger auch nicht an", ich klappe das Messer zu und stecke es zurück in die Hosentasche.

"Geht mal zum Kampftraining, anstatt in die Muckibude, nur aufgepumpt bringt nichts, der Tag ist für euch ein verlorener, ich hoffe, morgen läuft es besser", die beiden Nicken schnell.

"Versprochen kommt nicht wieder vor", sagt der mit dem Blut im Gesicht.

"Wisch dir das Blut ab und seid pünktlich", er schnappt sich das Handtuch, was ich auf den Trockner geworfen habe, wischt sich kurz alles weg und verschwindet mit seinem Freund.

"Nun zu dir, was ist passiert? Los geh in den Laden, eine Rasur schadet dir nicht. Flo sah um einiges besser aus als du. Aber das ist ja schon immer so", scherzt Kemal und hält mir den Vorhang auf.

"Halt's Maul", schnauze ich ihn an.

"Spaß Kumpel, setz dich", er deutet auf einen Stuhl und schlingt ein Handtuch um den Hals. Legt einen Waschlappen in heißes Wasser und anschließend auf mein Gesicht. "Marin, ich höre keine Erklärung", stichelt er weiter und Mustafa setzt sich in den Sessel neben mir, nippt an seinem Tee, der verdammt heiß sein muss, nach den leisen Flüchen die er ausstößt.

"Ich habe den Tee gerade aufgebrüht, wenn du die Zeit nicht abwarten kannst, bist du selbst Schuld, wenn du dir deine vorlaute Schnute verbrennst", Kemal schüttelt den Kopf und tunkt den Rasierpinsel in die kleine Schaumschale. "Und du erzählst mir jetzt, wem wir einen Besuch abstatten?", fragt Mustafa neugierig.

"Nicht so wichtig, Flo und ich kümmern uns morgen um das Problem. Die Russen gehen mir gewaltig auf die Eier. Autsch!", fahre ich Kemal an, der mich erschrocken ansieht.

Dark Rose Band 4 ~ Aleks und Marin ~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt