Ich sehe abwechselnd vom Orangenglas zu meinem Teller mit Omelett. Wirklich Lust etwas zu essen habe ich nicht gerade, aber Sally hat es sich zur Aufgabe gemacht solange sie hier ist, mir etwas zum Frühstück zu machen, nachdem Mum ihr erzählt hat, dass ich morgens nicht wirklich etwas zu mir nehme. Sally war natürlich nicht so begeistert und hat mir dann erklärt, dass Frühstück die wichtigste Mahlzeit am Morgen ist und man auch nur mit einem vollen Magen richtig in den Tag starten kann. Das übliche einfach. Als ob ich das nicht schon oft genug schon von Mum zu hören bekommen habe. Mum hat es ihr auch gesagt aber Sally meinte, dass keiner zu ihrem Frühstück nein sagt.
Demnach hat sie Mum etwas vorhin gemacht ehe diese schnell zur Arbeit gehetzt ist und nun sitze ich jetzt hier.
Ich habe nicht wirklich dagegen etwas zu essen aber morgens ist mir immer etwas mulmig im Magen. Früher war das nicht so. Es hat gleichzeitig mit den Alpträumen begonnen.
Schnell denke ich an gestern bevor ich wieder in die Dunkelheit gerissen werde.
Nach meinem Gespräch mit Theo habe ich ihn gestern nur kurz bei den Billardtischen zu Gesicht bekommen, ehe Lola sich endlich von der Bar losgerissen hat und auch nach hinten zu den Tischen gekommen ist. Aiden hat sich verkrampft als sie gekommen ist und hat den Jungs Blicke zugeworfen, die nichts Gutes zu bedeuten hatten vermutlich, da sie daraufhin die Bar verlassen haben. Den anderen war es nur recht, dass Theos Truppe verschwindet aber Lola ging es nach ihrem Flirttrip und Aidens Abgang gar nicht gut. Sie war während dem ganzen Spiel über still und hat ein monotones Gesicht aufgesetzt. Ich habe beschlossen sie gestern etwas in Ruhe zu lassen und mit ihr heute das Gespräch aufzusuchen. Ich kann mir aber schon denken, was sie zu sagen hat.
Über Theo habe ich nicht mehr nachgedacht. Eher gesagt wollte ich nicht darüber nachdenken. Wie ich bei ihm reagiere ist nicht normal und da ich ihn kaum kenne sollte sich mein Verhalten lieber normalisieren. Ich bin kein Teenie mehr und sollte mich demnach auch nicht wie einer verhalten.
Abrupt halte ich in meinen Gedanken fest als ich leise Schritte in die Küche kommen höre. Ich sehe auf mein Omelett, versuche nebenbei nicht das Gesicht zu verziehen, und nehme schnell zwei große Bisse.
„Na was sagst du, ich mache das beste Omelett auf der Welt, nicht wahr?", genau in dem Moment wo ich noch rechtzeitig runterschlucke, kommt Sally lächelnd und setzt sich mir gegenüber mit einem Kaffee. Um nicht einen Hustenanfall zu bekommen greife ich nach meinem Saft und spüle das Omelett runter, während ich die dunkle Flüssigkeit in Sallys Tasse mustere. Ich verstehe nicht wie Leute so sehr eine Obsession damit haben und meinen ohne dieses Getränk könnten sie morgens nicht so schnell auf die Beine kommen. Kaffee ist einfach nur bitter, mehr nicht. Früher wollte ich so cool sein und mir auch mit meiner Mum einen bestellen. Als ich ihn dann das erste Mal probiert habe, habe ich so sehr mein Gesicht verzogen, dass es sogar der Kellnerin aufgefallen ist und sie mir dann schnell zwei Stück von den Zuckertütchen gebracht hat. Mit denen und den zwei weiteren, die ich mir noch extra geholt habe, wurde es zwar nicht besser aber zumindest hat es dann nicht mehr so bitter geschmeckt. Mum hat einfach nur gelacht und ein Bild von mir gemacht.
Wieder in meinen Gedanken fällt mir erst jetzt wieder Sally auf, die noch auf eine Bestätigung wartet.
„Aber sicher. Habe nie ein besseres probiert."
„Wusst ichs doch, da wird deine Mutter staunen, dass ich dich dazu gebracht habe etwas zu frühstücken.", ihr lächeln wird breiter und sie nippt am Kaffee.
Mum wird schon wissen, dass ich es nicht ganz freiwillig gegessen habe.
„Ach Grace, du weißt gar nicht wie sehr ich dich vermisst habe. Was gibt es denn bei dir Neues? Ich weiß du erzählst nicht gerne von deinem Leben vor vielen Menschen. Da jetzt deine Mum auf der Arbeit ist und Brandon sich gerade in der Schule auf den Wettbewerb vorbereitet, sind wir ungestört.", ihr lächeln nimmt einen fürsorglichen Blick an.
Ich habe früher tatsächlich viel mit ihr geredet. Sie war immerhin nach meinen Eltern die nächste Bezugsperson.
„Naja es ist irgendwie alles neu. Es ist ungewohnt aber ich hatte irgendwie nicht die Zeit es verarbeiten zu können. Auch so blöd es klingt, aber jetzt das mit dem Umzug, der neuen Schule, den neuen Freunden. Es ist einfach geschehen und ich hatte nicht die Chance etwas durchzuatmen bzw. es zu realisieren."
Ich löse mich von Sallys vertrauten Augen und blicke zu meinem Teller. Ich denke ich habe sie etwas überrumpelt. Vermutlich hat sie nicht mit so einer Antwort gerechnet.
„Entschuldige Sally, ich will dich wirklich nicht...", ihre Hand fährt zu meiner Schulter und sie streicht langsam darüber. Abrupt schließe ich meinen Mund.
Ich blicke wieder hinauf, worauf ich von ihren warmen Augen aufgefangen werde.
„Du brauchst dich für nichts entschuldigen Grace. Ich bin stolz auf dich wie du das ganze gehändelt hast beziehungsweise wie du es immer noch händelst. Du warst diejenige die Eva aufgefangen hat obwohl du hättest genauso fallen können. Ihr wart gleicherweise betroffen und dennoch warst du eine Stütze für sie. Vermutlich liegt dir viel am Herzen und ich kann verstehen, dass ich vielleicht nicht die richtige Person bin, der du dein ganzes Herz ausschütten kannst aber du sollst wissen, dass du sehr wohl mit mir reden kannst."
Mir wird warm ums Herz und ohne jegliches Wort falle ich Sally um den Hals.
Sie streicht mir leicht über den Kopf ehe sie sich von mir löst und mir zuzwinkert.
„Nun komm, ein IT-Spinner wartet auf uns."
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Deep thoughts
Teen FictionMenschen sind so wie Bücher, einige so leicht zu lesen wie Bilderbücher, andere so schwer wie tausendseitige Romane, doch lesen kann man sie. Man muss sich nur eine Zeit genauer mit ihnen beschäftigen. Und die, die verschlossen sind, sind auch leich...