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Als ich ins Badezimmer eintrete, komme ich aus dem erstaunen nicht raus. Die Badezimmermöbel sind in weiß matt, hochglänzend und verleihen dem Badezimmer einen Hauch von Leichtigkeit und Eleganz. Das Design der Badewanne mit sanften Rundungen führt zu einem Wohlfühl-Gefühl, welches zum Verweilen und Genießen einlädt. Auch so sehr ich gerne hier und jetzt ein Bad nehmen möchte, kann ich nicht.

Ich nehme mir ein Tuch, mache es ein wenig nass und streiche über die Jeans. Das bringt vielleicht nicht viel aber ein Versuch ist es wert. Dieser Gestank nach Wodka bereitet mir jetzt schon Kopfschmerzen. Kein Wunder, dass ich anfange von diesem Badezimmer zu schwärmen. Das Zeug steigt mir echt zu Kopf.

Zwar stinkt meine Hose jetzt nicht mehr so stark nach Alkohol, aber dennoch ist der dunkle Fleck noch da. Dann muss ich mich wohl damit anfreunden so nach Hause zu gehen.

Eigentlich wäre jetzt schon Zeit zu gehen, denn der Abend ist schon längst im Eimer, aber ganz alleine will ich auch nicht losziehen. Ich greife nach meinem Handy und drücke auf Coles Kontakt.

Während ich die Nachricht absende wird plötzlich die Badezimmertür geöffnet und ein dunkelblonder Junge, mit einer Flasche Wodka, tritt herein. Wie konnte ich nur so blöd sein und vergessen die Tür abzuschließen. Ich könnte immerhin auch was anderes gerade machen als meine Hose sauber zu machen. Das wäre echt peinlich gewesen.

Als er mich sieht werden seine Augen groß und ich merke wie glasig sie sind. Genauso sahen Noahs immer aus. Der Junge vor mir ist sturzbesoffen und steht jetzt auch noch so nah vor mir.

„Ähm könntest du bitte hinaus? Ich bin hier beschäftigt, wie du sehen kannst. Dauert nicht lange." Daraufhin deute ich auf meine Hose.

Er sieht hinunter und scheint meinen Fleck nicht einmal zu bemerken, denn er sieht mir wieder in die Augen und tritt einen Schritt näher. Die Flasche stellt er dabei auf das Waschbecken. Was will er denn jetzt damit bezwecken?

„Hast du nicht gehört was ich gesagt habe? Ich bin eh gleich fertig also warte bitte draußen.", bitte ich ihn erneut freundlich, doch bewegen tut er sich diesmal kein Stück.

Ein schelmisches Grinsen bildet sich langsam auf seinem Gesicht und ein unwohles Gefühl breitet sich in mir aus. Gut, ich darf jetzt keine Panik bekommen. Das wäre wohl nicht das hilfreichste in dieser Situation.

„Du siehst schon sehr heiß aus.", haucht er und dabei entgeht mir die Alkoholfahne ganz und gar nicht. Wie kann er denn noch normal sprechen?

Was soll das jetzt hier werden? Das unwohle Gefühl in meinem Inneren wird immer größer und etwas sagt mir, dass ich schleunigst hier raus muss.

„Ok da du es so nicht verstehst. Dann gehe ich eben."

Ich will an ihm vorbei, doch er scheint andere Pläne zu haben, als er nach meinem Arm greift und mich ruckartig wieder zurückzieht. Ich ziehe scharf die Luft ein und sehe zu ihm.

Sein Grinsen wird größer und er führt seine Hand zu meiner Wange und streicht drüber. „Der Spaß hat doch erst begonnen. Entspann dich." Seine Berührung verdeutlicht mir mein unwohles Gefühl und ich schlucke hart. Wo habe ich mich nun wieder eingefangen.

„Kannst du mich bitte einfach vorbeilassen. Bitte."

Ich versuche erneut an ihm vorbeizukommen, ehe er mich diesmal an der Hüfte packt und dabei nicht den Anschein macht mich loslassen zu wollen. Mein Körper beginnt zu zittern und ich probiere mich zu lösen, doch es geht nicht.

„Also ich habe es ja auf die nette Weise versucht aber die Prinzessin ist ja stürmisch. Dann eben so."

Seine Hand fährt zu meinem T-Shirt und ich ziehe scharf die Luft ein, als seine kalte Hand auf meine bloße Haut trifft und ein Wimmern meinen Mund verlässt. In dem Moment bin ich wie erstarrt. Er führt seine Hand weiter hoch und ich kneife die Augen zu. Ich weiß, ich sollte schreien, mich wehren und das einfach nicht zulassen, doch mein Körper ist wie gelähmt. Ich kann nicht sprechen, mich nicht bewegen, nicht denken.

Ich habe mich schon immer vor dieser Situation gefürchtet und bei Filmen vorgespult, da ich es nicht ertragen konnte so etwas mitanzusehen. Ein wehrloses Mädchen und natürlich ein betrunkener Junge, welcher sich nicht zu beherrschen scheint und bedrängend wird. Ein Klischee. Ich habe mich immer schon gefragt, warum die Mädchen das über sich ergehen lassen und nicht probieren Hilfe zu holen oder sich selbst zu wehren. Nun bin ich diejenige, die keinen Mucks herauskriegt.

Nun verstehe ich sie. Ich verstehe die Angst. Ich verstehe die Hilflosigkeit. Ich verstehe alles. Und ich bin wütend, denn ich weiß, dass es vielen Frauen auf der Welt jetzt so geht wie mir.

In wenigen Fällen werden die Mädchen doch noch vor dem bewahrt, dem sie ausgesetzt sind, doch hierbei scheint es nicht der Fall zu sein. Man hört bis hierhinein die Musik und auch wenn ich schreien würde, mich würde keiner hören. Ich bin ihm schutzlos ausgeliefert.

„Warum weint denn die Prinzessin." Seine Hand löst sich von meinem Rücken und stattdessen wischt er die Träne aus meinem Gesicht weg. Dabei drückt er mich noch mehr an sich und möchte gerade zu einem Kuss ansetzen, als plötzlich die Tür erneut aufgerissen wird.

Bitte sei meine Rettung. 

Deep thoughtsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt