Rette Mich!

Kapitel 116

N senkte den Kopf und begann zu reden.
"Ja. Wir kennen uns. Schon sehr lang."
"Wie lang?"
"Seit der Kindheit, um genau zu sein. Wir haben unsere Ausbildung gemeinsam begonnen als wir vier Jahre alt waren. Ich hab sie mittlerweile abgeschlossen."
"Abgeschlossen heißt was?"
"Mein letzter Auftrag war das Töten eines Level-E-Vampirs..."
"Aha."
"Und nun hab ich einen Neuen vom Senat zu geteilt bekommen." Er zog die Augenbrauen zusammen zu einem schwermütigen Blick. "Ich will ihn nicht ausfüllen. Weil diese Person mir wichtig geworden ist."
Tsubase legte ihre Hand auf seinen Rücken. "Sag es ihr, N... es ist das Beste."
"Ich sollte... dein Vertrauen erst gewinnen, um dich dann zu töten."

Touko stockte der Atem und sie riss ihre Augen weit auf. "WAS?! DU HAST DAS ALLES NUR GETAN, FÜR DEINEN AUFTRAG?! DU HAST DAS ALLES NUR GETAN UM MICH ZU TÖTEN?! MEINE SCHWACHSTELLEN HERAUS ZU FINDEN?! DU WIDERST MICH AN!"
Ihr lief eine Träne über die Wange und lief weg. N fasste sich an den Kopf. "Ich wusste es... ich hab sie verloren..."
"Sicherlich ist das jetzt alles zu viel gewesen. Gib ihr Zeit."
"Ich muss ihr nach!"
"NATURAL HARMONIA! DU BLEIBST JETZT HIER UND GIBST IHR ZEIT! SIE MUSS SELBST ENTSCHEIDEN, OB SIE ZURÜCK KOMMT! LASS SIE IN RU-...! ARCEUS VERDAMM' MICH! DU ELENDER STURKOPF!"

Er lief, obwohl Tsubasa ihn versuchte, am Arm zurück zu halten.
"Komm schon! Lass sie!"
"Nein! Ich muss hinter her! Was ist, wenn sie sich verletzt? Oder gar was antun will?"
"Natural, übertreib mal nicht. Touko doch nicht..."
"Trotzdem. Sicher ist sicher!"
"Dann tu, was du nicht lassen kannst. Aber sage nicht, ich hätte dich nicht gewarnt! Und ich komme mit."

Die ersten Sterne zeigten sich am Himmel und der Wind wehte sacht. Die beiden Kindheitsfreunde liefen über das Brachland. Einige Zeit verstrich bis sie an einen schwarzen Fluss kamen, der sich reißend durch Felsen entlang schlängelte. Die Stille wurde durch das Jaulen eines Absol unterbrochen. Plötzlich erblickten die beiden Hunter eine alte, verlassene Stadt.
"Bist du dir sicher?"
"Ja. Da unten irgendwo muss sie sein..."
Das Absol verschwand.
"Natural... da oben!"
"Das verheißt nichts Gutes. Wir müssen uns beeilen..."

Die Häuser der Stadt zerfielen oder waren teilweise abgebrannt. Die Industrietürme stießen Rauch in die Luft, das Metall der hohen Kräne verboden. Ein Kernkraftwerk in der Ferne verschmutzte die Luft. Die Abgase verdunkelten den Himmel und ließen kein Licht hindurch. Absol regte den Kopf und verschwand letztendlich im Wald, hinter der Stadt.

"Was ist hier passiert? Verwüstung wohin das Auge reicht...?"
"Wohl wahr... Absol war da, heißt, dass irgendetwas schlimmes passieren wird oder schon geschehen ist. Wieso muss ich notgedrungen an Touko denken? Danke, Natural. Wegen deiner Panik mache ich mir nun auch Sorgen."
Sie liefen dicht bei einander weiter. Ein knarksendes Geräusch ertönte nach einer Weile.
Sie liefen weiter, schneller als vorher.
"TOUKO!"

Es hat keinen Sinn... er läuft immer weiter... ohne Ziel. Er wird nicht ruhen, bevor er sie nicht gefunden hat! Dabei ist er doch total müde!
"Tsubasa, was ist?"
"Nichts!"
"Ich weiß... ja ich bin müde. Du auch. Es war ein langer Tag. Es ist viel passiert. Du musst durchhalten! Komm' weiter."
Plötzlich hielt sie seinen Arm fest.

"N! Du brauchst auch mal eine Pause!"
"Nein."
"NATURAL HARMONIA! DU BLEIBST JETZT VERDAMMT NOCH MAL HIER STEHEN! ES REICHT MIR! DU BIST NICHT MEHR DU SELBST! SEITDEM WIR UNSERE AUSBILDUNG BEGONNEN HABEN, HAB ICH DICH NIE WIRKLICH RUHEN SEHEN! SOGAR IM SCHLAF LAGST DU NIE STILL! MENSCH, NATURAL! HÖR' ENDLICH AUF, KRAMPFHAFT DIE AUFGABEN ZU ERLEDIGEN, DIE DIR ZU GETEILT WERDEN! DU VERSUCHST TÄGLICH ALLE, RESTLOS ALLE AUFGABEN ZU MEISTERN! DAS IST NICHT GUT! WEDER MENTAL NOCH KÖRPERLICH!"
"Tsubasa..."
"NEIN! NICHTS TRSUBASA! MERKST DU NICHT, DASS ES DICH KAPUTT MACHT?! MERKST DU ES NICHT, DASS DU IMMER WENIGER LACHST?! N, DAS IST VERDAMMT NOCHMAL SCHÄDLICH!"

Das Geräusch ertönte wieder.
"Was wollt ihr hier schon wieder?!" Touko kam hinzu.
"Wir haben dich gesucht, weil wir uns Sorgen gemacht haben."
"Dann lasst uns Heim gehen. Hier ist es zu gefährlich. Ich wollte nur mal sehen, was das alles war, bevor es zerstört wurde... ein Erkundungstrip, so zu sagen. Fass mich nicht an, N. Geh weg. LASS MICH LOS!" Sie stieß ihn, als er sie umarmen wollte, weg.
"Okay. Touko, Natural. Auf geht's..."

Das Geräusch wurde lauter und einer der hohen Kräne fiel hinter den drei Trainern nieder. Panisch liefen sie die Hügel hinauf und beobachteten, wie das alte Kernkraftwerk in Flammen aufging.
Der Junge lief etwas hinter den beiden Mädchen, die sich unterhielten. Er dachte nach. Ein Neuanfang...