"Ich wette mit euch, dass ich die Nudeln genauso schnell runter bekomme."
"Ach sei leise Carter, so schnell kannst du nichts verschlingen.", meint Nate und sieht auf Lisas Handy, die kichert und erneut das Video mit einem Asiaten abspielt, der in zehn Sekunden einen Teller voller Nudeln, mit zwei Eiern, herunterschlingt.
Mittlerweile ist es wieder Pause und Cole und ich haben uns wieder zu Lola und ihren Freunden gesellt. Die Geschichtsstunde ist relativ gut verlaufen, denn das meiste habe ich schon von der alten Schule gewusst und habe somit die Aufgaben schnell erledigt.
"Nate lass ihn doch, wenn er es versuchen will, soll er ruhig machen.", meint Lola und blickt zu Carter, der seine Box mit Salat prüfend ansieht. Heute hatte er wohl Pech.
"Du willst das doch nicht wirklich mit deinem Salat ausprobieren, oder?", fragt Cole und muss sich ein Grinsen verkneifen.
Carter richtet wieder seine Aufmerksamkeit auf uns, scheint noch einen Moment nachzudenken, doch schüttelt letztendlich den Kopf. Gute Entscheidung.
"Geht ihr eigentlich zur Party?" fragt der Rotschopf neben mir, soweit ich mich noch erinnern kann heißt sie Nelly.
Nate, Lola, Carter und Lisa nicken während Cole und ich alle nur verwirrt ansehen.
"Bill, das ist der, der neben Theo sitzt, gibt heute eine Party, da seine Eltern weg sind. Ich wollte euch noch fragen, ob ihr Lust habt mitzukommen." klärt Lola uns auf und zeigt auf den hinteren Tisch, wo Theo mit seinen Freunden sitzt.
Cole sieht mich flehend an. In letzter Zeit ist mir zwar nicht die Lust am Feiern, dennoch sage ich zu.
"Super. Ich schicke euch dann die Adresse." sagt sie, während sie sich langsam aufrichtet und nach ihrer Tasche greift. Die Pause ist leider auch schon zu Ende und auch die anderen machen sich auf den Weg zu den jeweiligen Klassenräumen.
Letztendlich stehe ich auch auf, gebe die Griffe meiner Tasche über meine Schulter und gehe zum Raum 213, wo ich gleich Betriebswirtschaft habe.
Als ich gerade die Tür öffnen will, höre ich ein Schniefen. Verwirrt drehe ich mich um und begebe mich zur Abstellkammer, die nur wenige Meter vom Klassenzimmer entfernt ist.
Ein Geruch von Putzmitteln, Zigarettenrauch und Desinfektionsmittel schwebt mir entgegen, als ich die schäbige Tür öffne. Putzutensilien, Besen, Kübeln und vieles mehr erblicke ich in dem 4m² großen Raum. Nun sehe ich auch vom wem die Geräusche kommen. Alica Green sitzt wie ein Häufchen Elend auf einen der Farbkübeln. Ihre Beine sind fest umklammert mit beiden Armen und der Kopf leicht angelehnt. Tränen fließen ihre rosafarbenen Wangen hinunter und hinterlassen leichte Spuren, so als wären es Pinselstriche. Ihre Lippe zittert und die Augen sind weit aufgerissen mit einem undefinierbaren Ausdruck. Sie sehen leer aus. Als ich sie so das letzte Mal gesehen habe, war es, als Lina ihr Cola über den Kopf geschüttelt und sie beschimpft hat. Dennoch hat sie zu dem Zeitpunkt nicht so ausgesehen wie in diesem Moment. Bei ihrem Anblick läuft mir ein Schauer über den Rücken.
"Hey was ist passiert. Kann ich dir helfen?"
Kaum berühre ich ihren Rücken, zuckt sie zusammen, wischt sich mit ihrem braunen Pullover die Tränen weg und rennt an mir vorbei. Verwirrt möchte ich ihr hinterher, doch kann sie nirgends mehr erkennen.
Immer noch verwirrt betrete ich den Raum 213, murmele ein leises "Entschuldigung für die Verspätung." und möchte mich auf einen freien Platz hinsetzen, als ich sehe das Theo mich ansieht. Mit den gleichen blauen Augen, die ich vor wenigen Minuten auch bei seiner Schwester gesehen habe. Dennoch sehen seine nicht so leer und trostlos aus wie ihre.
Die restlichen 50 Minuten kann ich mich nicht konzentrieren. Die Begegnung mit Alica hat mich echt mitgenommen, doch ich sollte nicht mehr daran denken. In Angelegenheiten anderer sollte ich mich nicht einmischen. Denn das habe ich schon zu oft getan. Ich sollte nicht immer vom schlimmsten ausgehen. Teenager in der Adoleszenz Phase machen vieles durch, das gehört eben zum Erwachsenwerden dazu.
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Deep thoughts
Teen FictionMenschen sind so wie Bücher, einige so leicht zu lesen wie Bilderbücher, andere so schwer wie tausendseitige Romane, doch lesen kann man sie. Man muss sich nur eine Zeit genauer mit ihnen beschäftigen. Und die, die verschlossen sind, sind auch leich...