Kapitel 11: Zuhause

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Sie erwachte irgendwann am frühen Morgen, ihren Kopf auf Tendous Arm gebettet und mit kalten Beinen, weil er die gesamte Decke gestohlen hatte. Weder das Bett noch die Bettwäsche waren für zwei Personen gemacht – besonders nicht für Personen mit langen Gliedmaßen, die sich im Schlaf so viel bewegten, als wäre die überschüssige Energie des Tages ihnen in die Träume gefolgt. Und Tendou schien eine Menge Energie zu haben.

Eine Weile lang lag sie regungslos in der Dunkelheit und lauschte dem gleichmäßigen Ein und Aus seines Atems. Wenn er nicht gerade schlief, war er nie ruhig und selbst jetzt hatte sie den Eindruck, er könnte jederzeit den Mund aufmachen und einen doofen Spruch auf sie abwerfen. Und wahrscheinlich hätte sie auch noch darüber gelacht. Kaum merklich schüttelte sie den Kopf.

Es dauerte nicht lange, bis er sich regte, den Kopf zur Seite fallen ließ und sich langsam drehte, bis sie halb unter ihm vergraben wurde. Seine Nase wurde gegen ihre Schläfe gepresst und er hatte ein Bein über sie ausgebreitet, aber wenigstens fror sie nicht länger.

Der zarte Duft von dem Pfefferminztee, den er am Abend gekocht hatte, ging von ihm aus. Er seufzte leise im Schlaf. Es war seltsam, zur Abwechslung einmal mit Tendou zusammen zu sein und gleichzeitig nur den eigenen Herzschlag und ihrer beider Atem hören zu können.

Selbst jetzt hätte sie etwas zu sagen gehabt.

Dass sie darauf wartete, dass er etwas Albernes sagte, weil sie gerne einen Grund hatte zu lachen, zum Beispiel. Aber das gab sie nicht laut zu, sondern fuhr stattdessen mit den Fingerspitzen über seinen Handrücken. Sein Arm zuckte.

»Deine Beine sind scheißkalt«, flüsterte er leise.

Sie lächelte und war sich nur allzu bewusst, dass er das in der Dunkelheit nicht sehen konnte.

»Und wer ist schuld daran?«

»Ich bin mir keiner Schuld bewusst«, murmelte er scheinheilig und schaffte es dabei, beinahe stolz zu klingen. Langsam schob er das Bein, das er zuvor über sie gelegt hatte, zwischen ihre: »Aber ich bin bereit, sie wieder aufzuwärmen.«

Auch der Rest seines Körpers setzte sich allmählich in Bewegung. Seine langen Finger wanderten an ihre Seite und stahlen sich unter das Shirt, in dem sie geschlafen hatte und das Grinsen rutschte ihr aus dem Gesicht, als ihr Mund ohne ihr Zutun ein O formte. Entgegen seiner eindeutigen Worte war seine Berührung sanft und zurückhaltend und ließ eine Gänsehaut auf ihren Armen erblühen.

Als sie am Abend zu Bett gegangen waren – Tendou in einer Boxershort und einem Shirt, das er aus einem Rucksack unter dem Schreibtisch hervorgezaubert hatte und Kasasagi in einem sommerlichen Schlafanzug – hatten sie sich zwar auch geküsst und träge berührt, aber die vielen durchzechten Nächte der letzten Wochen hatten ihren Tribut gefordert und schließlich waren sie einfach eingeschlafen. Sie erinnerte sich noch wage daran, dass er unbedingt der kleine Löffel hatte sein wollen und weil sie so müde gewesen war, hatte sie ihm den Spaß gelassen, ganz ohne ihn damit aufzuziehen. Jetzt allerdings war Kasasagi hellwach und dieses Mal war sie sich sicher, dass der Wecker noch lange nicht klingeln würde. Nichts und niemand würde sie unterbrechen. Ein aufgeregtes Kribbeln schoss durch ihre Beine und sie krümmte gespannt die Zehen.

»Du bist ja auch dafür verantwortlich«, brummte sie leise, ehe sie sich zur Seite rollte und ihre Lippen erwartungsvoll gegen seine drückte.

Die Hand, die gerade noch an ihrer Seite geweilt hatte, lag nun in ihrem Rücken und er drückte sie sanft in seine Richtung. Dieses Mal erreichte das Kribbeln ihren gesamten Körper. Von den Fußzehen bis in die Haarspitzen stand sie unter Strom und zur Abwechslung lag das einmal nicht am Adrenalin.

Das war wie vor dem Abgrund zu sitzen und seine eigenen Beine über dem schwarzen Nichts baumeln zu sehen. Nur wärmer und besser.

Abrupt rollte Tendou sich auf den Rücken und zog sie dabei mit sich. Sie gab einen erstickten Laut der Überraschung von sich, ehe sie sich auf den Armen abstützte und mit den Lippen die Kante seines Kiefers entlangfuhr. Sein Brustkorb hob und senkte sich in einem schnellen Rhythmus – beinahe genauso schnell wie ihr eigener.

Baki Baki [Tendou Satori, Haikyuu!]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt