Kapitel 3: Pläne

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Iwasaki Akito war schwer zu durchschauen. Und er war vorsichtig.

Kasasagi verbrachte die Zeit zwischen den Schulstunden damit, ihm unauffällig nachzustellen. Sofern man jemanden unauffällig beschatten konnte, der die unangenehme Eigenschaft besaß, sich ständig beobachtet zu fühlen.

Es machte sie argwöhnisch. Normale Leute schauten sich nicht alle halbe Minute nach allen Seiten um, oder hüteten ihre Spindkombination wie einen Augapfel.

Bisher war sie ihm nicht aufgefallen, aber sie wusste, dass es bloß eine Frage der Zeit war. Ihm seinen Zimmerschlüssel zu klauen, würde sich als schwieriger erweisen, als sie zunächst geglaubt hatte. Entweder ihm war bewusst, dass Tendou zurückhaben wollte, was auch immer Iwasaki ihm gestohlen hatte, oder seine Paranoia gehörte genauso zu ihm, wie die breite Stirn.

Und die Nase, die er so hoch trug, dass Kasasagi sich wunderte, wie er nicht über seine eigenen Beine stolpern konnte.

Für jemanden, der weder besonders schlau noch besonders sportlich war, war er gut darin, so zu tun, als wäre er besser als alle anderen. Wobei sie sich ziemlich sicher war, dass er nicht nur so tat. Er glaubte tatsächlich, besser zu sein. Und natürlich ließ er seine gehässigen Kommentare vor allem auf die unteren Klassen los, während seine Freunde darüber lachten.

Dabei waren sie weder klug noch witzig. Sie hasste ihn jetzt schon wie die Pest.

Wenn Tendous Gesellschaft in ihr einen glühenden Funken auslöste, schaffte Iwasaki einen Waldbrand. Sie hatte noch keinen ganzen Tag in seiner Nähe verbracht, als sie beschloss, dass es ein Genuss sein würde, ihn zu bestehlen.

Aber dazu brauchte sie zunächst einen Schlüssel.

Da Iwasaki selbst eine Sackgasse war, heftete sie sich am nächsten Tag an die Fersen seines Mitbewohners. Obwohl Tendou ihr gesagt hatte, sie solle sich alle Zeit nehmen, die sie brauchte, hatte sie vor, jede Zusammenarbeit mit ihm so schnell wie möglich zu beenden.

Dann würde er ihr Leben und vor allem ihre Gedanken genauso schnell wieder verlassen, wie er sie betreten hatte.

Den Mitbewohner kannte sie. Im ersten Jahr hätte sie ihm Nachhilfe geben sollen, aber er war nie aufgetaucht. Sie hatte trotzdem noch die Worte: »zu viele Bälle an den Kopf bekommen«, im Ohr, die ihr Lehrer benutzt hatte.

Sie hätte ihm eigentlich nicht folgen brauchen, um zu wissen, dass es ein Leichtes wäre, ihn zu bestehlen, aber sie machte es trotzdem.

Es war nicht so, dass sie eine Strichliste führte, aber er verkleckerte sich dreimal während des Essens (und einmal während dem Trinken) und blieb mit der Schulter an zwei unterschiedlichen Spindtüren hängen. Für Leute wie ihn musste es eine extra Versicherungskategorie geben.

Natürlich vergaß er seine Jacke in der Kantine und als er zurückkam und sie sich überwarf, klimperte sie verdächtig. Kasasagi folgte ihm noch eine Weile, bis sie sich sicher sein konnte, dass das Klimpern von seinem Schlüssel herrührte.

Jetzt war sie froh, dass er nie zu ihrer Nachhilfe erschienen war. Sobald man ein Gesicht erst einmal kennt, sieht man es überall. Sie hatte dasselbe Problem mit Tendou.

Nachdem sie sich in den nächsten Gang zurückgezogen hatte, schrieb sie Tendou eine kurze Textnachricht, dass es kein Problem sein würde, an den Schlüssel für das Zimmer zu kommen.

Er reagierte mit einer Reihe von Emojis darauf, die sie nicht deuten konnte und sie löschte die Nachrichten direkt, bevor sie ihr Handy wieder einsteckte.

Als er sie ein paar Minuten später in ein leeres Klassenzimmer zerrte, stellte sich heraus, dass es eine von ihm ‚verschlüsselte' Nachricht gewesen war. Bevor sie sich allerdings in einer Diskussion über die Bedeutung des Wortes ‚Verschlüsselung' verlieren konnten, sagte er: »Ich weiß jetzt, wonach du suchen musst.«

Baki Baki [Tendou Satori, Haikyuu!]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt