02 | wiedersehen

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E l i z a

Erst als ich weiter in den Raum trete, fällt mir der Riese auf, der etwas abseits regungslos steht und eindeutig nicht zu den anderen anwesenden Leuten passt. Mit versteinertem Blick beobachtet er immer wieder diskret seine Umgebung. Eindeutig ein Bodyguard. Was nicht ungewöhnlich für diese Menschen ist, mein Vater hat selber einige Sicherheitsleute, neben dem ‚normalen' Personal.

Trotzdem habe ich ihn noch nie gesehen und ich bin mir ziemlich sicher, dass er nicht zum Sicherheitspersonal meines Vaters gehört. Denn Marge hätte ihm niemals erlaubt, dass er nur im weißen Hemd und schwarzer Anzughose seinem Job nachgeht, ohne Krawatte oder zumindest Jackett. Immerhin bezahlt mein Vater, ihr Ehemann, ein gutes Geld, dann sollen sie wenigstens anständig aussehen, ihre Worte.

Ich lasse meinen Augen weiter über die Menschen wandern und schnell mache meinen Vater aus, der sich mit einigen Gästen unterhält und ein Glas Whiskey in der Hand hat. Sehr wahrscheinlich über irgendwelche Geschäfte, immerhin ist er ein Evans und für uns bedeutet selbst eine solche Geburtstagsfeier mögliche Geschäfte.

„Und benimm dich gefälligst !", zischt mir das Stiefmonster noch warnend ins Ohr und entfernt sich gleich darauf hüftschwingend und übertriebenen Lächeln von mir. Genervt verdrehe ich die Augen, als würde ich ständig Ärger verursachen oder es darauf anlegen.

Schließlich läuft Marge, ohne mir weitere Beachtung zu schenken auf eine Gruppe tratschender Frauen zu, die sich ganz augenscheinlich für was besseres halten und sich alle erschreckend ähnlich sehen. Unter ihnen ist auch eine Gestalt, die ich zu meinem Glück schon seid Monaten nicht gesehen habe, aber trotzdem unter hunderten erkennen würde.

Amanda Patel, Erbin einer nationalen Hotelkette, ihres Zeichens von Beruf Tochter und meine ehemals beste Freundin. Jedenfalls dachte ich früher das wir Freundinnen wären, aber seid sie mich so scheußlich behandelt hat, als meine Schwangerschaft publik wurde und ich Hannah kenne, weiß ich, dass wir niemals ernsthaft befreundet waren. Zusammengefasst kann man es wohl so ausdrücken: sie ist ein berechnendes, aufmerksamkeits geiles Miststück und steht wohl für alles, was ich verachte.

Matt hat Marge und Amanda vor zwei Jahren bei irgendeiner Spendenveranstaltung, ohne darüber nachzudenken, als Chanel Hexen betitelt und seitdem nennen wir sie so. Der Name ist bei ihnen nämlich Programm und wie von selbst schlagen meine Füße einen anderen Weg ein, weg von den Blondinen.

Amanda ist genauso wie ich zweiundzwanzig Jahre alt und... nein, das ist auch schon unsere einzige Gemeinsamkeit. Im Gegensatz zu mir, ist sie relativ groß, mit Solariumsbräune, üppiger Oberweite und hat lange blonden Haaren, mit schlechten Extensions.

Soweit ich weiß hat sie ihren Collage-Abschluss, im Bereich Hotelmanagement gerade so bestanden, ist bis vor kurzen durch die Welt gereist und hat großzügig Daddys Geld ausgegeben. Natürlich immer schön Ausschau haltend, nach einem reichen Mann, der heiratsfähiges Material abgibt.

Sie ist wohl die perfekte Vorzeige Tochter und würde die perfekten Vorzeige Ehefrau abgeben, die zu Charity-Events geht, Champagner trinkt und an der Seite eines Mannes hübsch aussieht. Außerdem würde Amanda sich niemals dazu herablassen, für ihren Lebensunterhalt selbstständig zu arbeiten oder auch nur daran denken.

Ihre Devise ist mehr: Heirate reich, haben einen guten Ehevertrag, vielleicht einen perfekten kleinen blonden Satansbraten, für die Erbschaft und genieße deinen Gesellschaftlichen stand, während du das Geld deines Mannes ausgibst. Und selbst für den Haushalt und die Kindererziehung gibt es schließlich Personal.

Ich frage mich wirklich, wie ich mit so einer falschen Person befreundet sein konnte. Denn ich bin nicht nur optisch das komplette Gegenteil von Amanda, sondern unterscheide mich grundsätzlich von ihr.

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