72. Sorge

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Eric

Atayo saß jetzt seit geraumer Zeit bei mir im Wohnzimmer und sah mir beim Sortieren zu. Ab und an nahm er sich etwas vom Tisch und sah es sich an. Nur um es dann erstaunlicherweise richtig einzuordnen. Ich wusste, ihm lag etwas auf dem Herzen aber ich würde nicht nachfragen. Ich hatte genug zu tun. Das mit Vanessa... Warum hatte Lydia es mir nicht gesagt? Und Sorin. Die Wunden, die Sanji im zu gefügt hatte waren mittlerweile geschlossen. Jedoch waren die Wunden auf seinem Rücken teilweise leicht entzündet. Von Ran und Sanji wollte ich gar nicht erst anfangen.

„Eric?", fragte Atayo leise. Ich hielt in der Bewegung inne und sah zu ihm. „Meine Mutter. Sie ist wegen des Bandes gestorben.", murmelte er und plötzlich saß vor mir der kleine fünf jährige, der grade erst beobachten musste wie seine Mutter starb. Ich nickte leicht und schluckte hörbar. „Ja, was ist damit?", fragte ich mit belegter Stimme. „Sanji, er...", fing er an und sah starr und mit leerem Blick auf den Tisch. Ohne dass er zu Ende sprach nickte ich und seufzte leise. „Ja, davor habe ich auch Angst. Aber sie sind beide hier. Wenn sie die Nähe des anderen brauchen, dann können sie bei einander sein.", versuchte ich ihn zu beruhigen. „Was Ran nicht möchte.", widersprach er und sah mich an. In seinen Augen lag tiefe Sorge.

„Sanji hat ihm sehr zugesetzt.", murmelte ich und sortierte weiter. „Wer kann es ihm da verübeln aber früher oder später wird das Band sie zusammenführen.", fügte ich hinzu und blätterte durch einen Hefter. „Das wird schon.", sagte ich und steckte ihn weg. Atayo nickte schien aber nicht sehr überzeug.

„Hey.", rief eine dunkel Stimme und die Haustür fiel zu. Ich runzelte die Stirn und sah zur Wohnzimmertür. „Wo kommst du denn her?", rief ich zurück und beobachtete wie mein jüngster Bruder durch die Tür kam. „Risa.", erwiderte er und sah kurz zu Atayo. „Wart ihr nicht in der Bar?", fragte ich. „Warst du nicht auf der Arbeit?", fragte er frech zurück und wollte grade am Tisch vorbei als Atayo ihn packte.

Erschrocken schrie er auf und versuchte sich aus Atayos Griff zu winden doch dieser hatte ihn fest unter seinen Arm geklemmt. „Rede nicht so mit deinem Bruder.", ermahnte er ihn und wuschelte grob durch seine Haare. Jon gab es auf sich zu wehren und murrte kläglich: „Ist ja schon gut. Tut mir leid." Sofort ließ Atayo von ihm ab und Jon wich einen Schritt zurück. „Ja wir waren in der Bar. Sind dann aber zu ihr gegangen.", murmelte er und sah unsicher zu Atayo. Dieser nickte zufrieden. Jon schüttelte den Kopf und murrte leise: „Gott ich bin erwachsen." „Was war das?", fragte Atayo. Aber im selben Moment klingelte es an der Tür. „Nichts.", rief Jon und sprintete in den Flur.

Ich schüttelte lachend den Kopf und beobachtete wie auch mein Freund leicht schmunzelte. „Du machst ihm immer noch Angst.", sagte ich und legte drei Ordner auf ihren Stapel. „Kann sein.", erwiderte Atayo und lehnte sich etwas zurück.

„Eric, für dich.", rief Jon aus dem Flur und ich hörte wie er in der Küche verschwand. Ich sah mich zu der Wohnzimmertür um und sah Lya im Rahmen stehen. „Lydia, was tust du hier?", fragte ich überrascht und sah wie sie nervös von einen auf den anderen Fuß trat.

„Ich hab mich schlecht gefühlt, weil ich nicht mit dir über Vanessa geredet habe und dir deswegen aus dem Weg gegangen bin.", erklärte sie und kam langsam näher. „Ist schon okay. Ich bin dir nicht böse. Schweigepflicht und so.", erwiderte ich und bot ihr einen Stuhl an. Sie nickte dankbar und setzte sich. „Wir sollten vielleicht dennoch reden.", murmelte sie und sah kurz zu Atayo.

„Ah, ähm. Das ist ein Freund von mir. Atayo, Lydia. Lya, Atayo.", stellte ich die beiden vor und setzte mich neben sie. Atayo zog die Augenbrauen zusammen und verschränkte die Arme. Ich konnte grade zu sehen wie er rätselte. „Sie weiß von uns.", löste ich das Rätsel. Oder zumindest dachte ich das. „Nein, nein. Das ist mir klar sonst wäre sie nicht so ängstlich. Ich frage mich ob sie die Frau ist...", fing er an aber ich warf ihm einen mahnenden Blick zu. Das brachte ihn aber nur dazu eine Pause einzulegen. Dann lächelte er leicht. „... die später mal hier wohnen wird.", beendete er seinen Satz. Lydia hob verwirrt den Kopf und sah mich mit großen Augen an. „Ignorier das.", murrte ich. „Er will mich nur schon seit einer Weile verkuppeln. Aber ich habe keine Zeit für sowas.", grummelte ich und schob ein paar Akten zur Seite. Atayo lachte leise und beugte sich über den Tisch. „Er sollte sich aber dringend Zeit dafür nehmen. Sie sollten sich ins Zeug legen. Wenn sie eh auf seiner Arbeit sind, wird er sich vielleicht Zeit für sie nehmen.", sagte Atayo und zwinkerte ihr zu. Lya schluckte und sah kurz überfordert zu mir und stammelte dann: „Sie können mich duzen und danke für den Tipp."

„Lass sie.", knurrte ich und warf ihm bedeutende Blicke zu. Lya legte eine Hand auf meinen Unterarm. „Schon okay. Ich höre sowas lieber von ihrem Freund als von unseren Kollegen. Was die reden ist um einiges schlimmer.", gestand sie und sah beschämt auf den Tisch. Atayo kicherte und stand auf. „Na dann. Tauscht euch mal über die Kollegenwitze aus.", sagte er und verschwand aus dem Wohnzimmer.

Lya nahm die Hand von meinem Unterarm und sah auf die Unterlagen auf dem Tisch aber ich hatte weiter meinen Blick auf ihr Gesicht gerichtet. „Die Kollegen?", fragte ich. Sie schmunzelte. „Ja, jedes Mal wenn einer meiner männlichen Kollegen mich zum Kaffee einladen möchte kommt sicher einer der ihm sagt, dass er sich nicht mit dir anlegen sollte. Oder wenn ich einen neuen Ring trage fragen meine Kolleginnen ob er von dir ist.", murmelte sie und fing unsicher an, an ihren Ringen zu spielen. „Warum?", fragte ich und musterte weiter ihr Gesicht auf dem ein blasser rot Schimmer entstand. „Weil ich die einzige Person bin, die wirklich Kontakt zu dir hat.", erwiderte sie und nahm einen Hefter mit der Aufschrift „Vampirmerkmale" vom Tisch. „Du hast dein Buch bei mir vergessen.", sagte sie und legte den Hefter wieder weg. „Ich habe es angefangen zu lesen und es steht auch etwas darin was uns helfen kann.", sagte sie und zog das Buch aus ihrer Tasche.

„Es wäre für sie besser, wenn sie sich bald verwandelt. Soweit ich das aus deinen Aufzeichnungen entnehmen konnte, hat sie noch sehr viel menschliches an sich und das Buch sagt, es ist für einen Menschen kaum möglich eine Schwangerschaft mit einem Kind von einem Vampir zu überleben.", erklärte sie und suchte die Seite dabei. Als sie diese fand ließ sie die Hand sinken und ich beobachtete wie sie abwesend über ihren Bauch strich.

„Hybrid.", verbesserte ich ihre Aussage. Sie sah mich überrascht an. „Was?", fragte sie und ihre Hand senkte sich weiter auf ihren Oberschenkel. „Der Vater des Kindes ist ein Hybrid.", erklärte ich und flog mit den Augen über die Seite. „Das macht die Sache komplizierter. Er ist zwar ein Vampir aber zur anderen Hälfte Werwolf und...", sagte ich und verstummte als ich einen überraschten Laut hörte. „Lya, ich hätte nicht gedacht, dass dich das noch überrascht.", sagte ich schmunzelnd und sah sie an. Sie zuckte lächelnd mit den Schultern und erwiderte: „Es ist nur so aufregend." Ich lachte leise und schüttelte den Kopf.

„Alles klar. Ähm... Wo war ich. Achso. Wir wissen nicht wie der menschliche Körper mit einem Werwolf umgeht. Wir wissen nicht wie viel von dem Kind was sein wird.", sprach ich zu ende. „Ich habe sie vorgewarnt, dass sie eine Fehlgeburt haben könnte während der Verwandlung.", warf Lya ein. Ich nickte und lehnte mich zurück. „Das kann sehr gut sein, ja.", murmelte ich und verschränkte die Arme.

Vamp Zone 《2》Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt