08 | zeit der wahrheit

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A l e x a n d e r

„Ist Jamie meine Tochter ?", frage ich direkt, nachdem sie in der Küche stehengeblieben ist und muss gleichzeitig schwer schlucken. Der Kloß in meinem Hals ist plötzlich erschreckend groß und ich habe das Gefühl nicht genug Luft zu bekommen. Eigentlich kenne ich Antwort schon und trotzdem brennt es regelrecht auf der Seele, als die Brünette nichts sagt.

Oder ist Jamie gar nicht von mir ? Hat sich Eliza von jemand anderen schwängern lassen ? Nein, dass ist unmöglich, ich weiß einfach das Jamie meine, unsere Tochter ist ! Ich spüre es, wenn ich ihr in die blauen Augen sehe, die sie eindeutig von mir haben muss.

"Sie ist meine Tochter.", diesmal war es keine Frage, sondern eine Feststellung und das scheint Eliza endlich wachzurütteln. Verdammt, dieses kleine Mädchen muss einfach meine Tochter sein, doch ich muss es aus Elizas Mund hören.

Langsam nickt Eliza „Ja.", flüstert sie leise und dreht sich endlich zu mir um. In ihren schokoladenbraunen Rehaugen kann ich Angst sehen und sie scheint aus irgendeine Reaktion von mir zu warten.

Fassungslosigkeit ist gar kein Ausdruck, für all das, was ich im Augenblick auf einmal empfinde.Ungläubig schüttele ich einfach nur meinen Kopf und muss einen Augenblick die Augen schließen. Die Bestätigung schlägt trotz meiner anfänglichen Vermutung noch wie eine bombe ein und es ist, als würde sie mir damit den Boden unter den Füßen wegziehen und mir gleichzeitig das wohl größte Geschenk überhaupt gemacht.

Aber Wut und bittere Enttäuschung überwiegen im Moment und so raufe ich mir immer wieder verzweifelt die Haare und versuche das ganze zu verstehen, es irgendwie in meinen Kopf zu bekommen. Wie konnte Eliza mir verschweigen, dass ich ein Kind, eine Tochter habe und sie mir all die Jahre vorenthalten ?!

Ich habe sie damals verlassen, ich war ein Feigling und habe mich wahrscheinlich wie das größte Arschloch auf diesem Planeten vehalten. Ja verdammt ! Aber habe ich damit das Recht verloren, von meiner Tochter zu erfahren ? Nein ich glaube nicht. Aber wie konnte Eliza mir sowas wichtiges, wie eine fucking Schwangerschaft, nicht sagen und so lange für sich behalten ?!

Einen Sekundenbruchteil denke ich darüber nach, wer von meinen Anwaltskollegen sich auf Sorgerechts Streitigkeiten spezialisiert hat und verwerfe ihn noch im selbigen Moment. Wir bekommen das hin, irgendwie und ich werde Eliza nicht unser Kind wegnehmen, ich bin kein vollkommenes Arschloch oder gar ein Unmensch, aber es wird sich trotzdem einiges ändern müssen.

Es ist Eliza anzusehen, dass sie weiß, wie wütend ich im Augenblick auf sie bin. Sie ist unglaublich angespannt, versucht meinem Blick auszuweichen und spielt unruhig mit dem kleinen Stern, ihrer Halskette, was mich unter anderen Umständen glücklich gemacht hätte, gerade aber nur in den Wahnsinn treibt.

„Möchtest du was trinken ?", bringt sie schließlich verkrampft raus und holt zu meiner Überraschung und ohne eine Antwort, zwei Gläser eine angefangene Flasche Wodka aus einem Schrank. „Ich brauche jedenfalls definitiv einen Drink für dieses Gespräch."

Ohne zu zögern schraubt sie die Flasche auf und gießt uns großzügig ein. Stumm schiebt sie mir ein Glas zu, während sie ihres im gleichen Moment an ihre vollen Lippen setzt, einen großen schluck nimmt und das Gesicht verzieht.

Ganz von allein wandern meine Augenbrauen skeptisch nach oben und ich lasse Eliza keine Sekunde aus den Augen. Ich will und vor allem brauche jetzt endlich antworten, verdammt ! Diese Ungewissheit zerreißt mich mit jedem verstreichenden Moment mehr.

„Wann hast du vorgehabt es mir zu erzählen oder hattest du überhaupt vor mir jemals von ihr, meiner, unserer Tochter, zu erzählen ?!"

Meine scharfe Stimme spiegelt die Wut und Enttäuschung, die ich gerade empfinde deutlich wieder und lässt Eliza noch im selben Moment zusammenzucken. Es sieht beinahe so aus, als hätte ich sie geschlagen und unter anderen Umständen, würde es mir leid tun, doch im Moment muss ich mich wirklich zusammen reißen, um sie nicht an den Schultern zu packen und kräftig zu schütteln, damit sie endlich spricht.

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