11.Kapitel

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Misha POV

Nichts.

Stille.

Und doch hörte sie ihre eigenen Schreie, Schreie die niemand außer ihr hörte, die niemals über ihre Lippen kamen, nur die Stille zwischen Leben und Tod durchschnitten.

Dunkelheit.

Es war so leicht sich in dem Meer aus Finsternis zu verlieren. Haltlos im Treibsand, der sie in die Tiefe des Todes ziehen wollte, zu schweben.

Schmerz.

Der durch ihre Adern floss, ihren Körper zum Brennen brachte und niemals zu enden schien. Er schwächte ihren Körper, fraß sich durch ihr Fleisch, trieb sie mit jeder Sekunde die verging weiter an den Rand des Todes. Längst war er alles an das sie denken konnte, alles was ihre Gedanken ausfüllte, alles was ihren Körper beherrschte. Der sie in den Tod trieb, langsam, schleichend, vor dem es kein entrinnen gab.

Angst.

Die ihre Gedanken vergiftete, die ihr die Tränen in die Augen trieb, die den Wunsch schürte weinen zu können, hier in der unendlichen Dunkelheit. Sie war immer da, tief in ihrem Inneren, wie der Schmerz beherrschte sie ihren Körper, machte sie zu einem Sklaven ihrer selbst. Ließ sie die schönen Momente ihres Lebens vergessen, ließ sie schaudern vor jeder bevorstehenden Minute, ließ sie vergessen wie es war glücklich zu sein. Wie es war zu leben und nicht zwischen Leben und Tod gefangen zu sein.

Verzweiflung.

Schürte den Wunsch zu sterben, einfach all dem zu entfliehen, in eine Welt die sie nicht kannte und die doch so verlockend war. Ließ sie daran zweifeln jemals wieder leben zu können, jemals ihre Familie wiederzusehen oder etwas anderes zu empfinden als Schmerz, Angst und Verzweiflung. Gab ihr die Gewissheit niemals wieder so sein zu können wie früher. Ihr Leben würde hier enden, egal ob sie jemals von hier entfliehen könnte oder nicht. Ein Teil von ihr starb hier bereits. Der Teil, der daran glauben konnte, dass es nicht nur Schmerz, nicht nur Folter und Dunkelheit auf dieser Welt gab.

Tod.

Er war alles, was sie sich wünschen konnte, war alles auf das hoffte. Alles würde leichter werden, wenn sie es schaffte zu gehen. Die Schmerzen, die Angst, die Verzweiflung, alles wäre fort, wie ihre Familie, für die sie kämpfen wollte, die sie beschützen wollte, für die sie all das hier ertrug. Alles wäre leicht, zu vergessen wäre einfach. Zu sterben war leicht, war alles was sie wollte.

Hoffnung.

Irgendwo in all dieser Dunkelheit, zwischen Schmerz und Verzweiflung war ein kleiner Funken Hoffnung. Ein Licht das die Dunkelheit erfüllte. Sie konnte ihre Schmerzen nicht lindern, ihre Angst nicht vertreiben und konnte sie den Wunsch zu sterben nicht vergessen lassen, doch sie war da. Wie der einzige Mensch der ihr beistehen konnte, der diese Hoffnung schürte und sie am Leben hielt. Dessen Stimme unheimlich sanft versuchte ihr den Weg in die Welt der Lebenden zu zeigen. Der Klang seiner Stimme und das Wissen, dass er jedes mal hier war wenn sie aufwachte, spendete ihr Hoffnung, machte es ihr leichter das all hier zu ertragen.

Mit einem Seufzen spürte sie, wie ihr Bewusstsein langsam wieder zurückkehrte. Die Schmerzen in ihrem Kopf und in ihrem Rücken wurden mit jeder Sekunde grausamer, die Schwäche ihres Körpers erschreckte sie und ließ sie aufstöhnen.

Behutsam strich ihr jemand durch ihre kurzen, zerzausten Haare und brachte sie dazu langsam ihre Augen zu öffnen.

Sofort wurde sie in die unendlichen Tiefen hellblauer Augen gezogen, die sanft auf sie hinabsahen. Ohne ein Wort zu sagen, strich er ihr durch ihre Haare, was ihr mehr half als alles andere.

"Daniel...", ihre Stimme war schwach und rau, ihre rissigen Lippen bewegten sich kaum.

"Sch", sie konnte die Sorge in seinen Augen sehen. Nicht die Sorge um sich selbst, wie er sein Leben retten könnte, sondern die Sorge um sie, das Fünfzehnjährige Mädchen das er nicht kannte und deren Kopf kraftlos in seinem Schoß gebettet war.

Glowing Eyes IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt